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Die dampfenden Kühltürme des Braunkohlekraftwerkes Jänschwalde.

© Patrick Pleul/dpa

Kenia-Verhandlungen: Verständigung zum Kohleausstieg: Keine neuen Tagebaue in der Lausitz

Zwischen SPD, CDU und Grünen hakte es am Mittwoch bei den  Gesprächen um Kohleausstieg und Windkraft. Die Verhandlungen zogen sich länger hin als geplant. 

Potsdam – Wirtschafts- und Energieminister Jörg Steinbach (SPD) schlendert am Mittwochmorgen entspannt durch das Potsdamer Kongresshotel. Es werden keine leichten Verhandlungen werden: Energiepolitik und damit die Zukunft der Lausitz stehen an diesem Tag auf der Agenda der Kenia-Verhandlungen in Brandenburg. Die Grünen haben im Vorfeld erklärt, wo ihre rote Linie ist: Keine neuen Tagebaue in der Lausitz. Trotzdem wirkt Steinbach vor den Verhandlungen entspannt. Denn wenig später versendet sein Ministerium passend zum Tag eine Erfolgsmeldung: Die Japaner kommen. 

Steinbach: Die Lausitz zukunftsfest machen 

Der japanische Konzern Fuji Oil errichtet in Golßen (Dahme-Spreewald) eine Produktionsanlage für Nahrungsergänzungsmittel. Konkret sollen dort sogenannte Polysaccharide hergestellt werden. Steinach hatte den Fördermittelbescheid in Höhe von 1,35 Millionen Euro am Mittwoch vor den Verhandlungen in Potsdam vor Ort in Golßen übergeben. Einen schönen Ansiedlungserfolg nennt er die Investition. Sie sei ein Beleg dafür, „dass die Lausitz ein attraktiver Standort für internationale Investitionen ist“. Die Ansiedlung biete der Lausitz eine Perspektive über die Kohle hinaus und „trägt somit dazu bei, den Standort zukunftsfest zu machen“, sagt Steinbach in der Mitteilung.

Statement am Nachmittag fällt aus 

Perspektiven, Erfolgsmeldungen – die werden gebraucht, bevor es im Kongresshotel zur Sache geht. Denn beim Thema Lausitz und Energiewirtschaft wird hart verhandelt. Wie schon am Montag, als Landwirtschaft und Artenschutz auf dem Programm standen, ziehen sich die Verhandlungen am Mittwoch hin. Ein für den Nachmittag angekündigtes Statement wird abgesagt, auf den Abend verschoben. Man ist noch nicht so weit. Die künftigen Kenia-Koalitionäre steuern bei den Themen, bei denen die Grünen andere Positionen vertreten als CDU und SPD, am Nachmittag auf eine ernsthafte zwischenparteiliche Klimakrise zu. 

Zu Beginn optimistisch 

Dabei startet am Morgen nicht nur Steinbach voller Energie in die Verhandlungen. Um 10.30 Uhr, bevor die große Runde zusammenkommt, geben sich die Verhandlungsführer noch sehr zuversichtlich. „Wir werden heute ein großes Pensum abzuarbeiten haben“, sagt Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD). Auf 22 Seiten seien die Punkte von einer Arbeitsgruppe erfasst und vorbereitet worden, die nun diskutiert werden müssten. Bei einem großen Teil gebe es bereits Übereinstimmung bei der Zielsetzung. „Nicht immer gibt es aber Übereinstimmung, was die Schritte zur Zielsetzung sind“, sagte Woidke. Er sei optimistisch, dass noch offene Dinge geklärt werden können.

Es seien ganz entscheidende Verhandlungen, die nun geführt würden, sagt Grünen-Fraktionschefin Ursula Nonnemacher. „Es geht um zentrale und für uns Grüne wichtige Themen.“ Die zentrale Forderung bleibe: keine neuen Tagebaue im Land – und der Ausbau erneuerbarer Energien. Sie erwarte intensive und langwierige Verhandlungen, erklärt Nonnemacher am Vormittag. „Ich bin aber optimistisch.“

Er habe sich am Vortag schlecht gefühlt, weil es ein Tag ohne Verhandlungen gewesen sei, sagt der kommissarische CDU-Landeschef Michael Stübgen. Er habe wohl schon Entzugserscheinungen gehabt. „Ich glaube, wir haben eine gute Chance und eine gute Vorlage mit dem Papier“, betont er dann. Er sei optimistisch, die Themen Wirtschaft und Infrastruktur an diesem Tag abschließen zu können.

Aber dann dauert es, knirscht es. Lange wird dem Vernehmen nach über die Themen Kohleausstieg und Windkraft gerungen. Die Grünen, heißt es, hätten Wert auf bestimmte Formulierungen, Details gelegt. Zwischendurch wird in kleiner Runde gesprochen, gegen 16 Uhr zeichnet sich eine Einigung ab – die dennoch kaum über den Stand des Sondierungspapiers hinausgehen soll: Die Kenia-Allianz verweist auf das Ergebnis der Kohlekommission. „Dieses sieht den Ausstieg aus der Kohleverstromung bis Ende des Jahres 2038 vor. Wenn die Rahmenbedingungen entsprechend sind, auch schon 2035.“ Und: „Dementsprechend wird es auch keine neuen Tagebaue, keine Tagebauerweiterung und keine Umsiedlung von Dörfern mehr geben.“ So steht es im Sondierungspapier und so dürfte es dann auch im Koalitionsvertrag stehen, der Ende kommender Woche fertig sein soll. Die Proschim-Klausel also, die den Grünen heilig war, sie hätte demnach Bestand: Das Dorf in der Lausitz wird nicht abgebaggert. 

1000 Meter Abstand zwischen Windrad und Wohngebiet 

Aber was soll kommen, wenn die Kohle geht und die Windkraft in Brandenburg bei Anwohnern immer wieder auf Widerstand stößt? Auch hierüber wird am Mittwoch gestritten. In den Koalitionsverhandlungen werden „die Empfehlungen für Mindestabstände überprüft“ – hieß es im Sondierungspapier. Das Ergebnis sieht nun dem Vernehmen nach so aus: Für neue Windkraftanlagen soll demnach ein Mindestabstand von 1000 Metern zu Wohngebieten gelten – das war Wunsch der Grünen. Für besonders betroffene Gebiete soll geprüft werden können, ob auch 1500 Meter möglich sind. Diesen Abstand hatten SPD und CDU favorisiert. Aber: Derzeit ist noch ein Bundesgesetz zu Abstandsregelungen in Arbeit. Das will man offenbar noch abwarten.

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