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Farbspiel. Benedicta von Branca zeigt eine kleine Auswahl ihrer verschiedenen Tomatensorten. 220 verschiedene Nachtschattengewächse baut sie auf ihrem Demeterhof an.

© Patrick Pleul/dpa

Brandenburg: Mama Tomate

Benedicta von Branca ist Sammlerin. Aber nicht Briefmarken oder Münzen gilt ihre Passion, sondern einem Nachtschattengewächs

Beeskow - Wem der diesjährige Sommer noch nicht tropisch-heiß genug ist, der sollte die Gewächshäuser von Benedicta von Branca ausprobieren. Bei Temperaturen um 55 Grad und absoluter Windstille gedeihen auf knapp zwei Hektar in Bornow bei Beeskow (Oder-Spree) allein 220 Tomatensorten – von einer Größe wie Honigmelonen bis hin zu der von Johannisbeeren. Sie sind birnen- oder eierförmig sowie klassisch rot über gelb, orange, grün, blau und sogar schwarz gefärbt.

„Die süßen Sorten wie die Black Cherry sind bei den Kunden der Renner. Und grüne Tomaten schmecken im Herbst am besten“, erzählt die 54-Jährige, die seit Mitte der 1990er-Jahre Tomatensorten sammelt wie andere Briefmarken, Kugelschreiber oder Autogrammkarten.

„Die Tomaten-Vielfalt in Bornow ist wirklich etwas ganz Besonderes – selbst unter Demeter-Höfen“, bestätigt Susanne Kiebler, Sprecherin der Anbaugemeinschaft Demeter. Nicht nur Formen und Farben überraschten, sondern vor allem der unterschiedliche Geschmack. „Benedicta von Branca trägt mit ihrer Gärtnerei besonders zur Sortenvielfalt bei. Die Erhaltung alter Gemüsesorten sowie die Neuzüchtung von Biosorten ist eine wichtige Investition in die Ernährung der Zukunft.“

Von Branca arbeitet das ganze Jahr über in ihrem Demeter-Betrieb „Hof am Weinberge“, um alte Sorten zu bewahren und wieder bekannt zu machen. Dabei sortiert sie auch schon mal aus, was nicht schmeckt oder nicht ertragreich wächst. Das aktuelle trockene Sommerwetter lässt die Tomaten allerdings prächtig gedeihen – einige im Freiland, die meisten in Gewächshäusern.

„Tomaten lieben Wärme, auch in den Nächten. Sie mögen aber keine Nässe von oben und keine Staunässe“, erklärt die studierte Malerin, während sie scheinbar ungerührt von der Hitze durch die Gänge mit den hoch gehängten Pflanzen schlendert. Das eine oder andere Exemplar nimmt von Branca liebevoll in die Hände und beschreibt dessen Besonderheiten.

Zu jeder vorgestellten Sorte hat die Anhängerin des ökologischen Landbaus Geschmack, Herkunftsland und Zubereitungsempfehlungen parat. Dieses geballte Wissen schätzen ihre Kunden auf den Wochenmärkten auf dem Berliner Karl-Augustus-Platz und auf dem Winterfeld-Markt. Zu ihnen gehören auch mehrere Gastronomen aus der Hauptstadt.

Mittwochs, donnerstags und jeden Samstag verkauft von Branca dort. Die richtige Hochzeit der Tomaten beginne im August, dann seien die meisten Sorten reif. Ihre nach den strengen Demeter-Regeln gezüchteten Tomaten haben allerdings ihren Preis – drei bis sechs Euro pro Kilo je nach Sorte zahlen die Kunden.

Ihnen hat die gebürtige Münchnerin auch die Bereicherung ihrer Sorten- Sammlung zu verdanken. „Die Leute in Berlin sind international. Da es Tomaten überall auf der Welt gibt, bringen sie mir aus der Heimat Samen mit, die ich dann ausprobiere. Aktuell sind das kroatische Sorten“, erzählt die überzeugte Vegetarierin, die den vielfältigen Genuss von Tomaten schätzt und nur durch Zufall in Brandenburg gelandet ist.

Die Ruhe und Weite der Mark verleiteten die zweifache Mutter zum Bleiben. Die Rückbesinnung auf alte, aromatische Sorten liege im Trend. „Die Leute kaufen inzwischen viel bewusster.“ Gern hätte sie eine dunkelviolette Fleischtomate aus Frankreich in ihrem Sortiment. „Doch da kenne ich leider den Namen nicht.“

Quasi jeden Tag verbringt von Branca bei ihren Gemüsekulturen, kümmert sich zudem um Dutzende Sorten von Salat, Kartoffeln, Bohnen, Möhren, Zucchini sowie Chili- und Paprika. Zu den täglichen Aufgaben gehören das Hochbinden der 3000 Pflanzen, das Hacken, Unkrautzupfen und Gießen. Allerdings sollten die Blätter nicht gewässert werden, denn dort gedeihen sonst Pilze wie die berüchtigte Braunfäule.

„Der Pilz sitzt auch im Boden und der bleibt. Also dort darf man nichts mehr hinpflanzen. Lieber in einen großen Blumentopf und dann an die Hauswand an der Südseite“, rät die Fachfrau, der zufolge der zweite schlimme Tomaten- Feind die Wühlmaus ist.

Von Branca empfiehlt ihren Kunden am liebsten eine bunte Mischung – optisch und sortenspezifisch. „Wenn alle fünf Farben dabei sind, habe ich eine aromatische Auswahl mit rundem Geschmacksbild.“ Mehr als zwei Tonnen erntet sie jährlich von den Nachtschattengewächsen. Seit fünf Jahren pflegt sie eine Kooperation mit einem italienischen Bauern, der auf Sizilien Tomaten, Aprikosen und Pfirsiche ökologisch anbaut. „Die verkaufe ich im Winter, damit meine Kunden nie auf frische Tomaten verzichten müssen.“ dpa

Jeanette Bederke

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