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Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU).

© Paul Zinken/dpa-Zentralbild

Kritik am Berliner Antidiskriminierungsgesetz: „Das halte ich für unanständig“

Brandenburgs Innenminister Stübgen (CDU) will mit Amtskollegen über das neue Berliner Antidiskriminierungsgesetz beraten. Er kritisiert die Beweislastumkehr zu Ungunsten der Polizei.

Potsdam/Berlin - Das vor wenigen Tagen verabschiedete bundesweit einmalige Landesantidiskriminierungsgesetz Berlins erhitzt weiter die Gemüter. Der Berliner CDU-Landesvorsitzender Kai Wegner hat das Gesetz erneut scharf kritisiert. „Ich finde unerträglich, was Rot-Rot-Grün hier macht“, sagte Wegner bei der CDU-Mitgliederkonferenz am Samstag in Berlin.

Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) will mit seinen Amtskollegen in den anderen Bundesländern über die Folgen des umstrittenen Berliner Antidiskriminierungsgesetzes sprechen. „Wir werden den Umgang mit dem Berliner Gesetz auf der Innenministerkonferenz Mitte Juni besprechen“, sagte Stübgen am Samstag der Deutschen Presse-Agentur. Das Gesetz enthalte eine Beweislastumkehr zu Ungunsten der Polizei, kritisierte der Innenminister. „Das halte ich für unanständig. Das wird es in Brandenburg nicht geben.“

Kritik: Die Beweislast werde umgekehrt

Das am Donnerstag vom Berliner Abgeordnetenhaus beschlossene Gesetz stelle die Polizeibeamten und die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst unter Generalverdacht, sagte Wegner. Das Ärgerliche sei, dass die Berliner Polizei den Schlamassel einmal mehr ausbaden müsse. „Unsere Polizei, unser Öffentlicher Dienst verdient Wertschätzung, verdient Rückhalt, verdient Unterstützung“, betonte der CDU-Landeschef. „Ich sage zu, in dem Moment, wo wir die Möglichkeit dazu haben, im September nächsten Jahres, werden wir alles dransetzen, dieses Landesantidiskriminierungsgesetz abzuschaffen.“ 

Das Landesantidiskriminierungsgesetz soll Menschen in Berlin vor Diskriminierung von Seiten der Behörden schützen und auch Schadenersatzansprüche möglich machen. Ein Kritikpunkt daran lautet, durch das Gesetz werde die Beweislast umgekehrt, so dass beispielsweise Polizisten künftig nachweisen müssten, dass Diskriminierungsvorwürfe gegen sie falsch seien.

„Wir werden das ganz genau prüfen.“

Die von den Grünen geführte Berliner Justizsenatsverwaltung hat diese Kritik zurückgewiesen. Die Gewerkschaft der Polizei in Nordrhein-Westfalen hatte den dortigen Innenminister Herbert Reul (CDU) am Freitag aufgefordert, bis auf Weiteres keine Polizisten mehr zu Großeinsätzen nach Berlin zu schicken. Der Berliner Senat müsse jetzt klären, inwieweit Polizisten anderer Bundesländer betroffen seien, wenn sie in Berlin Unterstützung leisteten, sagte Stübgen der „Märkischen Allgemeinen“. „Klar ist, dass es keinerlei rechtliche Nachteile für Brandenburger Polizistinnen und Polizisten geben darf“, betonte der Minister. „Wir werden das ganz genau prüfen.“

„Bayern prüft, ob sie überhaupt noch Unterstützungskräfte nach Berlin schicken, auch die Gewerkschaft der Polizei in Nordrhein-Westfalen fordert die Landesregierung auf, zu prüfen, ob Unterstützungskräfte noch nach Berlin sollen“, sagte Wegner. „Stellen Sie sich mal vor, wenn wir Großlagen in Berlin haben, wie es aussehen würde, wenn wir keine Unterstützungskräfte aus anderen Ländern hätten.“

Viele Menschen werden täglich alltäglich diskriminiert

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hatte nach der Verabschiedung des Gesetzes moniert, es animiere „mit weitreichenden Entschädigungsregelungen die falschen Leute geradezu, die Polizei mit fadenscheinigen Diskriminierungsvorwürfen zu überziehen, um Kasse zu machen“. Aus Sicht des kommissarischen Leiters der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Bernhard Franke, schließt das Gesetz eine Lücke. „Es konnte zwar jemand feststellen lassen, dass öffentlich-rechtliches Handeln rechtswidrig war, aber es war nicht so klar geregelt, welche Ansprüche er hat, etwa wenn er bei einer Polizeikontrolle diskriminiert wird. Dann konnte das Verwaltungsgericht feststellen, die Kontrolle war rechtswidrig, aber es folgte daraus nicht unmittelbar ein Entschädigungsanspruch.“

Diskriminierungen von Menschen wegen ihrer Hautfarbe seien in Deutschland Alltag. Das zeigen die Zahlen der Antidiskriminierungsstelle. „Nach unseren Erfahrungen stehen an erster Stelle Menschen, die sich wegen ihrer ethnischen Herkunft oder einer rassistischen Zuschreibung diskriminiert sehen“, sagte Franke. Sie machten etwa ein Drittel der gesamten Anfragen aus. „An zweiter und dritter Stelle stehen Geschlechterdiskriminierung und Diskriminierung von Menschen mit einer Behinderung. Fälle von Diskriminierung sind auch von Seiten der Behörden nach den Erfahrungen von Beratungsstellen keine seltene Ausnahme. Insgesamt sei Diskriminierung in Deutschland alltäglich, sagte Céline Barry vom Antidiskriminierungsverband Deutschland in Berlin der Deutschen Presse-Agentur. In der Dachorganisation sind unabhängige Antidiskriminierungs-Beratungsstellen zusammengeschlossen. (dpa)

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