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Brandenburg: Mehr unsichere Jobs

Die Zahl der sozialversicherunsgpflichtigen Arbeitsplätze in Brandenburg steigt. Doch immer häufiger sind die Jobs nur befristet – und die Chance auf eine Entfristung ist so schlecht wie fast nirgendwo in Deutschland

Von Matthias Matern

Potsdam – Zwar hat sich der Arbeitsmarkt im Land Brandenburg im vergangenen Jahr insgesamt weiter gut entwickelt, doch für immer mehr Arbeitnehmer im Land bedeutet ein neuer Job keineswegs auch mehr Sicherheit. Rund 38 Prozent aller im vergangenen Jahr neu eingestellten Mitarbeiter in Brandenburg arbeiten entweder in Mini- und Midijobs, in Teilzeit, als Leiharbeiter oder haben nur einen befristeten Vertrag bekommen.

Das zumindest ist ein Ergebnis des aktuellen sogenannten Betriebspanel für das Land Brandenburg, der am Dienstag in Potsdam vorgestellt wurde. Demnach hat sich der Anteil der sogenannten atypischen Beschäftigung im Land seit 2007 um etwa sechs Prozent erhöht. Noch 1996 lag der Anteil bei nur 19 Prozent. „Das Ergebnis treibt mich um“, kommentierte Landesarbeitsminister Günter Baaske (SPD) die neuesten Zahlen. „In einigen Lebenssituationen können das passgenaue Arbeitsplätze sein. Aber viele Teilzeitbeschäftigte wollen länger arbeiten. Auch im Interesse der eigenen Fachkräftesicherung sollten die Betriebe von Teilzeit, Minijobs und Befristungen absehen“, forderte der Minister.

Bei dem Betriebspanel handelt es sich um Ergebnisse einer bundesweiten, einheitlichen Umfrage unter rund 16 000 Betrieben, die seit 1996 jährlich in allen Bundesländern durchgeführt und vom Institut für sozialökonomische Strukturanalysen (Söstra) in Berlin ausgewertet wird. Für den Brandenburger Panel wurden insgesamt 1016 Betriebe im Land befragt. Neben Angaben zur Art der abgeschlossenen Beschäftigungsverhältnisse werden die Unternehmen auch zu Themen wie dem Fachkräftebedarf, der Ausbildungsbereitschaft und dem Lohnniveau befragt.

BESCHÄFTIGUNG

Dem Betriebspanel 2013 zufolge hat sich die Zahl der Beschäftigten im Land Brandenburg gegenüber dem Jahr 2012 um insgesamt zwei Prozent erhöht, gegenüber dem Jahr 2005 sogar um elf Prozent. Damit lag Brandenburg im vergangenen Jahr sogar mit einem Prozent leicht über dem Zuwachs in ganz Ostdeutschland. In Westdeutschland stieg die Beschäftigung im selben Zeitraum allerdings um 14 Prozent. Der Anstieg der Beschäftigung in Brandenburg ist laut Vera Dahms vom Institut Söstra vor allem auf die Zunahme der sozialversicherungspflichtigen Jobs zurückzuführen, dort aber leider besonders auf die der Arbeitsplätze in Teilzeit. Und in Brandenburg ist Teilzeit laut Dahms zum größten Teil weiblich.

Der Anteil der Frauen an allen Teilzeitbeschäftigten liege bei knapp 80 Prozent. „Ob gewünscht oder nicht gewünscht, können wir nicht sagen“, relativiert Dahms. Am häufigsten seien atypische Beschäftigungsverhältnisse auch in Brandenburg im Dienstleistungssektor zu finden. Dabei liege Brandenburg aber voll im Bundestrend. Dagegen stehen die Chancen, aus einer befristeten Stelle eine unbefristete zu machen, in Brandenburg sogar noch schlechter als in ganz Ostdeutschland. Nur 27 Prozent aller befristeten Jobs werden in Brandenburg entfristet, in Ostdeutschland gesamt sind es 32 Prozent, im Westen sogar 38 Prozent.

