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Brandenburgs Wirtschaftsminister Albrecht Gerber (SPD).

© Ralf Hirschberger/dpa

Ministerium für Wirtschaft und Energie: Brandenburgs Wirtschaftsminister Albrecht Gerber tritt zurück

Brandenburgs Minister für Wirtschaft und Energie will am heutigen Dienstagvormittag sein Amt niederlegen. Grund soll die Erkrankung eines Familienmitglieds sein.

Potsdam - Brandenburgs Wirtschaftsminister Albrecht Gerber (SPD) tritt zurück. Das sagte Gerber am Vormittag vor Journalisten in der Staatskanzlei in Potsdam. Bei seiner Ernennung zum Wirtschaftsminister 2014 habe er den Eid geleistet, "meine ganze Kraft dem Wohl der Menschen des Landes Brandenburg zu widmen", sagte Gerber. "Aber die erforderliche Kraft für mein Amt und die damit verbundene sehr hohe Arbeitsbeanspruchung kann und will ich aus rein familiären Gründen nicht mehr aufbringen."

Er wolle sich eine Beschäftigung suchen, die es ihm ermöglicht, sich flexibel um seine Familie kümmern zu können, sagte Gerber. Das Familienleben solle sich nicht mehr nach dem Amt richten - sondern anders herum. "Ich bitte ausdrücklich zu respektieren, dass ich mich zu meinen privaten Angelegenheiten nicht näher äußern werde.“ Er sei "froh und dankbar, dass ich so viele Jahre gemeinsam mit vielen anderen Menschen bei der guten Entwicklung unseres Landes mitarbeiten konnte und durfte", sagte Gerber.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sagte, nach den Gesprächen mit Gerber am Sonntag, habe dieser "die richtige Entscheidung aus Verantwortung für seine Familie und aus Verantwortung für das Amt des Wirtschaftsministers" getroffen. Aus Regierungskreisen ist von einer schweren Erkrankung eines Familienmitglieds die Rede.

Wegbegleiter würdigen Gerbers Wirken

Finanzminister Christian Görke (Linke), der auch Vize-Regierungschef ist, würdigte Gerber: "Seine Biografie ist seit 1990 mit dem Land verbunden. In unterschiedlichsten Tätigkeiten hat er sich in besonderer Weise um den Aufbau unserer Demokratie verdient gemacht." Gerber sei unter anderem am Entstehen der beiden rot-roten Koalitionsverträge der SPD mit der Linken beteiligt gewesen und habe sie durch seine besonnene, pragmatische Art mit auf den Weg gebracht und geprägt. "Als Koalitionspartner konnte man sich auf Albrecht Gerber immer verlassen", sagte Görke. Durch ihn sei gerade in den ersten Jahren der rot-roten Koalition der enge und vertrauensvolle Gesprächsfaden zwischen den Koalitionspartnern hergestellt und gepflegt worden.  

SPD-Fraktionschef Mike Bischoff erklärte: Gerber sei ein hochangesehener Minister, der  viel für Brandenburg bewegt habe. "Er verdient Anerkennung für seine Arbeit und für seine Entscheidung." 

Linksfraktionschef Ralf Christoffers, der von 2009 bis 2014 Wirtschaftsminister war, sagte: Er habe "vollstes Verständnis" für die Entscheidung Gebers, aus familiären Gründen zurückzutreten. Gerber habe "für dieses Land viel geleistet". Die Diskussion um die Zukunft der wegen des Pharmaskandals um illegal gehandelte Krebsmedikamente unter Druck stehenden Gesundheitsministerin Diana Golze (Linke) werde durch Gerbers Entscheidung nicht leichter, dennoch dürfe man die beiden Angelegenheiten nicht vermischen. 

Christian Amsinck, Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB), sagte, Gerber habe sich über viele Jahre in der Politik um das Land Brandenburg verdient gemacht. Gerber habe an der guten Entwicklung der Unternehmen in Brandenburg in den vergangenen Jahren seinen Anteil – "die Industrie wächst, die Beschäftigung nimmt zu, die Arbeitslosigkeit ist deutlich zurückgegangen". Zudem habe Gerber stets im Blick gehabt, "neue Perspektiven insbesondere für die Lausitz zu entwickeln und vor einem überhasteten Ausstieg aus der Nutzung der Kohle zu warnen".

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) äußerte Bedauern und Verständnis für Gerbers Entscheidung geäußert. „Für diese persönliche Entscheidung hat er unseren vollen Respekt - Politik ist eben doch nicht alles“, sagte der Vorsitzende des Landesbezirks Berlin-Brandenburg, Christian Hoßbach. Gerber habe als Minister gezeigt, dass Wirtschaftspolitik und gute Arbeit nicht im Widerspruch zueinander stünden. 

Mit Gerber tritt ein Ur-Gestein brandenburgischer Politik ab. Gerber wurde 1967 in Preetz in Schleswig-Holstein geboren und hat Politikwissenschaften studiert. In Brandenburg begann er nach der Wiedervereinigung als Pressesprecher des SPD-Landesverbandes und der Landtagsfraktion. Der 51-Jährige diente den ersten Ministerpräsidenten Brandenburgs, Manfred Stolpe und Matthias Platzeck (SPD), war Chef der Staatskanzlei, ehe ihn Ministerpräsident Woidke nach der Landtagswahl 2014 zum Wirtschaftsminister machte. Als Mitarbeiter des Bundesparteivorstands war er auch am Wahlerfolg von Gerhard Schröder (SPD) beteiligt, der 1998 Bundeskanzler wurde.

Woidke wird wohl zwei Posten neu besetzen müssen

Für die rot-rote Regierung unter Woidke ist der Rücktritt ein schwerer Schlag. Damit werden Woidke und seine Koalition gleich zwei Kabinettsposten neu besetzen müssen, da auch der Rücktritt von Sozialministerin Golze wegen des Lunapharm-Skandals als unausweichlich gilt. Bereits im September 2017 war bereits Brandenburgs Bildungsminister Günter Baaske (SPD) aus persönlichen Gründen zurückgetreten

Nun verliert Woidke mit Gerber in den Auseinandersetzungen um die Zukunft der Lausitzer Braunkohle einen wichtigen Wegbegleiter. "Wir stehen vor großen Herausforderungen", sagte Woidke mit Blick auf die neue Kohlekommission des Bundes.

Über einen Nachfolger für Gerber ist laut Woidke noch nicht entschieden worden. Gerber hat seinen Rücktritt zur nächsten Landtagssitzung am 19. September eingereicht und will bis dahin nur die wichtigsten Termin wahrnehmen. "Wir werden uns Zeit nehmen, um einen Nachfolger zu finden, der den Anforderungen gerecht wird", sagte der Regierungschef.

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