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Landtagswahl 2019: Märkische Wahlkampf-Kuriositäten

Die CDU muss ihr „Regierungsprogramm“ neu drucken lassen, die SPD hat Genossen ins Bild gesetzt - es gibt Ärger im Wahlkampf.

Potsdam - Frank Storch ist Polizist in Brandenburg, einer der ranghöchsten im Land. Und er ist Leiter der Polizeidirektion Nord mit Sitz in Neuruppin, einer von vier Direktionschefs im Land. Storch hat in der Brandenburger Polizei den Ruf, der seit 30 Jahren ununterbrochen regierenden SPD nahezustehen. Doch jetzt taucht er ausgerechnet in der Broschüre der CDU zur Landtagswahl am 1. September auf. Betitelt ist das 16-seitige „Regierungsprogamm“ mit dem Slogan: „Ganz Brandenburg wachsen lassen“. Die CDU muss nun eine große Auflage dieses Materials für den Wahlkampf einstampfen – wegen des Polizisten Storch. Aber auch die SPD hat Ärger in ihrem Wahlkampf, etwa mit einer Parteispende und ihren Wahlplakaten. Eine Woche vor Ende der Sommerferien und vor dem Start der ganz heißen Wahlkampfphase bietet Brandenburg Kurioses.

Auf Seite 8 der CDU-Broschüre findet sich ein Foto, es geht um innere Sicherheit, das Kernthema der CDU. Zu lesen ist auf dem Foto: „Handlungsfähiger Staat. Weil Sicherheit ein gutes Gefühl ist.“ Seit einigen Tagen kursiert das Foto in den Chatgruppen der Brandenburger SPD, von dort soll es zur Polizei gelangt sein. Die untersteht dem SPD-geführten Innenressort von Minister Karl-Heinz Schröter.

Zu sehen ist auf dem Foto CDU-Landeschef Ingo Senftleben, der SPD-Landeschef Dietmar Woidke den Posten des Regierungschefs streitig macht. Und neben Senftleben auf dem Foto deutlich erkennbar ist einer der Top-Polizisten im Land: Frank Storch.

CDU hat im Präsidium nicht nachgefragt

Die angebliche SPD-Nähe des Beamten – Besoldungsgruppe B2, Monatssold 7555,63 Euro – ist nicht das Problem. Storch informierte aber sowohl die CDU, als auch Polizei und Innenministerium über das Foto, um sich abzusichern, damit er beamtenrechtlich keinen Ärger bekommt. Am Freitag schickte die Landesgeschäftsstelle der CDU eine E-Mail an alle Kandidaten, der Betreff lautete: „Wichtig: Bildrechte-Problem in Kurzversion vom Regierungsprogramm“. Offenbar hatte die CDU es versäumt, das Polizeipräsidium zu fragen, ob der Polizeidirektor neben Senftleben abgelichtet und ob das Foto für Wahlkampfzwecke veröffentlicht werden darf. Ein CDU-Kreisvorsitzender spottete über das „Team Ingo“ des Spitzenkandidaten: „Einmal mit Profis arbeiten.“

Die E-Mail an die Kandidaten und Parteimitglieder ist jedenfalls unmissverständlich: „Aufgrund eines Bildrechte-Problems darf die gedruckte Kurzfassung unseres Regierungsprogramms ,Ganz Brandenburg wachsen lassen' nicht mehr verteilt werden. Sollten Sie noch Exemplare vorrätig haben, bitten wir Sie, diese zu vernichten.“

Neue Version nötig

Jetzt soll es, so kündigt es die Landesgeschäftsstelle der CDU Brandenburg in der E-Mail an die Landtagskandidaten an, einen Neudruck geben – ohne Foto mit dem Polizisten Storch. „Auch die Online-Fassung des Kurzprogramms wird von uns überarbeitet“, heißt es in dem Schreiben. Doch noch am Sonntag war die pdf-Datei mit dem Foto des Polizeidirektors neben Senftleben auf der Internetseite der märkischen CDU abrufbar. Nur auf der Internetseite des Spitzenkandidaten – www.ingo.jetzt – stand die Broschüre nicht mehr zum Download bereit.

