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Dunkle Wolken. Am künftigen Betreiber der Vattenfall-Kraftwerke und Tagebaue in der Lausitz, EPH, gibt es erhebliche Zweifel. Das Landeswirtschaftsministerium will sich aber lieber raushalten.

© Patrick Pleul/dpa

Kritik am neuen Braunkohle-Eigner EPH: Brandenburgs Wirtschaftsministerium äußert sich nicht zu Greenpeace-Vorwürfen

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace warnt vor dem tschechischen Vattenfall-Käufer EPH und erhebt schwere Vorwürfe. Brandenburgs Landesregierung reagiert allerdings gelassen.

Potsdam - Brandenburgs Wirtschaftsministerium hält sich bedeckt. Dass der Käufer der Lausitzer Braunkohlesparte des schwedischen Staatskonzern Vattenfall nicht den besten Ruf hat, ist im Ministerium bekannt. Doch nach dem langen, zähen Ringen um den Verkauf und den in der Lausitz als bedrohlich empfunden Kapriolen der Bundesregierung in der Energie- und Klimapolitik erschien auch Brandenburgs Wirtschaftsminister Albrecht Gerber (SPD) der künftige Eigentümer der Braunkohle im zweitgrößten Revier Deutschlands als Retter in der Not. Vor allem wegen der 8000 Jobs in den Tagebauen und Kraftwerken.

Doch nun legte die Umweltschutzorganisation Greenpeace ein Schwarzbuch zu dem künftigen Eigentümer der Braunkohle in der Lausitz vor. Es geht um den tschechischen Energiekonzern „Energetický a Prumyslový Holding“ – kurz EPH. wie berichtet schwere Vorwürfe gegen EPH und dessen Finanzpartner PPF. Im Kern hat Greenpeace alle verfügbaren Quellen und Informationen über das Unternehmen akribisch zusammengefasst. Im Ergebnis will Greenpeace darauf aufmerksam machen, welche Gefahren der Lausitz drohen und das angesichts des bisherigen Gebahrens des Konzerns später einmal der Steuerzahlen auf den Kosten in Milliardenhöhe für die Sanierung und Rekultivierung der Tagebau-Mondlandschaft sitzen bleiben könnten.

Brandenburgs Wirtschaftsministerium will sich nicht äußern

Brandenburgs Wirtschaftsministerium ging aber nicht näher darauf ein. Eine Sprecherin teilte dem Evangelischen Pressedienst (epd) lediglich mit, man werde sich nicht äußern. Und sie sprach von Spekulationen. Zudem verwies sie auf die Absprachen zwischen Vattenfall und EPH im Kaufvertrag. Demnach übernimmt EPH das gesamte Braunkohlegeschäft mit Schulden und Rückstellungen unter anderem für Rekultivierungen. Laut Vattenfall dürfen in den ersten drei Jahren nach dem Verkauf keine Dividenden gezahlt, Rückstellungen aufgelöst oder vergleichbare Maßnahmen ergriffen werden. In den zwei Jahren danach soll die Gewinnabschöpfung laut Vattenfall „auf eine betriebsübliche Rendite begrenzt“ werden. Die Landesregierung sei nicht an dem Verkaufsprozess beteiligt, erklärte die Ministeriumssprecherin.

Gerber selbst sagte dem RBB, bei der Wiederzulassung von Betriebsplänen für die Tagebaue werde alle zwei Jahre geprüft, ob die Rückstellungen für die Sanierung ausreichten. „Wir werden uns an Recht und Gesetz halten, der neue Eigentümer auch. Das beinhaltet eben, dass es Rückstellungen für die Rekultivierung gibt. Sie können sicher sein, dass wir da sehr aufpassen werden.“

Woidke: "EPH wird alle gesetzlichen Verpflichtungen in diesem Bereich erfüllen"

Auch das ZDF-Polit-Magazin „Frontal 21“ hatte am Dienstagabend über das Schwarzbuch von Greenpeace berichtet. Demnach wehrte auch Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) alle Befürchtungen im Zusammenhang mit dem Käufer ab. „EPH wird alle gesetzlichen Verpflichtungen in diesem Bereich erfüllen. Das trifft auf die Unternehmen zu, die bisher in diesem Bereich unterwegs waren – und das wird auch auf Unternehmen wie EPH oder andere zutreffen. Mehr ist dazu nicht zu sagen“, sagte Woidke.

Doch mit den gesetzlichen Verpflichtungen ist es bislang nicht weit her in Brandenburg. Dem Land reichen bei der Prüfung für Rückstellungen auch rein bilanzielle Posten, also fiktive Werte des Unternehmens. Es verlangt aber kein eigenes Konto, auf dem nur das reales Geld für die Sanierungen hinterlegt und gesichert werden muss. Bei einer Insolvenz sind also die angeblichen Rückstellungen pfutsch.

Eine weitaus härtere Linie verfolgt das Land bei mittelständischen Bergbauunternehmen wie etwa Kiesgrubenbetreibern. Von ihnen verlangt Brandenburg laut dem ZDF-Bericht auch Sicherheitsleistungen. In den vergangenen Jahren seien in Brandenburg in 178 Fällen bei bergbaulichen Vorhaben die Zulassung eines Betriebsplanes von Sicherheitsleistungen abhängig gemacht worden. Es handelt sich um nicht verschiebbare Barmittel oder auch Bürgschaften, die auch bei einer Pleite nicht verloren sind. Nur beim Eigner der Lausitzer Braunkohlesparte macht das Land eine Ausnahme und verlangt derlei nicht.

Greenpeace: Kohlereviere würden rücksichtslos ausgebeutet

Für Greenpeace wäre diese Zurückhaltung gerade bei EPH fatal. Denn nach den bisherigen Erkenntnissen über den Konzern, der in Osteuropa mit einer aggressiven Einkaufspolitik expandierte und seit 2009 mit dem Einstieg bei der Mibrag im mitteldeutschen Revier aktiv ist, betreibt EPH laut Greenpeace bei seinen Tochterunternehmen eine skrupellose Gewinnabschöpfung, trifft nur unzureichende finanzielle Vorsorge für die Rekultivierung und sei hochverschuldet. Das Unternehmen bestehe aus einem „undurchsichtigen Firmengeflecht“ aus Beteiligungsgesellschaften, die als anonyme Offshore-Gesellschaften mit beschränkter Haftung, also Briefkastenfirmen in Steuerparadiesen wie Zypern und Jersey, sitzen, stellte Greenpeace fest. Geschäftsmodell der EPH sei es, Firmen aufzukaufen und finanziell auszupressen. Die Kohlereviere würden rücksichtslos „ohne Berücksichtigung der umwelt- und klimapolitischen Folgekosten“ ausgebeutet. Bei der Mibrag hat die EPH tatsächlich seit 2009 massiv die Rückstellungen und Gewinne abgeschöpft.

Brandenburgs Grünen-Fraktionschef Axel Vogel warnte nun, durch den Einstieg von EPH drohe die Braunkohlewirtschaft in der Lausitz finanziell auszubluten – mit unabsehbaren Folgen für Wirtschaft, Umwelt und Arbeitskräfte. Vogel erinnerte daran, dass die Landesregierung erst im Juni ein Gutachten angekündigt hatte. Damit soll geprüft werden, ob es gesetzliche Regelungslücken bei der Sicherheit der Rückstellungen der Braunkohleunternehmen gibt. Vogel sagte nun: „So sehr wir es begrüßen, dass inzwischen auch in der Landesregierung zaghafte Zweifel an EPH auftauchten, ist aber klar, dass eine juristische Prüfung allein nicht ausreicht.“ 

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