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Hoffnungsschimmer? Nicht für die Anwohner in Tegel. BER-Chef Mehdorn will den Altflughafen offenhalten - dauerhaft.

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Mehdorn will "Premiumstandort" neben BER: Flughafen Tegel soll unbefristet offen bleiben

Update Der Flughafen Tegel soll, wenn es nach Hartmut Mehdorn geht, "Premiumstandort" werden. Das bedeutet: Tegel bleibt offen, unbefristet. Für solcherlei Gedankenspiele hat Mehdorn durchaus die Rückendeckung des Aufsichtsrates. Und auch der Senat ist nicht mehr völlig abgeneigt.

Der Flughafen Tegel soll, wenn es nach Hartmut Mehdorn geht, "Premiumstandort" werden. Das bedeutet: Tegel bleibt offen, unbefristet. Für solcherlei Gedankenspiele hat Mehdorn durchaus die Rückendeckung des Aufsichtsrates. Und auch der Senat ist nicht mehr völlig abgeneigt. Flughafenchef Hartmut Mehdorn treibt trotz aller Bedenken der Eigner seine Pläne für eine Offenhaltung des Standortes Tegel weiter voran. Wie die Wochenzeitung „Die Zeit“ berichtet, will Mehdorn Tegel zum „Premiumstandort“ ausbauen und unbefristet weiter betreiben. Damit stellt sich Mehdorn mit seinen Plänen erneut gegen die Vorgaben von Bund, Berlin und Brandenburg. Denn nach dem Planfeststellungsbeschluss muss Tegel eigentlich ein halbes Jahr nach der Eröffnung des neuen Hauptstadtflughafens BER in Schönefeld dicht machen.

BER-Aufsichtsratschef Matthias Platzeck, der am Donnerstag gerade erst nach seinem Schlaganfall wieder die Amtsgeschäfte als Ministerpräsident in Brandenburg  aufgenommen hat, sagte in Potsdam auf Nachfrage der PNN: „Ich kann dazu im Moment nichts sagen.“ Mehdorn hatte seine Tegel-Pläne bislang immer als Denkanstoß bezeichnet. Allerdings lässt inzwischen auch der Berliner Senat durch ein Gutachten renommierter Verwaltungsrechtler prüfen, welche Optionen es für eine Offenhaltung gibt. Wie schon in einem Gutachten des Bundestages festgestellt, könnte die Sechs-Monats-Frist aufgehoben werden. Nötig wäre eine Änderung des Planfeststellungsbeschlusses für den BER, der Landesplanung für Berlin und Brandenburg und von Senatsverfügungen von 2004 zum Widerruf der Betriebsgenehmigung für Tegel. Zudem wäre bei einem Weiterbetrieb ein eigenes Planfeststellungsverfahren für Tegel nötig, weil dann die 2007 erfundene „Lex Tegel“ im Lärmschutzgesetz ausläuft, wonach die strengen Regeln nicht für Flughäfen gelten, die in zehn Jahren geschlossen werden.

Nach den nun bekannt gewordenen Plänen, die aus einem vertraulichen Strategiepapier des Managements hervorgehen, sollen in Tegel noch im Jahr 2017 so viele Flugzeuge starten und landen wie am neuen Großflughafen in Schönefeld. Pro Stunde sollen dann 42 Maschinen abheben oder landen, genau so viele wie am neuen Flughafen. Zudem wird dem Strategiepapier zufolge überhaupt erst im Jahr 2015 ein Teilumzug von Tegel zum BER erwogen. Auch sonst könnte der BER nach neuesten Brandschutzplänen nicht vor Oktober 2015 vollständig in Betrieb gehen, weil die Aufarbeitung noch so lange dauert. Das berichtet die Zeit und beruft sich auf ein internes Dokument.