In der Papiertonne landen jetzt die noch nicht verteilten Exemplare der Broschüre. „Wir hatten eine Auflage von 10.000 Stück drucken lassen. Insgesamt sind dabei Kosten von 2800 Euro entstanden. Wir sind davon ausgegangen, dass der Polizist aufgrund der Perspektive und Unschärfe nicht zu erkennen ist“, sagte ein Parteisprecher den PNN auf Anfrage. „Der Betroffene hat sich erkannt und uns direkt informiert. Wir haben uns bei dem Polizisten entschuldigt und er hat unsere Entschuldigung angenommen. In Absprache mit ihm haben wir sofort die nötigen Schritte eingeleitet.“

Verantwortlich auch für den Ingo-Song

Verantwortlich für die Broschüre und Unterzeichner der Rückruf-E-Mail ist Gordon Hoffmann, Landtagsabgeordneter und enger Vertrauter von Senftleben. Hoffmann ist Landesgeschäftsführer der brandenburgischen CDU und Leiter der Wahlkampfzentrale. Es ist nicht das erste Mal, dass Hoffmann in der Partei für Aufsehen sorgt. Er ist auch mitverantwortlich für den „Ingo-Song“.

Der Song war im Anfang Juli an den Tagesspiegel geleakt worden und löste deutschlandweit Resonanz aus: Von Spott bis Lob für die Selbstironie. Im Text des Countrysongs heißt es: „Wer macht auch die Bauern froh? Ingo, Ingo. Haut Verbrechern auf den Po? Ingo, Ingo.“ Auch die Spreewald-Gurke durfte nicht fehlen: „Neues für unser Land Brandenburg, SPD hat genug rumgegurkt. Rumgegurkt.“

Kunstprojekt gegen Spende?

Tatsächlich muss sich die SPD mit dem Verdacht herumschlagen, dass sich die Landesregierung im Gegenzug für eine größere Parteispende das Kunstprojekt des Künstlers und Multimillionärs Rainer Opolka eingesetzt haben soll. SPD und Opolka weisen das strikt zurück, ausgestanden ist die Sache nicht, CDU und Grüne nehmen Akteneinsicht.

Spott erntete die SPD auch für ihre Wahlplakate. Darüber hatte die „Bild“ zuerst berichtet. Auf einem Plakat, mit dem die SPD ausreichend Kliniken und Ärzte verspricht, untersucht eine Ärztin einen Patienten. Doch die Frau ist keine Ärztin, sondern Mitarbeiterin der Parteizentrale. Beim Thema Bildung stellt ein SPD-Mitarbeiter einen Vater oder Erzieher in einer Kita da – es geht um beitragsfreie Betreuung. Die Kinder auf dem Plakat sind auch nicht die des SPD-Mannes. Und SPD-Landeschef Woidke grüßt auf einem weiteren Plakat ganz volksnah eine Anwohnerin über den Gartenzaun – doch auch sie ist eine SPD-Funktionärin.

SPD erweckt den Eindruck, Senftleben wolle mit der AfD gemeinsame Sache machen

Und auch sonst ist die SPD nicht zimperlich. So hat CDU-Chef Senftleben zwar Gespräche mit der AfD nach der Wahl nicht ausgeschlossen, doch eine Koalition abgelehnt. Die SPD stürzt sich genüsslich darauf und erweckt dabei den Eindruck, Senftleben würde mit der AfD gemeinsame Sache machen wollen. Jüngst rief die SPD auf Facebook sogar dazu auf, Senftlebens Wahlkreisbüro mit Anrufen zu belegen. Die Telefonnummer veröffentlichte die SPD gleich mit.

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