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Brandenburg: „Keinen Sachverstand“

Andreas Müller über seine Kritiker

Andreas Müller über seine Kritiker Der stellvertretende Landeschef der CDU, Sven Petke, fordert Ihre „Amtsenthebung“. Werden Sie den Dienst quittieren? Ich denke gar nicht dran, zu gehen. Und es wird auch keine Amtsenthebung geben. Herr Petke scheint das demokratische Prinzip der Gewaltenteilung nicht verstanden zu haben. Die Unabhängigkeit der Richter ist ein hohes Gut. Wir wissen – nicht zuletzt dank der Erfahrungen aus zwei deutschen Diktaturen – wohin es führt, wenn Richter von Politikern oder Parteien gegängelt werden. Die brandenburgischen Richterverbände haben sich hinter Sie gestellt, die Justizministerin nicht. Über die Unterstützung meiner Berufskollegen habe ich mich natürlich gefreut. Frau Ministerin denkt wahl- und parteipolitisch, nicht jedoch aufgabengemäß. Sie hätte auf die Wahrung der richterlichen Unabhängigkeit zu achten. Verletzt Sie die Kritik an ihrem permanenten Engagement für eine Legalisierung von Cannabis? Nein. Sie verwundert mich nur. Schließlich haben Parteien wie die Grünen, FDP und PDS die Legalisierung weicher Drogen beziehungsweise die Liberalisierung in ihre Parteiprogramme aufgenommen. Und Otto Schily hat 1996 einen Gesetzentwurf für die SPD vorgelegt, nach dem der Besitz von bis zu sechs Gramm Cannabis nicht mehr verfolgt werden sollte. Herr Petke gehört der CDU an – insofern hat er damit nichts zu tun. Aber auch Herr Petke sollte wissen, dass ein Gericht laut Artikel 100 des Grundgesetzes nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet ist, ein Gesetz, das es für verfassungswidrig hält, durch das Bundesverfassungsgericht überprüfen zu lassen. Herr Petke hat offensichtlich keinen Sachverstand. Darüber hinaus sollte er mehr präventiv statt repressiv denken. Ich habe nichts dagegen, wenn ich als Richter kritisiert werde. Mich aber in den Bereich eines Rechtsbeugers und somit Verbrechers zu rücken, halte ich für überzogen. Damit dürfte Herr Petke die strafrechtliche Grenze überschritten haben. Wollen Sie ihn verklagen? Möglicherweise. Ich behalte mir eine Prüfung vor und werde darüber in den nächsten Wochen entscheiden. Werden Sie auch einen neuen Versuch in Karlsruhe starten? Zunächst einmal halte ich mich natürlich an die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, das ist selbstverständlich. Sollte es neue Studien über die Ungleichbehandlung der strafrechtlichen Verfolgung des Besitzes von geringen Menschen Haschisch geben, könnte das Amtsgericht Bernau einen neuen Vorstoß in Karlsruhe wagen. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass der Bundesgesetzgeber für alle Länder verbindliche Regelungen aufstellen sollte. Die Ungleichbehandlung regt Sie am meisten auf? Soll ich es etwa gut heißen, wenn der Besitz von 0,5 Gramm Haschisch in Brandenburg eine nächtliche Hausdurchsuchung nach sich zieht, während wenige Kilometer entfernt – in Berlin – selbst 30 Gramm Haschisch unverfolgt bleiben? Bei den Bundestagswahlen vor zwei Jahren haben Sie für die PDS kandidiert. Würden Sie es wieder tun? Man soll nie „nie“ sagen. Das Gespräch führte Sandra Dassler.

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