zum Hauptinhalt
Die Bundesvorsitzende der Grünen Annalena Baerbock (l.) mit der Landeschefin der Partei Petra Budke in Eberswalde.

© dpa

Kleiner Parteitag der Brandenburger Grünen: Schüler sollen kostenlos Bahn fahren

Umfragen sehen die Brandenburger Grünen derzeit bei sieben Prozent. Die Partei will bei der Landtagswahl 2019 vor allem mit Verkehrsthemen punkten - und macht der SPD bei sozialen Fragen Konkurrenz.

Eberswalde-  Viel Grün bedeutet nicht automatisch viele grüne Wähler: In Brandenburg hatten es die Grünen nach der Wende gerade auf dem Land vergleichsweise schwer, zu überzeugen. Erst 2009 gelang mit dem Spitzenkandidaten Axel Vogel der Einzug in den Landtag. Zehn Jahre später, bei der Landtagswahl 2019, setzt die Ökopartei auf Themen, die nicht nur, aber vor allem in den ländlichen Regionen der Mark brisant sind: Verkehrsanbindung und Gesundheitsversorgung. Bei ihrem Kleinen Parteitag am Samstag in Eberswalde (Barnim)<TH>mit der Potsdamer Grünen-Bundesvorsitzenden  Annalena Baerbock und der Brandenburger Europaabgeordneten Ska Keller verabschiedeten die rund 60 Delegierten zwei Leitanträge, die die Marschrichtung für den Landtagswahlkampf vorgeben.

Jahrestickets für das VBB-Gebiet sollen günstiger werden

Die Grünen wollen Bus und Bahn attraktiver machen und das Konto der vielen Pendler schonen: Tickets im Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) müssten deutlich günstiger werden, heißt es im einstimmig angenommen Antrag. Jahrestickets für das VBB-Gebiet sollen ab einem Euro pro Tag erhältlich sein (sogenanntes 365-Euro-Ticket), Schüler und Azubis sollen kostenlos fahren. Derzeit kostet eine VBB-Umweltkarte Berlin ABC regulär 976 Euro. Zudem fordern die Grünen günstigere Tickets für Familien und Senioren, das Brandenburger Sozialticket für Bedürftige müsse auch in Berlin gelten. „Die Fahrgastzahlen sind deutlich gestiegen und werden weiter steigen“, sagte der Landesvorsitzende Clemens Rostock. Da genüge es nicht, Entwicklungen hinterher zu laufen. Die Grünen werfen der rot-roten Landesregierung vor, zu wenig in die Alternativen zum Auto zu investieren und Regionalisierungsmittel des Bundes zweckentfremdet zu haben. 2016 seinem vom Bund 481 Euro an Brandenburg gezahlt worden, davon seien lediglich knapp 325 Millionen in den Schienenpersonennahverkehr geflossen. Neben günstigeren Tickets fordert die Partei den Ausbau kreisübergreifender Buslinien und die Einführung einer dritten Zugart neben Regionalbahnen- und -Expressen, die Stadt- oder Metropolexpress heißen könnte: Sie soll im Berliner Umland an möglichst allen Haltepunkten, in Berlin dagegen nur an den Umsteigeknoten halten und damit im Umlandverkehr die Lücke zwischen S-Bahn und Regionalverkehr schließen. Die SPD-geführte Landesregierung müsse sich nicht wundern, dass sie bei 23 Prozent verharre, wenn sie Leute auf dem Bahnsteig stehenlasse, ergänzte die Landtagsabgeordnete Ursula Nonnemacher mit Blick auf den Entwurf zum Landesnahverkehrsplan. Protest von Bürgern gibt es wie berichtet in Wustermark (Havelland), weil die neue Linie RB 21 zwischen Potsdam und Spandau den dortigen Bahnhof nicht mehr ansteuern soll.

Gesundheitsprobleme bei Grundschülern festgestellt

Nicht nur beim Nahverkehr, auch bei der Gesundheitsversorgung und der Kinderbetreuung dürfe niemand abgehängt werden, forderte die Bundesvorsitzende der Grünen, Annalena Baerbock. Für den Pflegenotstand, den Ärzte- und den Kitaplatzmangel müssten schnell Lösungen gefunden werden, Themen wie Pflegeroboter dürften dabei kein Tabu sein. „Das Kind in der Kita kann nicht 20 Jahre warten, bis die Finanzierung von acht Stunden gesichert ist. Die Oma in der Uckermark kann nicht warten, bis in 20 Jahren endlich ein Bus fährt“, so Baerbock. Die Grünen seien auch „die Partei der Kinder und Familien“. Die Landesvorsitzende Petra Budke machte darauf aufmerksam, dass die Brandenburger überdurchschnittlich oft krank seien und sich gerade bei Kindern die sozialen Verhältnisse direkt auf die Gesundheit auswirkten. Bei den Schuleingangsuntersuchungen seien bei 42 Prozent der Brandenburger Kinder Fehlentwicklungen festgestellt worden. Der von Budke eingebrachte Leitantrag zur Gesundheitsversorgung wurde ebenfalls einstimmig angenommen.

Rostock: AfD labt sich an pubertär an Grenzüberschreitungen

Einig sind sich die Grünen auch darüber, dass man der erstarkenden AfD Inhalte entgegensetzten müsse. Es sei wichtig, dass die demokratischen Parteien wieder einen Diskurs führten, Streit sei nichts Negatives, so Baerbock. „Leute, ringt miteinander“, forderte die Grünen-Chefin. Eine AfD, „die sich pubertär an Grenzüberschreitungen labt“, sei kein Gesprächspartner, sagte Grünen-Landeschef Rostock. Die angekündigte Offenheit der CDU, bei einem Wahlsieg mit der AfD zumindest reden zu wollen, sei ein falsches Signal. „Die Kalbitz-AfD gehört vom Verfassungsschutz beobachtet und nicht auf die Regierungsbank“, so Rostock. Die Brandenburger AfD mit ihrem für einen stramm rechten Kurs stehenden Vorsitzenden Andreas Kalbitz war beim rbb-Sonntagstrend wie berichtet auf 22 Prozent gekommen – und lag damit nur knapp hinter CDU und SPD, die gleichauf auf 23 Prozent kamen. Den Grünen würden aktuell sieben Prozent der Wähler ihre Stimme geben – bei der Landtagswahl 2014 waren es 6,2 Prozent. Die seit 1990 in Brandenburg regierende SPD, früher laut Rostock „natürlicher Partner“ der Grünen, mache den Menschen kein Angebot mehr. Nicht nur bei Verkehrs- und Naturschutzthemen, sondern vor allem bei Sozialem wie Kita, Pflege und Hebammenversorgung überzeugten die Sozialdemokraten nicht.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false