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Mobilfunknetz in Brandenburg: Wege aus dem Funkloch

Die CDU hatte aufgerufen, Funklöcher zu melden: 23 000 Meldungen gingen ein. Und nun?

Potsdam - Es war genau 9.48 Uhr, als die Staatskanzlei von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) am Mittwoch eine Mitteilung verschickte. Zwölf Minuten später, für 10 Uhr, hatte die CDU-Fraktion in den Landtag zu einer Pressekonferenz geladen, um die Ergebnisse der im Mai gestarteten Kampagne „Funklochmelder“ Brandenburg vorzustellen, bei der Betroffene Funklöcher – jeder kennt sie, landauf und landab – melden konnten. Und siehe da, Woidke kündigt in der Erklärung eine gemeinsame Bundesratsinitiative Brandenburgs mit dem Land Baden-Württemberg an, die Überschrift: „Brandenburg dringt auf leistungsfähigen Mobilfunk- und Breitband-Ausbau in Deutschland“.

Und weiter hieß es: „Um die weißen Flecken bei der Mobilfunk- Versorgung zu beseitigen, wird die Bundesregierung aufgefordert, mit den Mobilfunknetzbetreibern und unter Beteiligung der Länder und Kommunen ein Konzept zu erarbeiten.“ Nötig sei ein konkretes Maßnahmenpaket, „wie diese Versorgungslücken auch mit Blick auf die fortschreitenden technologischen Entwicklungen (5G-Standard) zeitnah geschlossen werden können“.

Wirtschaftsminister Gerber (SPD) sprach im Januar von einem Versorgungsgrad von 93,4 Prozent - das sagt heute keiner mehr

Da zeigten sich CDU-Fraktionschef Ingo Senftleben und Dierk Homeyer, der wirtschaftspolitische Sprecher und Funkloch-Experte der Union, erst recht hochzufrieden. „Es ist gut, wenn die Regierung das Problem auf unseren Druck anpackt“, sagte Senftleben. „Wir wollen ja, dass es gelöst wird.“ Und Homeyer erinnerte daran, dass die Regierung vor der Funklochkampagne der CDU das Ausmaß des Problems bestritten hatte. Tatsächlich hatte Wirtschaftsminister Albrecht Gerber (SPD) noch im Januar im Landtag erklärt, dass „LTE-Mobilfunk fast überall zur Verfügung“ steht, mit einem Versorgungsgrad von 93,4 Prozent im Land. Das sagt heute so keiner mehr. Die Regierung hat für November zu einem Mobilfunkgipfel geladen. „Den gäbe es ohne den Funklochmelder nicht“, sagte Homeyer.

Jeder, der im Lande unterwegs ist, macht leidige Erfahrungen mit zusammenbrechenden Telefonaten. Und auch die von der CDU vorgelegte Bilanz der Aktion belegt die vielen weißen Flecken eindrücklich: Danach sind bei der von der Fraktion geschalteten, nun deaktivierten Internetplattform „Funklochmelder.de“ insgesamt 23 000 Meldungen über Funklöcher eingegangen, die meisten aus Potsdam-Mittelmark (3162), Brandenburg/Havel, gefolgt vom Havelland (1944), Ostprignitz–Ruppin (1809) und Teltow-Fläming (1524).

653 Funkloch-Meldungen aus Potsdam

Aber selbst aus Potsdam gingen 653 Funkloch-Meldungen ein. Es sind Daten, die die CDU nun der Landesregierung, aber auch den drei großen Mobilfunk-Providern Telekom, Vodafone und o2 zur Verfügung stellt. Es muss sich etwas ändern, betonte Senftleben. „Die Frage ist genauso bedeutsam wie fließend Wasser oder ein Stromanschluss. Das gehört zur Daseinsvorsorge“, sagte Senftleben. „Der Bürger bezahlt seine Mobilfunkrechnung zu 100 Prozent. Deshalb muss er auch 100 Prozent Empfang haben.“

Dass die Leute das auch so sehen, hat aus Sicht der Union die Resonanz bewiesen. Homeyer sagte: „Die Bürger haben ihrem Ärger Luft gemacht.“ Und zwar auch, als er im Sommer in der Prignitz, im Havelland mit seinem Team auf Funkloch-Inspektion unterwegs war, in Orte, aus denen es krasse Meldungen gab. So konnte Homeyer vom restaurierten Hotel am Elbdeich bei Lenzen berichten, wo man um Tagungsgäste aus Hamburg wirbt, es aber Mobilfunkempfang nur an einer Stelle gibt – auf dem Deich. Bislang scheitert alles daran, dass die Mobilfunkbetreiber auf die Unwirtschaftlichkeit verweisen, im dünnbesiedelten Land teure Funkmasten aufzustellen.

Brandenburg soll Genehmigungen für den Bau neuer Funkmaste erleichtern

Die CDU fordert ein Umdenken, pragmatische Lösungen wie in Bayern, wo sich die drei Provider einen Mast teilen und die Kosten aufteilen. Außerdem müsse Brandenburg die Genehmigungsverfahren für Funkmasten erleichtern. „Es kann nicht sein, dass es einfacher ist, ein Windrad im Wald aufzustellen“, sagte Homeyer. Und das Land müsse flexibler sein, dass Provider auch Funkmasten – für Polizei, Feuerwehren und Rettungsdienste – nutzen können. Außerdem müsse die reale Netzabdeckung regelmäßig überprüft werden. Ähnlich dem „Breitband-Atlas“ brauche man einen Mobilfunk-Atlas für Brandenburg.

Und wenn das alles nicht ausreicht, müsse man auch über Investitionskostenzuschüsse des Staates reden, um eine mögliche Wirtschaftlichkeitslücke zu schließen, sagte Homeyer. Beim Breitbandausbau werde das ja auch praktiziert. Die SPD-Fraktion reagierte auf diese Forderung kritisch. Es erstaune, sagte der SPD-Wirtschaftsexperte Helmuth Bartel, „dass die CDU die Mobilfunkkonzerne offenbar aus ihrer Pflicht zur flächendeckenden Versorgung entlassen will, zumal sie sonst immer auf die unternehmerische Freiheit und Verantwortung pocht“.

Freilich, die Bundesratsinitiative von Woidke hat die gleiche Stoßrichtung. In der Presseerklärung heißt es: „Und die Bundesregierung soll sich bei der EU-Kommission dafür einsetzen, dass Lückenschlüsse im Mobilfunk förderfähig werden.“

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