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Kreisgebietsreform in Brandenburg: Landkarte auf Knopfdruck

Die neue Brandenburg-Landkarte nach den rot-roten Plänen löst Streit aus. Den dürfte es eigentlich gar nicht geben, findet Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD).

Potsdam - Tja, so einfach wäre es, wenn man Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) auf der Pressekonferenz zuhört und glauben mag: Eigentlich könnte man in einen Computer die Abwägungskriterien eingeben, formuliert im vom Landtag bereits beschlossenen Leitbild für die Kreisreform: „Dann könnte man auf den Knopf drücken: Am Ende käme so eine Landkarte heraus.“ Und über die, so Schröter, „kann es eigentlich gar keinen Streit geben“. Denn wenn etwas fachlich vorgegeben sei, dann gebe es ja „keine Möglichkeit für politischen Streit“. Ja, so sagt es Brandenburgs Innenminister wirklich, der gerade gemeinsam mit Finanzminister Christian Görke (Linke) die geplante rot-rote Brandenburg-Karte erläutert hatte. Beide in selten so trauter Eintracht, trotz des Krachs in den Koalitionsausschüssen am letzten Freitag, dann noch mal am Einheitsfeiermontag. Nur jetzt, bei Schröters politikfreier Fachlichkeit, da rollt Görke mit den Augen.

Brandenburgs Bürgermeisterin Tiemann kritisiert "Landkarte der Willkür"

Die Hauptbetroffenen meldeten sich jedenfalls prompt. Die Oberbürgermeister der kreisfreien Städte, Dietlind Tiemann (Brandenburg an der Havel, CDU), Martin Wilke (Frankfurt (Oder), parteilos) und Holger Kelch (Cottbus, CDU), die, allesamt neuen Regionalkreisen zugeschlagen, ihre Kreisfreiheit verlieren sollen. Es sei eine Landkarte der Willkür, so ist eine Erklärung der drei Stadtoberhäupter überschrieben. „Wie wenig durchdacht diese Überlegungen der Landesregierung sind, sieht man schon daran, dass die Landesregierung übersehen hat, dass es zwischen dem Havelland und der Stadt Brandenburg / Havel außer einem alten Feldweg gar keine direkte Verbindung gibt“, sagte Tiemann. „Um diesen Fauxpas zu kaschieren, will die Landesregierung jetzt, entgegen dem selbst aufgestellten Grundsatz der Vollfusion, den Landkreis Potsdam-Mittelmark zerschneiden und Teile dem Havelland zuschlagen. Das ist alles nicht im Geringsten durchdacht.“ Sauer reagierten dem Vernehmen nach auch Landräte, etwa SPD-Landrat Stefan Loge (SPD) aus Dahme-Spreewald.

In der Pressekonferenz hatten Schröter und Görke den als „Vierling“ aus Cottbus und drei bisherigen Südkreisen geplanten Lausitzkreis, auf den im Hintergrund besonders die Linken, aber auch SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke gedrängt hatten, mit der nötigen strukturellen Stärkung der bisherigen Braunkohleregion begründet. Die benötige gerade für den Strukturwandel eine einheitliche Wirtschaftsförderung, so Schröter, der das Ende der Braunkohleregion mit „in 20 Jahren“ terminierte.

Innenexpertin Nonnemacher (Grüne): Aufschlussreich, dass von Woidke nichts zu hören war

Es war ein bisher für einen Brandenburger Minister undenkbarer Satz, bei dem es die Grüne-Abgeordnete Ursula Nonnemacher im Saal beinahe umgehauen hätte, wie sie später freimütig erzählte. Allerdings, so sehr sie den Ansatz nachvollziehen kann: Skeptisch blieb die Innenexpertin der Grünen, ob es wirklich klug ist, in der Lausitz (wie auch in der Prignitz) vom bisherigen bewährten Tortenstückmodell – eine Anbindung der Kreise an den wirtschaftlich starken Speckgürtel – abzuweichen. „Der innerkreisliche Ausgleich hat sich bewährt.“ Die Grünen wollen, wie sie grundsätzlich sagte, den Vorschlag gründlich abwägen. So halte sie es persönlich für richtig, die Havelstadt Brandenburg mit dem Havelland zu vereinigen. Aufschlussreich fand es Nonnemacher, dass wieder einmal vom „präsidialen“ Ministerpräsidenten Dietmar Woidke nichts zu hören war.

Für Holger Kelch, den Cottbuser Oberbürgermeister, sind die Pläne „eine Kampfansage an die Bürgerschaft“. Der geplante Lausitz-Großkreis habe „nichts mehr mit Bürgernähe zu tun“.

Ähnlich äußerte sich die AfD im Landtag. Und für die CDU-Opposition warf der Kommunalexperte Sven Petke Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) vor, „den Zusammenhalt des Landes zu gefährden“. Die Landesregierung verspiele bei der Kreisreform „auch das letzte Fünkchen Glaubwürdigkeit“. Petke erinnerte daran, dass man ursprünglich einen Ausgleich zwischen strukturschwachen und -starken Landkreisen schaffen wollte. „Dem werden die Vorschläge nicht gerecht.“ Die neuen Kreisgrenzen seien „nicht das Ergebnis von fachlichen Notwendigkeiten, sondern von Kungelrunden der Genossen“, ein parteipolitischer Minimalkonsens. Damit ziehe sich die öffentliche Hand systematisch aus den ländlichen Regionen zurück. „Übergroße Flächenkreise sind weder effizient noch können sie Identität vermitteln“, so der CDU-Politiker. Thorsten Metzner

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