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Brandenburg: Kindesmörder nach 18 Jahren gesucht

Nach dem Tod von Stefan Lamprecht 1995 fahndet die Polizei nach seinem Peiniger. Und hofft plötzlich auf neue Hinweise

Von Sandra Dassler

Berlin/Mittenwalde - Am 8. August 1995 machen Mitarbeiter der 50 Kilometer südlich von Berlin bei Mittenwalde gelegenen Mülldeponie Schöneicher Plan eine grausige Entdeckung: Beim Entladen eines aus Pankow-Heinersdorf kommenden Müllzuges finden sie die Leiche eines Jungen, die mit nichts als blauen Müllsäcken „bekleidet“ ist.

Bald ist klar, dass es sich bei dem toten Kind um den 13-jährigen Stefan Lamprecht handelt, der sechs Tage zuvor von seinem Vater in Prenzlauer Berg als vermisst gemeldet wurde. Der Junge ist Opfer eines Sexualverbrechens geworden, weist Verletzungen im Unterleib und mehrere Messerstiche am Körper auf.

Trotz intensiver Ermittlungen der Berliner Mordkommission wird Stefans Peiniger nie gefunden. Jetzt geht die Polizei noch einmal mit ermittlungstaktischem Wissen an die Öffentlichkeit. „Vielleicht erinnern sich Erwachsene, die damals noch Kinder waren, an Dinge, die sie bis jetzt nicht für wichtig hielten“, sagte eine Sprecherin. Deshalb sei man auch sehr ins Detail gegangen: Stefan Lamprecht war 1989 mit seiner Mutter noch vor der Wende aus der DDR ausgereist, lebte in Kiel, verbrachte aber die Sommerferien beim Vater in seiner Heimatstadt Berlin.

Auch 1995 wohnte er mit dem Vater bei der Großmutter in der Seelower Straße 2 in Prenzlauer Berg. Ende Juli ging Stefan mit einem gleichaltrigen Freund ins Freibad Pankow und übernachtete bei dessen Großeltern in der Sellinstraße 3 in Pankow. Dort vergaß er seine Badesachen, die er am 2. August 1995 abholen wollte. Gegen 16.15 Uhr verließ er die Sellinstraße, um zu seiner Oma zurückzukehren. Dabei wurde er das letzte Mal lebend gesehen. Seine Badesachen trug er in einer dünnen weißen Plastiktüte bei sich. Sein Vater meldete ihn am Abend als vermisst, aber alle Fahndungen blieben erfolglos. Niemand hatte offenbar den 1,54 Meter großen schlanken und blonden Jungen, der eine kurze verwaschene hellblaue Jeanshose, ein grünes ärmelloses T-Shirt und Sandalen trug, gesehen.

Dabei muss der Junge auf dem 2,5 Kilometer langen Heimweg von der Sellin- zur Seelower Straße auf seinen Mörder getroffen sein. Wobei niemand weiß, ob er gelaufen ist oder öffentliche Verkehrsmittel, wahrscheinlich die Straßenbahn, entlang der Schönhauser Allee beziehungsweise der Berliner Straße zwischen Pankow und Prenzlauer Berg genutzt hat.

Die Polizei geht von einem zufälligen Zusammentreffen aus, wobei der Täter die freundliche Art des Jungen ausgenutzt haben könnte. Vielleicht sei er über den Umstand, dass Stefan bereits geraucht hat, mit ihm ins Gespräch gekommen. Seltsam sei auch, dass bei der Obduktion des Jungen eine erhebliche Alkoholbeeinflussung festgestellt wurde, obwohl Stefan nie Alkohol trank.

Wahrscheinlich hatte der Täter sein Opfer längere Zeit in einem Raum, wo sie ungestört waren, in der Gewalt, konnte ihn dort aber nicht zurücklassen, weil man ihm auf die Spur gekommen wäre. Deshalb brachte er die Leiche des Jungen in einen Hausmüllcontainer, der wahrscheinlich in der Wohnumgebung Schönhauser Allee/Berliner Straße stand. Möglicherweise lag sie zuvor noch in einem Kohlekeller – am Körper des toten Kindes fanden sich Braunkohlerückstände.

Die Polizei geht von sadistischen Tendenzen bei dem Täter aus, der wahrscheinlich in Berlin lebt(e). Zwar wurde Jahre später bekannt, dass ein pädophil veranlagter Mann zu Stefan in seiner Heimatstadt Kiel Kontakt gesucht hatte, aber eine Spur ergab sich bis heute nicht.

Die Eltern von Stefan Lamprecht wurden von der Polizei darüber informiert, dass der Fall noch einmal in der Öffentlichkeit aufgerollt wird. Es sei zwar sehr schwer für sie zu ertragen, hieß es in Ermittlerkreisen. Sie seien aber auch daran interessiert, dass der Mörder ihres Kindes nicht ungestraft davonkommt. Sandra Dassler

Hinweise unter Tel. 030 – 466 4911 902 oder bei jeder Polizeidienststelle.

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