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Brandenburg: Landesregierung ohne Worte zum Haßleben-Urteil

Nach Etappensieg vor Verwaltungsgericht: Grüne sehen Weckruf für SPD und Brandenburgs Agrarpolitik

Potsdam - Die Gegner der geplanten Schweinemastanlage für 37 000 Tiere in Haßleben (Uckermark) haben ihren juristischen Etappensieg vor dem Verwaltungsgericht Potsdam gefeiert. Das Gericht hatte die Genehmigung für die umstrittene Anlage nach einer Klage von Umwelt- und Tierschützern am Montagabend aufgehoben. „Die Kombination aus Bürger- und Verbandsengagement hat nach langer Zeit zu diesem Erfolg geführt“, sagte Kläger-Anwalt Peter Kremer am Dienstag.

Neben den Klägern, dem Brandenburger Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND), dem Naturschutzbund (Nabu) und dem Deutschen Tierschutzbund, hatten auch eine Bürgerinitiative und eine Stiftung die Klage unterstützt. In der Anlage – für die das Genehmigungsverfahren seit 2003 läuft – will ein niederländischer Unternehmer rund 37 000 Schweine mästen, dazu hatte er eine entsprechende Genehmigung des Landesumweltamtes. Die Gegner befürchten schädliche Auswirkungen auf die Umwelt und sorgen sich um die Haltungsbedingungen für die Tiere.

Die Richter begründeten ihr Urteil mit bauplanungsrechtlichen Mängeln – weil ein Bebauungsplan nötig gewesen wäre – und ließen keine Berufung zu. Das Landesamt für Umwelt und das Unternehmen können diese aber beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) beantragen. „Dadurch macht das Verwaltungsgericht deutlich, dass es die vom Landesumweltamt erteilte Genehmigung für die Schweinemastanlage Haßleben für sehr eindeutig rechtswidrig hält“, sagte Nabu-Landeschef, Friedhelm Schmitz- Jersch. Das Agrarministerium könne zwar noch Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht einlegen. Dieser Schritt würde aus Sicht des Verbandes allerdings belegen, dass die Landesregierung die industrielle Tierhaltung weiter unterstützt.

Obwohl das Verbot nicht wegen der erheblichen Tierschutzprobleme erging, sei es ein voller Erfolg, sagte die Vorsitzende des Landestierschutzverbandes, Renate Seidel. „Was zählt, ist, dass in Haßleben auch weiterhin keine Schweine unter tierschutzwidrigen Bedingungen leiden müssen: zusammengepfercht in engen Ställen, ohne Licht und ohne geeignete Beschäftigung.“

Der Sprecher des Landesumweltamts, Thomas Frey, hielt sich juristische Schritte offen. „Wir werden die schriftliche Urteilsbegründung abwarten und dann über eine mögliche Nichtzulassungsbeschwerde entscheiden“, sagte er. Der Anwalt des Investors, Matthias Dombert, erklärte, zunächst die Entscheidungsgründe abwarten zu wollen. Komme es so wie in der mündlichen Verhandlung, werde er seinem Mandanten weitere Schritte empfehlen. Kläger-Anwalt Kremer zeigte sich dagegen „einigermaßen optimistisch“, dass das Urteil Bestand haben wird – auch wenn es darüber erst in einigen Jahren Klarheit geben könnte.

Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) erklärte, Landesregierung und Behörden müssten sich bei Genehmigungsverfahren neutral verhalten. Zudem gehe es in Haßleben um Bundesrecht. Ähnlich äußerte sich der Sprecher von Agrarminister Jörg Vogelsänger (SPD), Jens-Uwe Schade: „Minister Vogelsänger wird sich weder politisch noch sachlich zum Fall Haßleben äußern können.“ Die zuständige Genehmigungsbehörde sei das Landesumweltamt. Die Behörde ist dem Ministerium allerdings nachgeordnet.

Der Agrarexperte der Grünen-Landtagsfraktion, Benjamin Raschke, sagte hingegen: „Wenn das jetzt nicht ein Weckruf war für die SPD, dann weiß ich nicht, worauf die noch wartet.“ Die bisherige Politik der SPD, den Investoren „den roten Teppich auszurollen und Tierhaltung unter unwürdigen Bedingungen durchzusetzen“, sei spätestens mit diesem Urteil gescheitert. „Wir brauchen eine tier- und umweltgerechte Tierhaltung.“ dpa

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