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Landtagswahl 2019: Wahl-Countdown in Brandenburg

In rund fünf Wochen sind etwa zwei Millionen Brandenburger zur Landtagswahl aufgerufen. Die Spannung ist groß: Wer wird stärkste Partei, wer geht mit wem zusammen? Einen Wahlkampf politischer Lager gibt es nicht.

Potsdam - Es ist ein Fünfkampf, doch wer bei der Landtagswahl am 1. September das Rennen in Brandenburg macht, ist völlig offen. Die Umfragen ergeben bisher kein klares Bild. SPD, AfD und CDU liegen fast gleichauf um 20 Prozent oder etwas darunter, dicht gefolgt von der Linken und den Grünen. Auf den Rängen kämpfen FDP und BVB/Freie Wähler um den Wiedereinzug beziehungsweise um den Verbleib im Landtag. Die SPD muss nach rund 30 Jahren um ihre Macht bangen. Dazu kommt: Ein Bündnis aus zwei Parteien wie bisher scheint kaum möglich.

Der Potsdamer Politikwissenschaftler Jochen Franzke warnt davor, die Sonntagsfragen zu hoch zu bewerten. "Ich würde sehr vorsichtig damit umgehen, was Umfragen angeht." Viel hängt aus seiner Sicht davon ab, welche Partei bei der Landtagswahl stärkste Kraft wird. "Dann geht es zuerst nicht um die Regierung, sondern um den Ministerpräsidenten", sagt Franzke. Eine Wechselstimmung sieht er bisher eher nicht: "Diese ist so nicht greifbar. Ich denke, die Wähler wollen in einzelnen Bereichen starke Veränderungen."

SPD will Zusammenhalt, Linke gibt sich als "Stimme des Ostens"

Der jetzige Regierungschef und SPD-Spitzenkandidat Dietmar Woidke beschwört in seiner Kampagne "Ein Brandenburg" den Zusammenhalt der Bürger und setzt auf eine deutliche Abgrenzung zur AfD, der die Sozialdemokraten eine Spaltung der Gesellschaft vorwerfen. Die Themen gute Gesundheitsversorgung, bezahlbares Wohnen, besserer Nahverkehr und gute Bildung ähneln der Kampagne der Linken, die allerdings auf einen Ausstieg aus der Braunkohleverstromung schon bis spätestens 2030 dringt. Die Linke will als "Stimme des Ostens" punkten.

Für die SPD wird es nach Ansicht von Politikforscher Franzke "wahrscheinlich starke Verluste" im Vergleich zur letzten Landtagswahl geben. "Nach 30 Jahren ist es schwierig, die Menschen vergessen nicht, welche Reformen in dieser Zeit schiefgegangen sind", sagt er auch mit Blick auf die Kreisreform. Erfolge verblassten schneller. "Aber die SPD versucht durchaus, etwas zu tun."

Die SPD will stärkste Kraft werden, die Linke will, dass es ohne sie keine Regierung im Land geben kann. Rot-Rot würde nach zehn Jahren gern weitermachen: "Es war eine sehr angenehme und sehr gute Zusammenarbeit", sagt Woidke. Das sieht Vize-Regierungschef Christian Görke (Linke) ähnlich. Er würde nicht von einer Politik-Ehe sprechen, sagt aber: "Es war eher eine eingetragene Lebenspartnerschaft." Beide brauchten aus jetziger Sicht einen weiteren Partner, wenn sie weitermachen könnten. Görke kann sich dafür die Grünen vorstellen.

Woidke will vor der Wahl keine Koalitionsaussage treffen, nennt aber neben den Grünen auch die CDU, mit der die SPD in Brandenburg schon zusammen regiert hat. Eines schließt er aus: "Es wird keine Gespräche mit der AfD geben, das ist für uns gesetzt", sagte er Mitte Juli bei der Vorstellung der rot-roten Bilanz nach fünf Jahren Wahlperiode.

Die AfD rangiert in manchen Umfragen auf Platz eins. Landeschef Andreas Kalbitz, der dem rechtsnationalen "Flügel" innerhalb der AfD von Björn Höcke zugerechnet wird, hat das Ziel, dass die AfD stärkste Kraft wird. Auch seine Partei setzt auf den Osten. "Wende 2.0" und "Der Osten steht auf!" ist auf Plakaten zu sehen. Kalbitz ist nach eigenen Angaben bereit, Verantwortung zu übernehmen, sagt aber auch: "Sehr wahrscheinlich ist, dass es zum Machterhaltungsbündnis gegen die AfD kommen wird, auch wenn wir stärkste Kraft sind." Die CDU wird aus seiner Sicht künftig offener für eine mögliche Zusammenarbeit mit der AfD sein: "Der Ton der CDU wird sich ändern", sagte er mehrfach.

CDU-Landeschef Ingo Senftleben will Ministerpräsident werden und würde nach einem Erfolg bei der Wahl mit allen Parteien reden - auch mit der AfD. "Aus Respekt vor den Wählern", wie Senftleben immer wieder betont. Die Christdemokraten halten wenig von einer kompletten Ausgrenzung. Eine Zusammenarbeit schließt die Brandenburger CDU mit der AfD aber klar aus. Senftleben hatte auch einer Zusammenarbeit mit Woidke nach der Wahl eine Absage erteilt: "Mit Dietmar Woidke kann man keinen Staat machen", sagte er bei einem Landesparteitag im Mai.

Woidke wirft Senftleben vor, dass dieser mit der AfD zwar nicht koalieren, aber immerhin Gespräche führen will. "Wir werden mit der AfD weder reden noch koalieren", stellte Woidke klar. "Und ich würde mir von allen Parteien diese Aussage wünschen." Bekommen hat er diese Aussage vom Noch-Koalitionspartner Die Linke, deren Spitzenkandidat Sebastian Walter seinerseits eine Koalition mit der CDU ausgeschlossen hat, falls Senftleben mit der AfD redet. Auch die CDU-Bundespartei schließt eine Zusammenarbeit mit der Linken aus.

Klaus Peters, Oliver von Riegen dpa

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