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Im November 2019 unterzeichneten Dietmar Woidke (SPD), Michael Stübgen (CDU) und Ursula Nonnemacher (Grüne) den Koalitionsvertrag. Aus der Grünen Jugend gibt es Kritik an der Koalitionsarbeit.

© Soeren Stache/dpa

Landespolitik Brandenburg: Immer Ärger mit der Jugend 

Brandenburgs Grünen-Nachwuchs ist über die von der Regierungskoalition beschlossene Abschiebe-Taskforce verstimmt. Die Kritik kommt für die Grünen zur Unzeit. 

Potsdam - Brandenburgs Grüne haben Ärger mit dem eigenen Nachwuchs. Weil die Kenia-Koalition im Potsdamer Landtag in der vergangenen Woche der Gründung einer Taskforce zur Abschiebung ausreisepflichtiger Asylbewerber zugestimmt hat, geht die Grüne Jugend zunehmend auf Distanz zum Potsdamer Regierungsbündnis. „Für uns war das ein Tiefpunkt der Koalition“, sagte der Sprecher der Grünen Jugend Brandenburg, Gerrit Alino Prange, am Montag gegenüber dieser Zeitung. Während der Landtag die Taskforce beschlossen habe, werde das Landesaufnahmeprogramm für Flüchtlinge nicht so umgesetzt, wie im Koalitionsvertrag geplant. „Dort stand, dass jährlich 200 Menschen aufgenommen werden sollen“, sagte Prange. Der Landtag habe das Programm aber erst ab 2021 beschlossen. Dieses Jahr würden also keine 200 Menschen mehr in Brandenburg aufgenommen.

Die Grüne Jugend sieht sich in der anfänglichen Skepsis bestätigt

Generell habe die Grüne Jugend einem Bündnis der Grünen mit der CDU von Anfang an skeptisch gegenüber gestanden und sich während der Koalitionsverhandlungen für die rechnerisch ebenso mögliche Variante eines rot-rot-grünen Bündnisses eingesetzt. „Die Taskforce beweist, dass mit der CDU kein menschenwürdiger Umgang mit Schutzsuchenden möglich ist“, sagte Prange. Die Grüne Jugend distanziere sich „ganz klar von Innenminister Michael Stübgen und dem, was er macht“. Hingegen stehe man weiter hinter den klimapolitischen Ansätzen und der Arbeit der Grünen im Allgemeinen. „Vor allem im Blick auf die Bundestagswahl müssen wir uns aber fragen: Wollen wir schwarz-grün überhaupt?“ 

Für den Fraktionsvorsitzenden der Brandenburger Grünen im Potsdamer Landtag, Benjamin Raschke, kommt die Kritik des eigenen Jugendverbands nicht sonderlich überraschend. „Dass die Koalition von der gesamten Partei mit Argusaugen beobachtet wird, weil es mit der CDU und der SPD eine schwere Konstellation ist, das ist so“, sagt Raschke. „Dass die Grüne Jugend besonders sorgfältig hinschaut, ist auch so – gerade bei Flüchtlingen, Abschiebungen und Integration.“

Der direkte Austausch mit der Basis fehlt - wegen Corona

Allerdings stünden gerade bei der geplanten Taskforce auch Missverständnisse im Raum. Und in der Partei gebe es einen großen Informationsbedarf. „Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal eine Gruppe von mehr als 15 Grünen auf einem Haufen gesehen habe“, sagt Raschke. Dank Corona fänden alle größeren Veranstaltungen als Videokonferenzen statt. Die informellen Gespräche, die es etwa am Rande von Parteitagen oft gab, der persönliche Austausch mit der Basis sei in den letzten Monaten vielfach zu kurz gekommen. Dennoch würden die meisten Parteimitglieder im Land anerkennen, dass die Koalition zwar schwere Arbeit zu leisten habe. „Am Ende steht dann aber fast immer ein: Ihr macht das schon“, sagt Raschke.

Ähnlich formuliert es auch die Landesvorsitzende der Grünen, Julia Schmidt. „Die Partei sieht die Koalition anders als die Grüne Jugend“, sagte Schmidt. „Gerade in den Kreisverbänden gibt es viele Stimmen, die sich freuen, dass wir endlich mitregieren und sie ihre Projekte vor Ort an die Landesregierung weitergeben können.“ Mit dem eigenen Jugendverband soll nun das Gespräch gesucht werden. Und weil man sich in der Koalition eben nicht auseinanderdividieren lassen will, soll auch der CDU-Fraktionsvorsitzende Jan Redmann daran teilnehmen.

Bei SPD und CDU gibt es zunehmend Verärgerung über die Grünen

Denn für die Grünen kommt die Kritik des eigenen Jugendverbands durchaus zur Unzeit: Schließlich ist die eigene Fraktion noch weit davon entfernt, Höchstleistungen im Parlament zu liefern. Spricht man mit Fraktionären von SPD und CDU, ist dort im Gegenteil eher eine zunehmende Verärgerung über die Grünen zu hören. Die Parlamentarier arbeiteten unstrukturiert, Beschlüsse dauerten zu lange, es fehle eine klare Linie, heißt es dann.

Und auch die Opposition hat die Grünen schon als schwächstes Glied der Koalition identifiziert: Als der Landtag in der vergangenen Woche über die Taskforce debattierte, hatte die Linken-Abgeordnete Andrea Johlige die Ökopartei frontal angegriffen: „Ein bisschen grünes Irrlichtern im schwarz-roten Dunkel ist flüchtlingspolitisch ein Totalausfall.“ Die Stimmung bei der Grünen Jugend dürften solche Angriffe jedenfalls nicht verbessern.

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