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Brandenburg: Kein Schiff darf kommen

Schon lange fahren Motorboote auf Kanälen in Ketzin. Jetzt wurde das verboten und Anlieger protestieren – natürlich auf dem Wasser

Von Sandra Dassler

Ketzin - „Ich wohne hier seit vielen Jahren“, sagt Wolfgang Krause: „Aber nie hat jemand gesagt, dass die Kanäle nicht mit Motorbooten befahren werden dürfen. Wenn Sie mich fragen – die von der Unteren Wasserbehörde wollen nur über Sondergenehmigungen Geld kassieren. Deshalb habe ich auch schon viele Unterschriften gesammelt.“

Wolfgang Krause gehört zu den mehr als 600 Anliegern verschiedener Siedlungen am sogenannten Brückenkopf in Ketzin an der Havel. „Vor mehr als 100 Jahren wurden hier riesige Tonvorkommen entdeckt, viele Ziegeleien entstanden, die vor allem für die Hauptstadt produzierten“, erzählt er. „Weil die Steine auf der Havel und künstlichen Kanälen transportiert wurden, sagt man auch immer, dass Berlin aus dem Kahn gebaut ist.“

Die Ziegeleien gibt es längst nicht mehr. An der Havel, den ehemaligen Tongruben und den Kanälen entstanden im Laufe der Zeit Wohn- und Wochenendgrundstücke. Immer sei man mit Motorbooten gefahren, sagt Krause. Jetzt aber habe die Stadt urplötzlich Schilder aufgestellt, wonach die Kanäle nicht mehr mit Motorbooten befahren werden dürfen.

Die Empörung bei den Siedlern, darunter viele Berliner und Potsdamer, ist groß. Die Schilder sind unter anderem am sogenannten Ziegeleikanal aufgestellt, durch den viele Anlieger müssen, um zu ihren Anwesen zu kommen. Eine Bürgerinitiative hat sich gegründet, die für Sonnabend zu einem Protest-Bootskorso aufgerufen hat. Mit Jetskis, Seglern, Paddlern und allem, was schwimmt, wolle man zur Stadt Ketzin fahren, die vor einigen Wochen die umstrittenen Schilder aufgestellt hat.

„Wir mussten das tun, weil wir im Bereich der uns gehörenden Gewässer für die Verkehrssicherheit verantwortlich sind“, erklärt Ketzins Bürgermeister Bernd Lück (FDP). Weil viele Stege uralt und brüchig seien, habe die Stadt ein sogenanntes Steg-Konzept für ihre eigenen Grundstücke „Schleiloch“ und „Ziegeleikanal“ erarbeitet. Daraufhin habe die Untere Wasserbehörde die Stadt aufgefordert, die Schilder aufzustellen. „Allerdings war der gesamte Ortsbereich Brückenkopf mit Hunderten Grundstücken und Anlegestellen bereits Anfang der 90er-Jahre nicht in die Liste der schiffbaren Gewässer Brandenburgs aufgenommen worden“, sagt Lück: „Das dadurch entstandene Verbot von Motorbooten hat aber nie einen interessiert, und es ist auch weder vom Land noch vom Landkreis jemals durchgesetzt worden.“

Der Ketziner Bürgermeister fühlt sich als Buhmann, dabei habe er doch nur das Problem mit den morschen Stegen lösen wollen. Außerdem befänden sich viele Grundstücke im Landschaftsschutzgebiet. „Es war sicher etwas unglücklich, dass wir über das Verbot erst kurz nach dem Aufstellen der Schilder im Amtsblatt informiert haben“, sagt er: „Aber die auf unseren Grundstücken betroffenen Vereinsmitglieder wurden schon im vergangenen Jahr benachrichtigt.“

Beim Landkreis Havelland wollte man sich am Mittwoch auf Anfrage nicht zu den Vorgängen in Ketzin äußern. Bürgermeister Lück erwartet von dort wenig Hilfe. Deshalb will er mit Vertretern der Bürgerinitiative ins Gespräch kommen und bemüht sich um eine Zwischenlösung, denn grundsätzlich gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder werden die Gewässerflächen vom Wasser- und Schifffahrtsamt als schiffbar gewidmet oder die Untere Wasserbehörde muss Anträge auf Befreiung vom Befahrungsverbot prüfen.

Dass durch das Verbot die Umwelt geschont würde, sehen viele Anlieger nicht ein: „Da sollen die lieber erst mal die nahe gelegene Deponie schließen, in die immer noch Müll aus Berlin geliefert wird“, sagt Wolfgang Krause. Sandra Dassler

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