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Brandenburg: Linksjugend gegen Koalitionsvertrag

Parteinachwuchs lehnt rot-roten Koalitionsvertrag ab, Parteiführung empfiehlt der Basis jedoch die Zustimmung

Potsdam - In Brandenburgs Linkspartei wird erstmals grundsätzlicher Protest gegen den neuen rot-roten Koalitionsvertrag laut. Es ist zwar eine Minderheit, die formuliert ihre Ablehnung aber deutlich: Die Linke-Jugendorganisation „Solid“ sieht nach dem Absturz der Linken bei der Landtagswahl um 8,6 auf knapp 18 Prozent die jetzigen Vereinbarungen als nicht ausreichend für die Linke an, um erneut in die Regierung gehen zu können. „Nach reiflicher Abwägung kommen wir zu dem Schluss, dass der Koalitionsvertrag an zu vielen Punkten den Positionen der Linksjugend Brandenburg und der Linken nicht entspricht“, heißt es in einer am Montag verbreiteten Erklärung der parteinahen Jugendorganisation. „Vor diesem Hintergrund können wir die Empfehlung für eine Annahme des Koalitionsvertrages im Mitgliederentscheid nicht aussprechen.“ Vorangegangen war am Wochenende eine Landesversammlung der Organsiation, die rund 200 Mitglieder zählt. „Das Votum ist eindeutig“, erklärte Franziska Matschke, eine Sprecherin, auf PNN-Anfrage.

Damit steht der Parteinachwuchs, sonst eine Hoffung der stark überalterten Linken, gegen die Linie der Führung für Rot-Rot II in Brandenburg. Und mit der Potsdamer Landtagsabgeordneten Isabelle Vandré, die bereits während der Sondierungsgespräche mit Forderungen wie etwa nach der mittelfristigen Abschaffung der Gymnasien Irritationen auslöste, auch eine Vertreterin in der Parlamentsfraktion. Rot-Rot hat nur eine Mehrheit von drei Stimmen im Landtag.

Dagegen galt als sicher, dass ein für Montagabend angesetzter „Kleiner Parteitag“ in Potsdam – eine gemeinsame Sitzung von Landesvorstand und Landesausschuss – der Basis die Zustimmung zum Koalitionsvertrag empfehlen wird. Falls der Mitgliederentscheid unter den 7000 Linken scheitert, würde das Bündnis doch noch platzen. Zwar hatte es am Wochenende auf einer Aktivenkonferenz auch Kritik gegeben, etwa am Energiekompromiss ohne Aussagen zum Ausstieg aus der Braunkohle und dem rot-roten Lob auf den brandenburgischen Verfassungsschutz. Doch die von den Linken durchgesetzten Ergebnisse in der Schul-, Sozial- und Bildungspolitik überwogen und prägten die insgesamt zustimmenden Reaktionen.

Die Parteijugend aber kommt zu einem anderen Schluss: Zwar honorieren die jungen Leute durchaus, dass im Vertrag vereinbarte Punkte wie die Erhöhung des Kita-Personalschüssels, die Möglichkeit zur Bildung von Schulzentren aus Grundschulen, Oberschulen, Gesamtschulen und Gymnasien und die Berufsausbildung mit Abitur eine Chance seien. Sie haben sieben Pro-Punkte gefunden. „Dem stehen allerdings Positionen gegenüber, die aus unserer Sicht nicht akzeptabel sind.“ Und das sind nach der „Solid“-Liste gleich vierzehn Kontra-Argumente. Der erste: „Keine kritische Auseinandersetzung mit dem Verfassungsschutz“, heißt es zur Passage im Vertrag, in dem die Arbeit des brandenburgischen Verfassungsschutzes bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus ausdrücklich gewürdigt wird. Die Linken plädieren für eine Schwächung und langfristige Abschaffung und wollten eigentlich eine Überprüfung des brandenburgischen Inland-Geheimdienstes durchsetzen, was am Veto von SPD-Parteichef Dietmar Woidke – er war früher Innenminister – scheiterte. Andere für die Linksjugend inakzeptable Positionen sind die „Unhinterfragte Fortführung der Staatskirchenverträge“ und das Bekenntnis des geplanten rot-roten Bündnisses zu den Tagebauplanungen Welzow-Süd. Außerdem ist den Jung-Linken die Fokussierung auf Leistung und Wirtschaftlichkeit in der schulischen Bildung zu stark. Sie sehen eine „Verstetigung der neoliberalen Ausrichtung der Hochschulen“ und beklagen, dass die Erinnerungskultur „auf die Totalitarismusdoktrin“ ausgerichtet sei.

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