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Unwirksam? Das Landeslabor testete die Krebsmedikamente.

© M. Kaufmann

Brandenburg: Medikamentenmafia in der Mark?

Firma aus Mahlow soll in illegalen Handel mit Krebsmitteln verstrickt sein. Vorwürfe zurückgewiesen

Potsdam - Gelangten unwirksame Medikamente in die Hände von schwerkranken Krebspatienten, weil die Brandenburger Behörden nicht genau hingeschaut haben? Im Fall von mutmaßlich illegal über eine Brandenburger Firma gehandelten Krebsmedikamenten hat das Potsdamer Gesundheitsministerium Vorwürfe zurückgewiesen, bei der Kontrolle versagt zu haben. „Die Arzneimittelaufsicht arbeitet professionell und effizient“, erklärte der Leiter der Abteilung Gesundheit im Ministerium, Thomas Barta, am Freitag. Allen Hinweisen auf Verstöße gegen arzneirechtliche Vorschriften werde nachgegangen. Auch im aktuellen, durch einen Bericht des rbb-Magazins „Kontraste“ öffentlich gewordenen Fall einer Großhandelsfirma aus Mahlow (Teltow-Fläming) habe sich das Ministerium richtig verhalten. „Die Sicherheit der Menschen war zu keiner Zeit gefährdet“, betonte Barta. Auch die Firma Lunapharm weist gegenüber den PNN alle gegen sie erhobenen Vorwürfe zurück.

Laut „Kontraste“ soll ein Netzwerk international tätiger Pharmahändler in Deutschland illegal mit Krebsmedikamenten im Wert von mehreren Millionen Euro gehandelt haben. Die Medikamente sollen in Griechenland unter anderem in Krankenhäusern gestohlen worden sein. Daran war rbb-Recherchen auch die Großhandelsfirma Lunapharm mit Sitz in Mahlow (Teltow-Fläming) beteiligt. In Polen waren Ende 2016 größere Menge des Medikaments gefunden worden, geliefert von der Firma aus Brandenburg, die die Arznei wiederum von einer griechischen Apotheke bezogen haben soll. Die Potsdamer Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Hehlerei gegen die Firma aus Mahlow, wie eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Potsdam am Freitag bestätigte. Und zwar schon seit April 2017.

Das Gesundheitsministerium in Potsdam war bereits seit Ende 2016 mit dem Fall befasst – will aber erst vor einer Woche, durch die Medienanfrage, erfahren haben, dass die Medikamente aus der griechischen Apotheke offenbar gestohlen und ins Ausland verschickt wurden. „Über einen früheren Hinweis der Staatsanwaltschaft oder der griechischen Behörden hätten wir uns gefreut“, sagte Barka. Denn wenn die Medikamente gestohlen worden seien, liege zweifellos ein strafrechtlich zu ahndender Verstoß gegen das Arzneimittelrecht vor. „Dies wäre ein Anlass, dem Unternehmen die Betriebserlaubnis zu entziehen.“

Das ist bislang nicht geschehen, denn Aufgabe seiner Behörde sei es bislang nur gewesen, den Vertriebsweg offenzulegen, so Barka. Am 6. Dezember 2016 sei eine Anfrage der polnischen Arzneimittelüberwachung bei der Aufsicht in Brandenburg eingegangen. Es sei darum gegangen, aufzuklären, ob das „sehr teure und seltene“ Medikament tatsächlich aus einer Apotheke in Griechenland stamme. Denn Apotheken dürfen keine Arzneimittel an Großhändler wie Lunapharm liefern. Daraufhin habe das Landesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit (LAVG) unverzüglich mit den Behörden in Griechenland Kontakt aufgenommen. „Es bestätigte sich, dass die benannte Apotheke in Griechenland – anders als von dem brandenburgischen Großhändler angegeben – nicht über eine Großhandelserlaubnis verfügte“, erläutert Barta. Daraufhin habe die Brandenburger Aufsicht die Medikamente aus dem Verkehr genommen. Die in Rede stehenden Medikamente seien im Landeslabor Berlin-Brandenburg überprüft worden. „Das Labor stellte einwandfreie Qualität fest“, so Barta.

Auch Lunapharm beruft sich auf die Ergebnisse der Laboranalyse. Es sei „sichergestellt, dass zu keinem Zeitpunkt die Gesundheit der Patienten gefährdet wurde und die volle Wirksamkeit gewährleistet ist“, teilte die Firma am Freitag auf PNN-Anfrage mit. Weiter schreibt das Unternehmen: „Nochmals betonen wir zu jedem Zeitpunkt alle in Deutschland und der EU geltenden Gesetze und Regelungen eingehalten zu haben.“ Die Geschäftsbeziehung mit der griechischen Apotheke bestreitet die Firma nicht. Im Februar 2017 sei ihr durch das LAVG mitgeteilt worden, dass die von der Apotheke vorgelegte Großhandelsgenehmigung ungültig sei. „Seitdem haben wir von diesem Lieferanten keine Ware mehr bezogen.“

Ein Knackpunkt laut rbb: Die Brandenburger Behörde habe gar nicht alle Medikamente untersucht, sodass die Aussagekraft darüber, ob diese wirken oder nicht, beschränkt sei.

„Das Gesundheitsministerium hat als Aufsichtsbehörde die Pflicht, dafür zu sorgen, dass Patienten sich auf die einwandfreie Qualität ihrer Medikamente verlassen können“, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der oppositionellen CDU-Fraktion, Raik Nowka, am Freitag. Mit den Auskünften des Gesundheitsabteilungsleiters will er sich nicht zufriedengeben. Mit einer Kleinen Anfrage fordert er Informationen von Ministerin Diana Golze (Linke) ein. „Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, ist das ein handfester Skandal“, so Nowka.

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