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Lkw-Unfälle in Brandenburg: Tödliche Gefahr durch manipulierte Laster

In Brandenburg starben in diesem Jahr bereits 17 Menschen bei Lkw-Unfällen. Die Polizei moniert zahlreiche Verstöße gegen vorgeschriebene Ruhezeiten.

Potsdam - Der knallharte Preiskampf im Speditionsgewerbe wird zum tödlichen Sicherheitsrisiko auf Brandenburgs Straßen. Bei Lkw-Kontrollen stellte die Polizei in den ersten fünf Monaten dieses Jahres mehr als 12 100 Verstöße fest – ein Plus zum Vorjahreszeitraum von zehn Prozent, wie Polizeipräsident Hans-Jürgen Mörke am Dienstag mitteilte. Bei etwa der Hälfte der Verstöße seien Lenk- und Ruhezeiten nicht eingehalten worden. Das korrespondiert mit vielen Unfällen, die von offenbar unaufmerksamen Lkw-Fahrern verursacht wurden. Bis Anfang Juni verzeichnete die Brandenburger Polizei 4638 Lkw-Unfälle, für die die Fahrer der Transporter selbst verantwortlich sind. Damit gingen laut Mörke zwei Drittel aller Unfälle mit Lasterbeteiligung auf das Konto der Lkw-Fahrer. In diesem Jahr starben bereits 17 Menschen bei von Lkw verursachten Unfällen in Brandenburg, im Vorjahreszeitraum waren es neun.

Um die Ruhezeiten für die Fahrer zu umgehen und mehr Profit zu schöpfen, gingen einige Firmen mit „hoher krimineller Energie“ vor, erklärte Thomas Dobkowicz, Leiter der zehn Mann starken Sonderüberwachungsgruppe der Verkehrspolizei, die Lkw auf Brandenburgs Autobahnen kontrolliert. Vielfach würden Kontrollgeräte so manipuliert, dass die programmierte Geschwindigkeitsbegrenzung von 90 km/h ausgehebelt ist und Ruhezeiten vorgetäuscht werden können. Der Fahrer sei dann nicht nur übermüdet, sondern rolle auch mit erhöhter Geschwindigkeit über die Autobahn. „Das ist eine tödliche Gefahr“, sagte Dobkowicz, dessen Gruppe beispielsweise die A24 im Norden kontrolliert. Das Manipulieren der Lkw-Steuerzentrale sei eine Straftat. Dem Fahrer drohen 5000, dem Unternehmen bis zu 15 000 Euro Strafe.

Komplizierte Bordtechnik: Wenn eine Lkw-Kontrolle 45 Minuten verschlingt

Die Kritik der Opposition, Lasterkontrollen seien trotz der steigenden Zahl schwerer Lkw-Unfälle weniger geworden, weist die Polizei zurück. Aus der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen war hervorgegangen, dass die Brandenburger Polizei im Vorjahr 28 000 Laster kontrollierte. Ein Jahr zuvor waren es noch 32 000. Im Vergleich zum Jahr 2009 hat sich die Anzahl der kontrollierten Laster fast halbiert. Das erklärt sich laut Mörke nicht nur durch weniger Personal, sondern vor allem dadurch, dass die Beamten durch die komplizierter gewordene Bordtechnik länger für die Kontrollen benötigen und so in Summe weniger Fahrzeuge unter die Lupe nehmen könnten. Pro Lkw müssten 45 Minuten eingerechnet werden, erläuterte Dobkowicz. Zu jedem Kontrollteam gehöre mittlerweile auch ein Mechatroniker. Hegen die Beamten den Verdacht, dass an Geräten geschraubt wurde, kommen die Laster zur genauen Untersuchung in eine Werkstatt. Der bislang einmalige Fall einer Softwaremanipulation werde gerade in einem Labor in Schweden untersucht.

Um Kosten zu sparen, wird nicht nur an Geräten zur Geschwindigkeitskontrolle Hand angelegt. Seit Jahresanfang konfiszierte die Überwachungsgruppe 30 meist hinter Verkleidungen verborgene Geräte, die die Abgasanlage außer Kraft setzen. Die Speditionen wollen sich dadurch das Geld für die Wartung sparen. „Hier gibt es eine Regelungslücke“, erklärte Dobkowicz. Ausländische Lkw unterliegen nicht der deutschen Straßenverkehrszulassungsordnung, die Firmen können nicht belangt werden. Die Polizei behelfe sich damit, dass sie einen Verstoß gegen die Mautgebührensatzung moniere: Laster ohne intakte Abgasanlage erfüllen nicht die Euro-Norm, für die sie angemeldet sind. Seit Sonntag gilt die Lkw-Maut in Brandenburg nicht nur auf Autobahnen, sondern auch auf Bundesstraßen.

Neben den Lkw-Unfällen beschäftigt die Brandenburger Polizei derzeit der Anstieg bei Sexual- und Drogendelikten. Insgesamt ist die Zahl der erfassten Straftaten im ersten Halbjahr 2018 gesunken.

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