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So warben SPD-Bürgermeisterkandidaten für Wahlkampfveranstaltungen mit Bildungsstaatssekretär Drescher.

© PNN

Landesregierung Brandenburg und das Neutralitätsgebot: Ein Staatssekretär im Wahlkampfmodus

Brandenburgs Bildungsstaatssekretär Thomas Drescher trat bei Wahlkampfveranstaltungen von SPD-Bürgermeisterkandidaten auf - ein Verstoß gegen seine Pflichten als Staatsdiener.

Potsdam - Nach Kritik an Brandenburgs Bildungsminister Günter Baaske (SPD) wegen möglicher Wahlkampfhilfe für einen Bundestagskandidaten seiner Partei gerät nun auch sein Staatssekretär Thomas Drescher in Erklärungsnöte. Grund sind mehrere Auftritte bei Bürgermeisterkandidaten der SPD im Landkreis Dahme-Spreewald. Und es geht um die Aussagen, die Drescher in dieser Woche auf Nachfrage dazu machte.

In Zeuthen lud die dortige SPD-Bürgermeisterkandidatin Martina Mieritz auf Plakaten am 11. Juli zum „Forum Bildung“ mit „Staatssekretär Dr. Thomas Drescher“ in die Bibliothek. Hat er also unzulässig die Genossin im Wahlkampf unterstützt? Die Staatskanzlei von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) und das Bildungsministerium sehen das anders. Regierungssprecher Florian Engels sagte den PNN: „Selbstverständlich können sich auch Staatssekretäre in öffentlichen Veranstaltungen auf Einladung Dritter zum Verwaltungshandeln und politischen Zielstellungen der Landesregierung äußern.“ Dabei werde nicht zwischen verschiedenen Parteien oder bei der Frage, ob es Regierungs- oder Oppositionsparteien sind, unterschieden. Das gebiete das Neutralitätsgebot. Zudem seien bei der Veranstaltung auch Vertreter konkurrierender Parteien anwesend gewesen. Es sei sinnvoll, dass die Bürger bei solchen „öffentlichen Veranstaltungen sachkundig informiert“ werden.

Drescher: Die Einladung kam von einer Gemeindevertreterin. Es ist die Bürgermeisterkandidatin

Eine Sprecherin des Bildungsministeriums erklärte, Drescher sei in Zeuthen gewesen, „um über bildungs- und jugendpolitische Programme und Vorhaben der Landesregierung zu informieren und Fragen zu konkreten Problemen in der Region zu beantworten“. Allein mit der Teilnahme an einer Podiumsdiskussion werde das Neutralitätsgebot nicht verletzt. Die „im Rahmen der Rechtsprechung entwickelten allgemeinen Maßstäbe für den öffentlichen Auftritt von Amtsinhabern“ seien ohne Zweifel eingehalten worden. Eingeladen habe die Zeuthener Gemeindevertreterin und Vorsitzende des Bildungsausschusses im Kreisrat Dahme-Spreewald, Martina Mieritz. Auch Drescher selbst hatte am vergangenen Mittwoch erklärt, er sei nur von einer Gemeindevertreterin eingeladen worden, wie dann vor Ort für die Veranstaltung geworben werde, wisse er nicht.

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Hat der Staatssekretär also nicht gewusst, dass es Wahlkampf war? Der Staatssekretär dürfte die Gemeindevertreterin jedenfalls kennen: Von 2009 bis 2014 war er Leiter einer Gesamtschule in Zeuthen. Und Mieritz war 2014 dort Direktkandidatin für den Landtag und betont auf ihrer Internetseite ihre gute „Vernetzung in der SPD in alle politischen Ebenen“. Auch ihre Plakate für die Veranstaltung mit Drescher waren eindeutig: Neben dem SPD-Logo war auch die Internetseite von Mieritz angegeben, auf der für die „SPD-Bürgermeisterkandidatin für Zeuthen“ geworben wird. Und die SPD Zeuthen erwähnt den Besuch von Drescher.

Es gibt einen weiteren Fall in Bestensee

Es gibt einen weiteren Fall, ebenfalls aus Dahme-Spreewald. Den haben Staatskanzlei und Bildungsministerium aber nicht erwähnt. Am 26. Juni lud der SPD-Bürgermeisterkandidat von Bestensee, Thomas Irmer, zum Dialog „Kita, Schule, Bildung ...“ mit „Bildungsstaatssekretär Dr. Thomas Drescher“ ins „Königliche Forsthaus“. Dazu der Slogan: „Wer Zukunft will, wählt Irmer.“ Und auch auf diesem Plakat prangte das Logo der SPD. Auch hier handelt es sich um eine Wahlkampfveranstaltung der SPD und ihres Kandidaten.

Dabei gilt für Drescher in besonderer Weise das Neutralitätsgebot. Während sein Minister Baaske auch Landtagsabgeordneter ist, ebenso Regierungschef Woidke, der sogar SPD-Landeschef, beide also politisch beweglicher sind, ist Drescher Staatsdiener und sogenannter Amtschef des Ministeriums. Als solcher ist er parteipolitisch und besonders im Wahlkampf zu Neutralität verpflichtet.

Regierungssprecher spricht von Interpretationsspielräumen

Das müsste er qua Amt selbst wissen. Aber möglicherweise hilft ihm bald eine Richtlinie, die die Landesregierung im Auftrag des Landtags bis Jahresende erstellen soll – zum regierungsamtlichen, die Neutralität wahrenden Handeln im Wahlkampf. Auslöser war die Sommertour von Linke-Finanzminister Christian Görke im Landtagswahlkampf 2014. Der parlamentarische Beratungsdienst hatte festgestellt, dass Görke dabei sein Regierungsamt und den Wahlkampf nicht ausreichend getrennt, gegen das Neutralitätsgebot von Regierungsmitgliedern vor Wahlen verstoßen hatte. Vom Ministerium bezahlte Fotos von der Sommertour waren auch auf Görkes persönlicher Partei- und Wahlkampfseite im Internet gelandet.

Regierungssprecher Engels sagte nun, die Staatskanzlei entwickle „Kriterien zur Unterstützung der Einzelfallabwägung“, da es ja immer „Unsicherheiten und Interpretationsspielräume“ geben könne. Zumindest im aktuellen Fall gab es die nicht.

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