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Kommentar über Woidkes Regierungserklärung: Was Woidke versäumte

Mitreißend war Woidkes Regierungserklärung im Landtag nicht. Vor allem aber hat der Regierungschef versäumt, sich stärker den ländlichen Regionen zuzuwenden. Entscheidend ist dennoch, was nun passiert.

Potsdam - Und jetzt wieder, steige hoch Du roter Adler? Alles wieder Paletti in Brandenburg, dem „Aufstiegsland im Vorwärtsgang“, nachdem Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) seine Regierungserklärung zur Vollbremsung bei der Kreisreform hielt? Mit einem bisschen Selbstkritik, viel Prosa und noch mehr Weiter–So. Klar, es ist vernünftig, wenn Woidke nach der Spaltung des Landes über das Reformprojekt – für die er und seine Regierung maßgeblich, aber nicht allein, die Verantwortung tragen – nun Gräben schließen will. Es ist vernünftig, wenn die Regierung jetzt auf freiwillige Kooperationen setzt, mehr Geld in Digitales, Schulen, Kultur oder den Breitbandausbau investieren will. Erst Recht, wenn die Kassen Brandenburgs gefüllt sind wie nie seit 1990. Aber reicht das?

Politik hat eine Führungsaufgabe. Sie soll Sorgen der Menschen aufnehmen, ihre Probleme lösen, aber auch Orientierung geben. Gemessen an diesem Anspruch war die Regierungserklärung zu schwach, nicht ambitioniert genug. Da wäre mehr möglich und nötig. Gerade in dieser Zeit, bei dieser sich ausbreitenden Stimmung gegen die „da oben“. Die Brandenburger sind verunsichert. Das hat die Bundestagswahl gezeigt, mit dem Erstarken der AfD. Das hat auch die Ablehnung der Kreisgebietsreform gezeigt. Das zeigen die Umfragen, nach denen SPD, CDU, Linke und AfD nicht weit auseinander liegen. Jeder Fehler wird bestraft. Das Land ist – auch wegen der globalen, aber auch den lokalen Trends – in Wallung, in Sorge.

Woidke sollte sich den ländlichen Regionen zuwenden

Das gilt besonders für die ländlichen, berlinfernen Regionen, um die sich die Regierung anders kümmern muss. Dass diese oft abgehängt wurden, ob im Nahverkehr oder bei der Versorgung, ist dort spürbare Realität. Was getan werden könnte? Brandenburgs Politik muss sich den Land-Regionen hinwenden, mit Effekten, die die Leute auch merken. Schon jeder Bus, der wieder fährt, wäre ein Signal. Die Abkehr von der Gießkannen-Politik unter Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), der das knappe Geld auf Wachstumskerne konzentrierte, war damals notwendig und richtig.

Ist es das jetzt immer noch? In einer Zeit, in der Brandenburgs Finanzlage sich entspannt hat, braucht das Land wieder mehr Gießkanne – um ein weiteres Austrocknen zu verhindern. Oder die Braunkohle. Um die steht es doch längst wie um die gestoppte Kreisgebietsreform. Es ist höchste Zeit für Woidke, auch hier den Kurswechsel zu vollziehen, nicht weiter gegen den zwangsläufigen Ausstieg zu kämpfen, sondern für eine moderne Lausitz nach der Kohle, für ein Strukturwandelprogramm, für das jetzt Milliarden des Bundes erstritten werden. In einem neuen Bündnis für Brandenburg – mit der CDU-Opposition, angeführt vom Ministerpräsidenten.

Wichtig ist nicht, was Woidke sagt - sondern was er jetzt tut

Und jetzt? Eine schwache Regierungserklärung, das hat es einst auch bei Platzeck und Stolpe gegeben. Wichtiger ist, was real getan wird, ob Woidke und die rot-rote Koalition doch noch zum nötigen Durchstarten in der Lage sind. Die Brandenburger sind dabei, das Vertrauen in Woidke, in die einst starke SPD zu verlieren. Aber sie trauen auch niemandem zu, es besser zu können, auch der CDU unter Ingo Senftleben nicht. Bisher nicht. So müssen und können sich alle bis 2019 beweisen. Dann wird abgerechnet. Brandenburg kann das nur guttun.

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