FACHKRÄFTEMANGEL

Die ausreichende Versorgung mit hochqualifizierten Mitarbeitern gilt als eines der größten Probleme der brandenburgischen Unternehmen in naher Zukunft. Einer gemeinsamen Studie der Länder Berlin und Brandenburg aus dem Jahr 2010 zufolge werden im kommenden Jahr in der Region voraussichtlich 273 000 Arbeitsplätze für Fachkräfte nicht besetzt werden können. Allerdings scheint sich die Situation etwas zu entschärfen, wenn sich auch das Problem damit nicht grundsätzlich erledigt habe, warnte Minister Baaske. Laut Panel aber sank die sogenannte Nichtbesetzungsquote für Fachkräfte im vergangenen Jahr zum zweiten Mal in Folge. Erfasst werden alle Stellen, die innerhalb von sechs Monaten nicht besetzt werden konnten.

Lag die Quote 2011 noch bei bei 27 Prozent, betrug sie 2012 nur noch 24 Prozent und sank zuletzt auf 20 Prozent. Insgesamt wurden im ersten Halbjahr 2013 der Betriebsumfrage zufolge landesweit 51 000 Fachkräfte gesucht. 2012 waren es noch 54 000. Zugenommen hat allerdings die Bereitschaft der Unternehmen, bei der Suche nach geeigneten Mitarbeitern Kompromisse einzugehen. Unter anderem waren gegenüber 2008 zwölf Prozent mehr Unternehmen bereit, höhere Löhne zu zahlen. „Offensichtlich stellen sich immer mehr Firmen im Wettbewerb um die besten Fachkräfte der Realität, dass anderswo im Schnitt zum Teil mehr gezahlt wird“, so Dahms.

AUSBILDUNG

Mehr Anstrengung forderte Baaske am Dienstag beim Thema Ausbildung. „Da müssen die Betriebe noch ein bisschen mehr machen“, so der Minister. Allerdings hat sich auch hier die Lage etwas verbessert. So ist die Ausbildungsbereitschaft wieder leicht gestiegen, liegt aber weiterhin unter dem ostdeutschen Schnitt. Im vergangenen Jahr haben in Brandenburg 39 Prozent aller ausbildungsberechtigten Betriebe auch tatsächlich Lehrstellen ausgeschrieben. 2012 waren es 38 Prozent. Konstant geblieben ist dagegen der Anteil der Firmen, die überhaupt ausbilden dürfen. Das sind in Brandenburgs 22 Prozent aller Unternehmen. Allerdings weiter deutlich zugenommen hat der Anteil unbesetzter Lehrstellen.

Konnten 2010 für gut 15 Prozent aller ausgeschriebenen Ausbildungsplätze keine geeigneten Bewerber gefunden werden, blieben 2013 sogar 46 Prozent aller Stellen ohne Azubi. In ganz Ostdeutschland waren es 34 Prozent und in Westdeutschland nur 16 Prozent. Deutliche Verbesserungen in diesem Zusammenhang kündigte Baaske bei der Berufsorientierung an. Die solle demnächst für alle Schulen in Brandenburg vereinheitlicht werden . Abbrecherquoten von im Schnitt 27 Prozent sprächen dafür, dass die Jugendlichen häufig nicht gut genug auf den Berufsalltag vorbereitet seien, so der Minister. „Der Besuch einer Berufsmesse allein kann es nicht sein.“

LÖHNE

Keinen Fortschritt gab es seit 1997 bei der Angleichung der Löhne in Ost und West. Nach wie vor verdienen Erwerbstätige in Brandenburg im Schnitt gerade mal 81 Prozent von dem, was ihre Kollegen in Westdeutschland verdienen – und damit durchschnittlich immer noch besser als Erwerbstätige in ganz Ostdeutschland. Demnach lag der Bruttodurchschnittslohn in Brandenburg 2013 bei 1980 Euro pro Monat und in Westdeutschland bei 2460 Euro. „Der Osten ist leider nach wie vor die Billiglohnzone Deutschlands“, resümierte Baaske.

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