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Brandenburg: Linke über SPD-Wahlkampfhilfe „nicht erfreut“

Bildungsstaatssekretär Drescher gerät wegen Auftritten für Bürgermeisterkandidaten immer mehr unter Druck

Potsdam - Was die Staatskanzlei von Ministerpräsident Dietmar Woidke und Bildungsminister Günter Baaske (beide SPD) in der Wahlkampfaffäre von Bildungsstaatssekretär Thomas Drescher bislang nicht geschafft hat, hat nun der Koalitionspartner übernommen. Linksfraktionschef Ralf Christoffers sagte am Dienstag in Potsdam: „Ich halte eine ausgesprochene Sensibilität für angebracht, wenn Mitglieder der Landesregierung, ob Minister oder Staatssekretäre, Termine wahrnehmen.“ Ob Drescher Grenzen des Zulässigen verletzt habe, wollte Christoffers zwar nicht dezidiert sagen. Er ließ jedoch durchblicken, dass er die Auftritte des Bildungsstaatssekretär im Wahlkampf der SPD-Bürgermeisterkandidaten in Zeuthen und Bestensee (Dahme-Spreewald) als Grenzüberschreitung ansieht. Zur Frage, wie seine Linke-Genossen vor Ort den Fall bewerten, sagte Christoffers: „Man ist nicht in jedem Fall erfreut.“

Die Opposition wurde noch deutlicher. Grünen-Fraktionschef Axel Vogel sagte: „Bildungsstaatssekretär Drescher hat das für die Regierung gebotene Neutralitätsgebot eindeutig missachtet.“ Drescher sei auf den Werbeplakaten der SPD-Bürgermeisterkandidaten samt Parteilogo mit Namen und Funktion als Stargast angekündigt worden. „Was braucht es noch als Beleg, dass Drescher aktiv an lokalen Wahlkampfveranstaltungen mitgewirkt hat?“, so Vogel. Die „Ablenkungs- und Beschwichtigungsversuche“ von Staatskanzlei und Bildungsministerium seien fehlplatziert. „Die Landesregierung muss hier Klarheit walten lassen und zukünftig sicherstellen, dass sich Regierungsvertreter aus Wahlkämpfen heraushalten“, sagte der Grünen-Fraktionschef.

Péter Vida, Sprecher der Landtagsgruppe BVB/Freie Wähler sieht ein generelles Problem. Dresches Wahlkampfhilfe für die SPD in Dahme-Spreewald „reiht sich ein in ein jahrelanges Verhaltensmuster der SPD in Brandenburg, bei dem Staat und Partei ständig vermischt werden“, sagte Vida. „Das ist unerträglich. Damit muss Schluss ein. Entweder hat die SPD kein Unrechtsbewusstsein oder sie macht es systematisch.“

Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Landtagsfraktion, Jan Redmann, sprach von einem „ illegalen Wahlkampf des Staatssekretärs“. Redmann sagte: „Ich weiß nicht, was schlimmer ist, dass ein Staatssekretär eines SPD-Ministeriums im Dienst Wahlkampf für die SPD macht, oder dass ihm immer noch jegliches Unrechtsbewusstsein fehlt.“

Tatsächlich hatten Drescher und das Ministerium erklärt, er sei nur von der Zeuthener Gemeindevertreterin und Vorsitzenden des Bildungsausschusses im Kreistag Dahme-Spreewald, Martina Mieritz, eingeladen worden. Wie dann vor Ort für die Veranstaltung geworben werde, wisse er nicht. In Zeuthen hatte die dortige SPD-Bürgermeisterkandidatin Martina Mieritz auf Plakaten für den 11. Juli zum „Forum Bildung“ mit „Staatssekretär Dr. Thomas Drescher“ in die Bibliothek eingeladen. Auf den Plakaten war neben dem SPD-Logo auch die Wahlkampf-Internetseite von Mieritz angegeben. In Zeuthen war Drescher bis 2014, als er Staatssekretär wurde, Leiter einer Gesamtschule. Mieritz war in Zeuthen 2014 für die SPD zur Landtagswahl als Direktkandidatin angetreten und wirbt mit ihrer guten „Vernetzung in der SPD in alle politischen Ebenen“. In Bestensee hatte SPD-Bürgermeisterkandidat Thomas Irmer auf Plakaten mit SPD-Logo zum Dialog „Kita, Schule, Bildung ...“ mit „Bildungsstaatssekretär Dr. Thomas Drescher“ für den 26. Juni ins „Königliche Forsthaus“ geladen. Dazu der Slogan: „Wer Zukunft will, wählt Irmer.“

Christoffers indirekte Mahnung zu mehr Sensibilität auf Seiten der SPD begründete er auch mit „unseren ganz eigenen Erfahrungen“. Linke-Finanzminister Christian Görke hatte bei seiner Sommertour 2014 Regierungsamt und Landtagswahlkampf nicht ausreichend getrennt. Dies war Anlass für einen Beschluss des Hauptausschusses im Landtag. Demnach soll die Landesregierung bis Ende 2017 eine Richtlinie zum regierungsamtlichen, die Neutralität wahrenden Handeln im Wahlkampf erarbeiten.

nbsp;Alexander Fröhlich

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