Zwar hat Mehdorn generell die Rückdeckung des Aufsichtsrates dafür, alle möglichen Szenarien zu entwickeln. Allerdings reagieren die Gesellschafter auch zunehmend genervt auf den neuen Geschäftsführer. Er dringt darauf, den neuen Hauptstadtflughafen schrittweise zu eröffnen und den Nordpier zum Jahresende in Betrieb zu nehmen. Möglich wäre nach Mehdorns Überlegungen der Betrieb mit zwei kleinen Fluggesellschaften, 1500 Fluggästen und sechs oder acht Flugzeugen am Tag, sagte der Manager. „So können wir testen, wie etwa die Gepäckabfertigung, die Sicherheitskontrolle und die Feuerwehr funktionieren.“ Allerdings sind die Fluggesellschaften dagegen. Auch die Gesellschafter warnen vor den Kosten für einen Doppelbetrieb in Schönefeld und Tegel.

Mehdorn wies Kritik bislang damit zurück, dass dies eine Entscheidung der Geschäftsführung sei und kein politischer Beschluss. Anfang Sepember soll das Cargozentrum am Flughafen eröffnet werden, auch der Zoll soll die Arbeit aufnehmen. In zwölf Neben- und Funktionsgebäude ziehen nach und nach die Mitarbeiter ein. Probleme bereiten im BER  weiter die Kabeltrassen. Deshalb erscheint nach den neusten internen Erkenntnissen eine Eröffnung des Nord-Piers zum Jahresende, wie Mehdorn es plant, als unwahrscheinlich. Die aktuelle Mängelliste listet allein im Pier Nord 1524 Brandschutzmängel auf. Zum Weiterbetrieb in Tegel sagte Mehdorn jüngst, er leiste einen Diskussionsbeitrag, entscheiden werde die Politik. Allerdings gebe es keine Hauptstadt dieser Welt, die nur zwei Landebahnen habe. „Genau das wird bei uns aber der Fall sein, wenn der ganze Verkehr über BER abgewickelt wird.“ Man brauche eine dritte Landebahn als Notfallreserve.

Zudem will Mehdorn die kostentreibenden Ansprüche der Anwohner auf Schallschutz senken. Mehdorn reichte wie bereits angekündigt am Mittwoch gegen das Urteil des Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg zum strengen Schallschutz am künftigen Hauptstadtflughafen Beschwerde ein. Damit löste er erneut breiten Unmut aus. Der Bürgermeister von Blankenfelde-Mahlow, Ortwin Baier (SPD), kritisierte am Donnerstag: „Wie nicht anders zu erwarten war, setzt die Geschäftsführung der Flughafengesellschaft mit mehrheitlicher Rückendeckung ihrer Gesellschafter auf die weitere Verschleppung der Umsetzung des Schallschutzprogramms.“ Aller Voraussicht nach will Mehdorn auch den Antrag bei den zuständigen Behörden in Brandenburg stellen, den Planfeststellungsbeschluss für den BER zu ändern und die Schallschutzvorgaben abzuschwächen. Damit wäre neue Konflikte im Umfeld des BER programmiert.

BER-Aufsichtsratschef Platzeck sagte zu Mehdorns Vorgehen: Er bleibe bei seiner Meinung, die er auch klar in den Flughafengremien geäußert habe. Weitere gerichtliche Auseinandersetzungen um den Schallschutz seien nicht zielführen. „Ich glaube, sie bringen keine Ergebnisse und sie verwässern auch die Stellung unseres Unternehmens in der Region“, sagte Platzeck. Ein erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung brauche eine „Umgebungsstimmung, die förderlich ist und nicht negativ“. Aber er verstehe und respektiere, dass Mehdorn auch aus haftungsrechtlichen Gründen Rechtswege ausschöpft. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg hatte Ende April in einem Urteil erhebliche Nachbesserungen beim Schallschutz für die Anwohner gefordert. Eine Revision ließ das Gericht nicht zu. Dagegen reichte die Flughafengesellschaft nun am Mittwoch Beschwerde ein.

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