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Spiegelbildlich. Die Vorgänge in Cottbus dürften zu keiner Abwärtsspirale führen, mahnt der Regierungschef.

© Axel Schmidt/Reuters

Landtag diskutiert über Cottbus: Kein zweites Duisburg-Marxloh

Der Landtag debattiert über die Sicherheitslage in Cottbus und lehnt einen CDU-Antrag ab, der unter anderem mehr beschleunigte Verfahren für junge Straftäter fordert. Innenminister Schröter appellierte stattdessen an CDU und Grüne, mit der Regierung eine gemeinsame Haltung zu entwickeln.

Potsdam – Die Brandenburger CDU-Fraktion wirft der rot-roten Landesregierung vor, die Kommunen mit Integrationsaufgaben allein gelassen und auf die sich abzeichnenden Konflikte mit Flüchtlingen speziell in Cottbus zu spät reagiert zu haben. „Sie schwimmen hinter der Welle her“, erklärte der Lausitzer CDU-Abgeordnete Michael Schierack in einer emotionsgeladenen Debatte am Donnerstag im Landtag. Alle frühzeitigen Appelle des Cottbuser Bürgermeisters Holger Kelch (CDU) seien ignoriert worden. Einen Unions-Antrag, in dem unter anderem ein sofortiger Stopp des Personalabbaus in der Polizeiinspektion Cottbus, permanente Videoüberwachung an Brennpunkten und mehr beschleunigte Verfahren auch bei jungen Straftätern gefordert wird, lehnte die Parlamentsmehrheit ab.

Stattdessen wurde ein Antrag von SPD und Linken angenommen, in dem es heißt: „Weder in Cottbus noch in anderen Kommunen des Landes Brandenburg waren oder sind die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Gefahr.“ Es sei zu einfach zu sagen „die Stadt hat alles richtig gemacht und das Land alles falsch“, sagte Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD), der wie berichtet nach den Attacken jugendlicher Flüchtlinge die Polizeipräsenz in Cottbus verstärkt hat. „Kleinliches Parteiengezänk“ helfe nicht weiter. Schröter regte stattdessen an, dass SPD, Linke, CDU und Grüne bis zur Landtagssitzung im März eine gemeinsame Position zu Cottbus finden sollten – „das wäre das richtige Signal“. Die AfD schloss er aus.

"Wir dürfen nicht zulassen, dass aus Angst Hass wird"

Der Anblick von Gruppen junger Migranten auf Brandenburger Plätzen, die zur Untätigkeit verdammt seien, erzeuge bei Teilen der Bevölkerung Angst, konstatierte der SPD-Abgeordnete Daniel Kurth. „Aber wir dürfen nicht zulassen, dass aus Angst Hass wird, auch wenn ich weiß, dass einige in diesem Saal daran Interesse haben“, sagte Kurth in Richtung der AfD. In Cottbus gebe es eine starke rechte Szene, „die frech in der Öffentlichkeit agiert und in der sich die AfD wohlfühlt“, erklärte auch der innenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Hans-Jürgen Scharfenberg. Cottbus sei aber entgegen anderer Darstellung eine „sichere Stadt“.

Auch die Innenexpertin der Grünen, Ursula Nonnemacher, griff die AfD scharf an. „Sie heizen an, Sie schüren.“ Das belege beispielsweise die Rede der AfD-aktiven Deutsch-Kurdin Leyla Bilge, die im Juli 2017 bei einer Demonstration der Anti-Asyl-Verein „Zukunft Heimat“ in Cottbus gesagt habe: „Ich bin ein Nazi.“ Das sei dokumentiert. Es werde Zeit, dass Cottbus nicht mehr „als braune Nazihochburg und Ort krimineller, messerstechender Flüchtlinge“ in den Schlagzeilen sei, betonte Nonnemacher.

AfD-Chef Kalbitz: Regierung "eingenebelt in Willkommensextremismus"

Das Land verkehre Ursache und Wirkung, Rot-Rot sei „eingenebelt in Willkommensextremismus“, sagte AfD-Fraktionschef Andreas Kalbitz. Der innenpolitische Sprecher der Fraktion, Thomas Jung, sieht Cottbus „auf dem besten Weg ein zweites Duisburg-Marxloh“ zu werden. Der Duisburger Stadtteil Marxloh war 2015 zum Inbegriff einer deutschen „No-go-Area“ geworden. Die Polizei warnte vor rechtsfreien Räumen, da die Sicherheit durch ausländische Großfamilien-Clans akut gefährdet sei. Zum Vergleich: Der Ausländeranteil in Marxloh beträgt rund 54 Prozent. In Cottbus sind es 8,5 Prozent. Innenminister Schröter hat mittlerweile für die Stadt einen Aufnahmestopp für Flüchtlinge aus der Erstaufnahmestelle verhängt.

Für Samstag haben wie berichtet syrische Flüchtlinge eine Demonstration unter dem Motto „Leben ohne Hass - Gemeinsam gegen die Angst" in Cottbus angemeldet. Die Grünen-Landesvorsitzende Petra Budke rief zur Teilnahme auf. Es sei ein hoffnungsvolles Zeichen, dass die Geflüchteten selbst eine Demonstration initiiert hätten, so Budke. „Sie zeigen, dass es ihnen wichtig ist, sich in unsere Gesellschaft zu integrieren.“

Auf der anderen Seite will auch „Zukunft Heimat“ am Wochenende wieder demonstrieren. Cottbus sei überall, heißt es auf der Ankündigung.

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