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Brandenburg: Knutbürger proben den Aufstand Protest gegen geplantes Ausstopfen des Eisbären

Berlin – „Er hat ihn ermordet, er hat ihn ermordet“ ruft eine in Rot gekleidete Frau in die Kameras vor dem Löwentor-Eingang am Zoologischen Garten in Berlin. Die Umstehenden nicken: „Ja, ihn sollte man ausstopfen – den Feigling“, sagt eine andere Frau, und die Umstehenden nicken noch heftiger.

Von Sandra Dassler

Berlin – „Er hat ihn ermordet, er hat ihn ermordet“ ruft eine in Rot gekleidete Frau in die Kameras vor dem Löwentor-Eingang am Zoologischen Garten in Berlin. Die Umstehenden nicken: „Ja, ihn sollte man ausstopfen – den Feigling“, sagt eine andere Frau, und die Umstehenden nicken noch heftiger. Mit dem „Feigling“ ist Zoodirektor Bernhard Blaszkiewitz gemeint, und sein Opfer ist nach Ansicht der meisten Menschen hier natürlich Eisbär Knut. Was der „Wutbürger“ in Stuttgart kann, sollte für den „Knutbürger“ in Berlin auch möglich sein. Dachten sich zumindest die Veranstalter der Demonstration am Sonnabendnachmittag vor dem Zoo. Ursprünglich war nur eine Mahnwache als stiller Protest gegen das Ausstopfen von Knut geplant, doch die Trauer und die Empörung vieler Menschen sind noch zu groß.

Das von Pathologen am Freitag vorgestellte Sektionsergebnis, wonach Knut an einer Gehirnentzündung erkrankt war, stellen hier viele in Frage: „Warum hat man das denn nicht festgestellt?“ fragt Liane Pierce (57) aus dem Bezirk Charlottenburg: „Alle haben doch gesehen, wie schlecht es Knut ging. Der hätte nie mit den drei Weibchen im Gehege bleiben dürfen. Jeder merkte, dass er Angst hatte – er ist an dem Stress gestorben.“ Marion Schoof (48) aus Tiergarten pflichtet ihr bei: „Im Zoo und bei Knut haben viele Menschen Kraft getankt. Aber in den vergangenen Monaten war es nur noch schlimm, mit ansehen zu müssen, wie Knut litt. Manche sind heulend rausgelaufen, weil sie den Anblick nicht mehr ertragen konnten.“ Auch andere erzählen, dass Besucher immer wieder die Zooleitung oder die Tierpfleger darauf angesprochen hätten – ohne Erfolg. Liane Pierce, Marion Schoof und viele andere Demonstranten gehen nicht mehr in den Zoo. „Nicht so lange dieser Blaszkiewitz da ist“, sagt Marion Thomas (60). „Der hat viel Geld mit Knut verdient und will noch mehr verdienen, indem er ihn ausstopft“, meint Rosemarie Biehayn aus Tempelhof.

Daniela Jansen (30) ist aus der Nähe von Gütersloh angereist, andere junge Leute kommen aus Dortmund oder vom Bodensee. Sie haben sich über das Internet oder Facebook gefunden und sind der Ansicht, dass es nicht nur um Knut, sondern um grundlegende Fragen wie artgerechte Haltung von Tieren oder rechtzeitige veterinärmedizinische Kontrollen geht. „Für Knut ist es zu spät, aber andere Tiere leiden auch“, sagt eine Frau: „Schauen Sie sich mal den Panther an.“

Manche Passanten haben kein Verständnis für die 70 Demonstranten. „Kümmert euch lieber um misshandelte Kinder“, ruft ein Mann. Eine Frau versteht diese Haltung. Klar sei Knut nur ein Tier gewesen, sagt sie und deutet auf ein Foto, das Knuts Pfleger Thomas Dörflein mit dem noch jungen Eisbären zeigt. „Im Himmel seid ihr wieder vereint“, steht darunter. „Das ist vielleicht wirklich übertrieben“, sagt die Frau. „Aber besser so als überhaupt nicht nachdenken. Es geht ja nicht nur um Knut. Es geht um den Umgang des Menschen mit der ihm anvertrauten Kreatur.“ Sandra Dassler

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