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Hannelore Wodtke vor dem Tagebau in Welzow.

© privat

„Mit einem Ja hätte ich Proschim geopfert“: Warum Hannelore Wodtke gegen den Kohle-Kompromiss stimmte

Die Kohle-Kommission einigte sich auf einen Ausstieg 2038. Als einziges Mitglied stimmte die Lausitzerin Hannelore Wodtke gegen den Kompromiss. Im Interview erklärt sie, warum.

Sie haben als einziges Mitglied der Kohlekommission gegen den Ausstiegs-Kompromiss gestimmt. Warum?

Weil sich im Abschlussbericht kein Wort findet, dass das Dorf Proschim nicht mehr abgebaggert wird. Ich wollte es Schwarz auf Weiß verbrieft haben, dass Proschim erhalten bleibt, die jahrelange Zitterpartie der Leute hier endlich ein Ende hat. Die LEAG behält sich vor, mit dieser Entscheidung bis 2020 zu warten. Im Ort gibt es nun weiter keine Planungssicherheit, keine Sicherheit dort weiter zu leben. Man will ja an seinem Häuschen etwas verändern, vielleicht bauen. Das bleibt alles unsicher. Deshalb habe ich mit Nein gestimmt. Mit einem Ja hätte ich Proschim geopfert. Ich möchte mich aber noch im Spiegel ansehen können.

Warum ist das nicht gelungen, während der Hambacher Forst bleibt?

Ganz einfach. Die ostdeutschen Regierungen, insbesondere die Brandenburger Landesspitze, war da absolut nicht kompromissbereit, im Gegensatz zu Nordrhein-Westfalen. Unsere Regierung hat sich keinen Millimeter auf uns zubewegt. Wenn es nach Ministerpräsident Dietmar Woidke gegangen wäre, hätte ja der Kohleausstieg noch später stattfinden sollen, so wie es die LEAG will, also erst weit in den 2040er Jahren. Ich frage mich, wer das Land Brandenburg regiert, die Politik, oder ein tschechischer Kohlekonzern?   

Wie ist das Ergebnis in Proschim mit seinen 400 Einwohnern aufgenommen worden?

Ganz ehrlich: Ich habe mich noch gar nicht getraut, mit der Masse der Proschimer zu reden und ihnen beizubringen, dass alles weiter in der Schwebe bleibt. Alle hatten so große Hoffnungen, es sah ja auch recht gut aus. Mit einigen habe ich gesprochen, und die sind natürlich enttäuscht.

Wie sehen Sie 2038 als Jahr des Kohleausstiegs?

Das ist zu spät, für uns, auch für die Umweltverbände. In Ostdeutschland laufen die Kraftwerke und Tagebaue in den nächsten Jahren erst einmal einfach weiter, erst ab 2023 geht es dann scheibchenweise mit dem Ausstieg los. Um für Klimaschutz wirklich etwas zu erreichen, hätte man bis 2030 aus der Kohle rausgehen müssen.

"Ich wollte es Schwarz auf Weiß verbrieft haben, dass Proschim erhalten bleibt", sagt Hannelore Wodtke.
"Ich wollte es Schwarz auf Weiß verbrieft haben, dass Proschim erhalten bleibt", sagt Hannelore Wodtke.

© John Macdougall/AFP

Immerhin sollen für den Strukturwandel allein in der Lausitz 17 Milliarden Euro fließen. Das ist doch gar nicht schlecht?

Für den, der das Geld bekommt, ist das schön. Für so viel Geld ist 2038 zu spät. Es geht um Steuergeld. Und da muss es doch auch eine Gegenleistung geben.

Wie geht es jetzt weiter?

Es ist alles noch so frisch. Ich muss mich selbst erst einmal sortieren, wir werden uns mit den Umweltverbänden über die weitere Linie abstimmen. Außerdem muss man ja erst einmal abwarten, was am 31. Januar beim Termin mit der Kanzlerin herauskommt. Noch ist es ja eine Empfehlung der Kommission an die Bundesregierung, die dann entscheiden muss. Wir geben auf keinen Fall auf.

Die Fragen stellte Thorsten Metzner

ZUR PERSON: Hannelore Wodtke, Jahrgang 1950, ist Verwaltungsangestellte und Stadtverordnete von Welzow (Spree-Neiße) für die "Grüne Zukunft Welzow".

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