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Traditionspflege an der Tafel. Am Niedersorbischen Gymnasium in Cottbus wird Sorbisch gelehrt. Insgesamt lernen laut Potsdamer Bildungsministerium derzeit 1683 Schüler in Brandenburg die Minderheitensprache.

© Patrick Pleul/dpa

Minderheitenschutz: Eltern kämpfen für Sorbischunterricht

Initiative aus der Lausitz übergibt am Freitag Petition mit 34.000 Unterschriften an Europaabgeordnete. Warum das notwendig ist.

Potsdam/Kolkwitz- Kathleen Komolka hat die Sprache ihrer Groß- und Urgroßeltern nicht in der Schule gelernt. Als sie Kind war, sagt die 38-Jährige, sei das nicht möglich gewesen. „Es war eine Zeit, da hat man sich geschämt, auf der Straße Sorbisch zu sprechen“, sagt sie. Heute sei das zum Glück anders. Drei ihrer vier Töchter lernen bereits die Lieder, die einst Komolkas Großmutter sang.

Sie besuchen zweisprachige Kindergärten und Schulen in der Lausitz. Die älteste Tochter der Familie aus Kolkwitz wechselt nun an das Niedersorbische Gymnasium in Cottbus. Kathleen Komolka will, dass auch ihre jüngste, erst fünf Monate alte Tochter später Sorbisch lernen kann. Deswegen kämpft die Mutter mit rund 20 Mitstreitern dafür, dass diese Möglichkeit in Brandenburg erhalten und nicht wie vom Bildungsministerium angestrebt eingeschränkt wird.

Forderungen noch nicht erfüllt

Mehr als 34.000 Unterschriften haben die Eltern für ihre Onlinepetition auf der Plattform „Change.org“ bekommen. Zum Vergleich: Die wirkungsvolle, von Eltern initiierte Onlinepetition für beitragsfreie Kitas im Land fand 2015 rund 13.000 Unterstützer. Am Freitag nun wollen die Lausitzer Eltern in Cottbus ihre Petition an drei Abgeordnete des Europäischen Parlaments aus anderen Ländern übergeben, die sich zum Thema Sorben und Wenden in der Region informieren. Denn ihre Forderungen sind noch nicht ganz erfüllt.

Einen Teilerfolg haben die Eltern schon errungen. Die ursprünglich vom Ministerium avisierte Mindestgröße für Lerngruppen in Sorbisch/Wendisch wurde bereits abgemildert. Zunächst sollte ab dem Schuljahr 2019/20 nur noch Unterricht in sorbisch/wendischer Sprache erteilt werden, wenn mindestens zwölf Schüler zusammenkommen. Die aktuell gültige Sorben/Wenden-Schulverordnung, die keine Mindestgruppengröße vorsieht, ist seit dem Jahr 2000 in Kraft und wird überarbeitet.

Mindestgröße für Einrichtung von Lerngruppen darf nicht zu ihrem Abbau führen

Vergangenen April befasste sich der Landtag mit einem gemeinsamen Antrag von CDU und Bündnis 90/Die Grünen zum Erhalt der Sprache der nationalen Minderheit, der in Brandenburg rund 20.000 Menschen angehören. Beide Fraktionen forderten, dass eine Mindestgröße für die Einrichtung von Lerngruppen nicht zu deren Abbau führt. Der Antrag wurde abgelehnt.

Stattdessen wurde ein kurzfristig eingebrachter Antrag von Rot-Rot angenommen, der eine Orientierung an der Mindestgröße der Lerngruppen in Sachsen vorsah. Dort sind es fünf Schüler. Ab dem kommenden Schuljahr sieht die entsprechende Verwaltungsvorschrift nun eine Bandbreite von fünf bis 15 Schülern für die Errichtung einer Lerngruppe vor, wie Ministeriumssprecher Ralph Kotsch auf Anfrage mitteilt. „Damit soll für alle Seiten Planungssicherheit erreicht werden“, so Kotsch. Mit dem Staatlichen Schulamt in Cottbus sei vereinbart, dass Abweichungen mit dem Ministerium beraten werden. Ziel sei es, möglichst flexibel auf den Bedarf vor Ort zu reagieren.

Eltern sind bereit, zu bestimmten Schulen zu fahren

Den Eltern reicht das nicht. „Wir wollen einen freien Zugang zum Sprachunterricht ohne Mindestzahl“, erklärt Kathleen Komolka. Das bedeute nicht, dass für ein einziges Kind Sorbisch angeboten werden müsse, die Eltern seien durchaus bereit, zu bestimmten Schulen zu fahren, wenn es nötig sei. Aber überhaupt Vorgaben beim Zugang zur Sprache zu machen, ist aus Sicht der Initiative nicht legitim, weil die Sorben eine durch die Brandenburger Verfassung geschützte Minderheit sind. „Für uns Familien hängt viel Herzblut daran“, sagt Kathleen Komolka. Die Traditionspflege wolle man sich nicht durch Verwaltungsvorschriften erschweren lassen. Zuspruch für ihr Anliegen fänden die Lausitzer auch durch Angehörige anderer Minderheiten im Ausland oder durch Zugezogene wie Starkoch Jörg Thiele, der länger in Spanien gearbeitet habe und und von dort die Lage sprachlicher Minoritäten kenne.

Laut Bildungsministerium nehmen derzeit 1683 Schüler an 20 Grundschulen, zwei Oberschulen sowie am Niedersorbischen Gymnasium und am Oberstufenzentrum Cottbus am Unterricht in Sorbisch/Wendisch teil. Im Schulamt Cottbus sind 69 Sorbisch-Lehrer beschäftigt.

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