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Brandenburg: Momos letztes Spiel

In Ludwigsfelde gibt es derzeit kaum ein anderes Thema, den jungen Fußballer Maurice kannten hier alle. Nun ist der 18-Jährige gestorben. Und viele wollen der Familie helfen, auch Bundesligaspieler

Von Sandra Dassler

Ludwigsfelde - „Wir werden alle mit der Nummer zehn auflaufen“, sagt Tillmann Spieß, denn: „Die Zehn war seine Nummer. Und dann wollen wir statt der Schweigeminute Beifall klatschen. Genauso wie es die Wolfsburger für den verunglückten Fußballprofi Junior Malanda gemacht haben.“ Er schluckt: „Damals war Momo noch bei uns.“

Die jungen Fußballspieler in Ludwigsfelde können den Tod ihres Sportkameraden immer noch nicht fassen. Momo, sein richtiger Name war Maurice Marquardt, wurde nur 18 Jahre alt. Er starb am 16. Juni, nachdem er tapfer gegen eine plötzlich auftretende Krankheit gekämpft hatte, sagt sein enger Freund Tillmann Spieß. „Ich habe gerade Walzer tanzen geübt für den Abiball, da kam der Anruf. Ich bin sofort zu seiner Mutter gefahren, ein paar andere Jungen waren schon da. Sie hat mich nur angesehen und mit dem Kopf geschüttelt. Da wusste ich, dass er es nicht geschafft hat.“

Die jungen Fußballer, ein Dutzend Jungen und ein Mädchen, die sich in den vergangenen Jahren so oft in Momos Wohnung getroffen hatten, wollten etwas tun. In erster Linie für die Mutter. „Momo war ihr einziges Kind, sie hat viel gearbeitet, um ihm das Gleiche bieten zu können wie andere Familien mit mehr Geld“, sagt Tillmann Spieß: „Wir waren bei ihr immer willkommen und lassen sie auch jetzt nicht allein.“ Deshalb sei Jens Tittmar, der Vorsitzende des Ludwigfelder Fanklubs „Harter Kern“ auf die Idee mit dem Benefiz-Spiel gekommen.

„Wenn jeder, der zuschaut, vier Euro gibt, kommt etwas Geld zusammen“, sagt Tillmann Spieß. „Und außerdem können wir so auf unsere Art Abschied von Momo nehmen.“ Am 1. Juli wird nun also die erste Mannschaft des Landesligisten Ludwigsfelder FC auf eine Auswahl aus Mitgliedern des LFC-Fanclubs, Spielern der A-Jugend und Freunden von Maurice treffen. Anstoß der Partie ist um 18.30 Uhr im Ludwigsfelder Waldstadion.

Nachdem diese Meldung in den sozialen Netzwerken wie Facebook verbreitet wurde, erlebten Momos Freunde eine Überraschung. Mehr als tausend Menschen haben bereits zugesagt, ins Stadion zu kommen. Eine Anfrage an Bundesligaspieler Marco Reus wurde von mehr als 25 000 Menschen wahrgenommen, das Management von Reus sagte ebenso wie das von Mario Götze zu, ein von ihm signiertes Trikot zu sponsern. Die Nachricht vom Tod des jungen Spielers und dem geplanten Benefizspiel wurde auch von anderen Vereinen verbreitet, unter anderem von Hertha BSC. In Ludwigsfelde, dieser Stadt mit 24 000 Einwohnern südlich von Berlin, gibt es kaum ein anderes Thema.

„Maurice hat als kleiner Steppke beim LFC mit dem Fußballspielen angefangen, ist dann zur SV Siethen gewechselt und vor einigen Jahren wieder zu uns gekommen“, sagt der Vizepräsident des Ludwigsfelder Fußballclubs, Jürgen Parpat: „Er war nicht nur ein guter Fußballer, sondern vor allem ein wunderbarer Mensch.“

Das erzählen auch die Freunde. „Momo hat immer zuerst an andere gedacht“, sagt Tillmann Spieß: „Einmal sind wir nach einer ziemlich langen und anstrengenden Party alle getrennt nach Hause gegangen. Da hat er jeden angerufen, ob er auch gut angekommen ist. Und wenn er sich was zu futtern holte, bot er immer den anderen etwas an.“ Jeder in Ludwigsfelde habe Momo, der in Potsdam eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann machte, gekannt. Und nicht nur dort: ,„Wir werden nicht müde, an Dich zu denken, von Dir zu erzählen, uns Deiner zu erinnern, von Dir zu träumen“, schrieben seine Sportkameraden aus dem benachbarten Siethen.

„Wenn man einen geliebten Menschen verliert, gewinnt man einen Schutzengel hinzu“ hat die Mutter von Maurice Marquardt über ihre Traueranzeige geschrieben. Das Einzige, was Tillmann Spieß ein wenig tröstet, sei das Wissen, dass sein Freund immer sehr intensiv gelebt, jeden Augenblick genossen habe, sagt er: „Außerdem hat er sich immer gewünscht, dass wir alle noch mehr zusammenhalten. Dieser Wunsch ist jetzt in Erfüllung gegangen. Wir spielen alle. Für ihn. Und für uns.“ Sandra Dassler

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