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Kritik vom Landesrechnungshof: Digitales Kompetenz-Wirrwar in Brandenburg

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) lässt die Digitalisierung im Land schleifen, rügt der Landesrechnungshof in einem neuen Bericht.  Was läuft da schief? 

Potsdam - Brandenburgs Landesrechnungshof sieht schwere Defizite beim Thema Digitialisierung in Brandenburg. Die oberste Finanzkontrollbehörde präsentierte am Freitag in Potsdam einen "Beratungsbericht" zur Digitalisierung im Land, der vor allem der Staatskanzlei von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) ein schlechtes Zeugnis ausstellt. Um die Digitalisierung in der Mark voranzubringen, sei ein "Vorangehen statt Abtauchen" der Regierungszentrale nötig, sagte Präsident Christoph Weiser. Doch bisher habe die Staatskanzlei die Aufgabe, als strategische Schnittstelle für die Digitalisierung im Land Brandenburg zu fungieren, nur "unzureichend wahrgenommen."      

Was die neue Digitalagentur macht? Das fragt sich auch der Landesrechnungshof 

Brandenburgs Rechnungshof hält die bisherige "Digitalstrategie" der Landesregierung für unzureichend und die neu gegründete "Digitalagentur" nach seiner Prüfung eigentlich für unnötig. "Die Zukunftsstrategie Digitales Brandenburg stellt lediglich eine politische Absichtserklärung ohne jede Verbindlichkeit dar", so der zentrale Befund des Berichtes für den Landtag. Digitalstrategie und -agentur waren Ende der vergangenen Legislaturperiode 2018/2019 von der damaligen SPD/Linke-Regierung unter Woidke kurzfristig auf den Weg gebracht worden, nachdem sich vorher jahrelang kaum jemand um diese Fragen gekümmert hatte. 

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Die "Digitalagentur", eine Tochter der Investitionsbank (ILB), die jährlich mit drei Millionen Euro gefördert wird, soll etwa den Breitbandausbau voranbringen. Der Befund des Rechnungshofs zu deren Arbeit fällt ernüchternd aus. "Ein Wirksamwerden dieser Digitalagentur konnten wir nicht erkennen", sagte Direktor Thomas Kersting.  Die Gründung sei ohne die gesetzlich vorgeschriebene Wirtschaftlichkeitsprüfung erfolgt, so der Bericht: "Dies stellt einen gravierenden Verstoß gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit dar." Zudem sei das Land nur im Aufsichtsrat der Digitalagentur vertreten, nicht aber in der Gesellschafterversammlung, "gesicherte Zugriffs- und Steuerungsrechte sehen anders aus."  

Kompetenz-Durcheinander: Allein dreizehn Akteure befassen sich mit Digitalisierung  

Nach dem 44-Seiten-Bericht gibt es in Brandenburg allein auf Landesebene dreizehn verschiedene Akteure, Ministerien, Arbeitsgruppen, Gremien, die sich teils parallel und unabgestimmt um Digitalisierungsfragen kümmern. "Viele Köche verderben den Brei", so Weiser. Um so wichtiger wäre eine zentrale Steuerung durch die Staatskanzlei, die bislang gefehlt habe. 

Ministerien üben sich in Abwehrkämpfen 

Für diesen Bereich habe es dort mit fünf Mitarbeitern zu wenig Personal gegeben. Weise begrüßte, dass Woidke mit der neuen Landesregierung die Staatskanzlei gestärkt habe, da diese nun von einer Ministerin gelenkt wird. Und Amtschef Benjamin Grimm habe mehr Personal für diesen Bereich und die Gründung eines Digitalreferates angekündigt, so Kersting. 

Brandenburgs Rechnungshofpräsident Christoph Weiser (Mitte) bei der Präsentation des Digitalberichtes im Landtag. 
Brandenburgs Rechnungshofpräsident Christoph Weiser (Mitte) bei der Präsentation des Digitalberichtes im Landtag. 

© Thorsten Metzner

Wohin das bisherige Kompetenz-Wirrwarr führte? Kersting verwies darauf, dass die heutige E-Government-Strategie Brandenburgs aus dem Jahr 2003 stammt und die 2008 beschlossene flächendeckende Einführung eines einheitlichen elektronischen Dokumentenmanagement- und Vorgangsbearbeitungssystems bis zum Jahr 2011 in der Landesverwaltung immer noch nicht realisiert worden sei. Als symptomatisch zitierte Kersting ein Schreiben aus dem Innenministerium vom November 2019, das die Staatskanzlei dem Hof unkommentiert übermittelt hatte. Darin heißt es:  "In den vergangenen  zwei Jahren haben einige Fachministerien Energien in die Abwehr des Onlinezugangsgesetzes respektive des Brandenburgischen E-Government-Gesetzes gesteckt, anstatt diese Zeit sinnstiftend, zielführend und verantwortungsvoll in Projekt- und Umsetzungsplanungen zu investieren." Weiser kommentierte das so: "Böswillige könnten das als Offenbarungseid bezeichnen." 

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