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Kalbitz unter Druck: Rechtsextremismus in der AfD: Alles nur Einzelaktionen?

Fraktionschef Kalbitz gerät wegen eines Mitarbeiters mit Kontakten zu Identitären unter Druck. Er selbst spricht von "Einzelaktionen". Kritiker fragen sich längst, wie weit rechts die AfD in Brandenburg wirklich steht.

Potsdam - Die Pressekonferenz der AfD-Fraktion im Landtag Brandenburg war gerade vorbei, schon stand Andreas Kalbitz wieder vor den Kameras. Fragen über Fragen. Wegen eines neues Mitarbeiters seiner Fraktion. Immerhin ist Kai Laubach Grundsatzreferent, ein entscheidender Posten. Einer, der – wie Kalbitz es sagt – nur an einzelnen Aktionen der Identitären Bewegung“, kurz IB, teilgenommen hat. Die PNN hatten die Personalie enthüllt. Und sie überlagerte, neben dem baldigen Prozess gegen den AfD-Abgeordneten Jan-Ulrich Weiß vor dem Landgericht Neuruppin wegen Steuerhinterziehung in Millionenhöhe mit Zigarettenschmuggel, am Dienstag das übliche Geschäft vor der Plenarsitzung im Landtag. Wie berichtet war Laubach vor Kurzem noch kooptiertes Vorstandsmitglied bei der Jungen Alternative (JA) in Berlin. Und er wird der Identitären Bewegung zugerechnet, die vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuft und beobachtet wird.

Die AfD im Bund hat sich klare Abgrenzung gegenüber den Identitären per Beschluss verordnet. Der gelte, sagte Kalbitz. Eine Mitgliedschaft bei den „Identitären“ sei im Übrigen unvereinbar mit Parteigrundsätzen, das sei Laubach klipp und klar deutlich gemacht worden. „Ich sehe nicht, dass Laubach dem zuwiderläuft“, sagte Kalbitz. Laubach habe sich ja auch nur an besagten Einzelaktionen beteiligt. Zudem stehe Laubach zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Selbst wenn Laubach zeitweise den Identitären nahe gestanden habe, „wäre es eine Verirrung, die ich jedem zugestehe“. Eine Teilnahme an Einzelaktionen der IB sei zwar fragwürdig, töricht, aber er glaube Laubach, dass er nicht IB-Mitglied sei.

Doppelrolle zwischen AfD und Identitären?

Daran hegen die Vertreter der anderen Fraktionen Zweifel. Im Sommer 2016 trat er in einem Mobilisierungsvideo der Identitären zu ihrer Groß-Demonstration in Berlin auf – als einer von zwei Rednern. Der „Störungsmelder“ von „Zeit online“ attestierte Laubach im Mai noch, er versuche, „eine Art Doppelrolle zwischen AfD und Identitären wahrzunehmen“. Und: Er liefert zur Ideologie der Identitären die „identitäre“ Mode. Unter Laubachs Namen laufen zwei Label, darunter „Culture Élitaire“, vor allem aber ist es die Marke „Deutsches Gewand“, die die Idee der Identitären aufgreift und für sich wirbt mit dem Spruch: „Der Schönheit der Deutschen gewidmet. Mach Deutschland wieder hip.“ Entworfen sei das Gewand von einem „langjährigen und vielseitig engagierten Aktivisten aus Berlin“. Auf T-Shirts taucht immer wieder das Wort „Reconquista“ auf – der Kampfbegriff der Identitären. Gemeint sind die Rückeroberung des Kulturraumes und die Zurückdrängung des Islams. Auf der Facebookseite des Labels verbreitete Laubach Videos von Identitären-Demonstrationen. Er war im Mai auf einer Party der Berliner Identitären mit AfD-Politikerin am Burschenschaftshaus der Gothia in Berlin-Zehlendorf dabei.

Alles vorbei also? Einzelne Aktionen nur? Kalbitz selbst schrieb einst für rechtsextreme Publikationen, war bei den vom Verfassungsschutz beobachteten Republikanern. Er leitete einen von Nazis, SS-Offizieren und NPD-Funktionären gegründeten Kulturverein, erst als das publik wurde, legte er den Vorsitz nieder. Auch beschäftigte er als Abgeordneter ein früheres Mitglied der NPD als Mitarbeiter, warf ihn erst nach Medienberichten raus. Im Landesvorstand des Parteinachwuchses JA ist er weiter Beisitzer, ebenso wie Jean-Pascal Hohm, einst JA-Landeschef. Er verlor seinen Fraktionsjob nach einem gemeinsamen Auftritt mit IB-Regionalchef Robert Timm. Und beim Verfassungsschutz heißt es ganz klar: Einzelne Akteure und Sympathisanten der Identitären Bewegung seien in der Jungen Alternative. Franz Dusatko, Vize-Landeschef beim Parteinachwuchs „Junge Alternative“ saß vor einem Jahr bei 30 Identitären, die das Konrad-Adenauer-Haus, die CDU-Zentrale, blockierten.

AfD „nach rechts nicht ganz dicht“

SPD-Fraktionschef Mike Bischoff nannte es ein Unding, dass ein Mitarbeiter der AfD-Fraktion so in rechten Gefilden fische. Die SPD überrasche bei der AfD überhaupt nichts mehr. Linke-Fraktionschef Christoffers befand, die AfD habe sich immer wieder von Rechtsextremen in ihren eigenen Reihen distanziert. Diese Abgrenzung gebe es offenbar nicht mehr, es sei nach dem jüngsten Bundesparteitag wohl zu einer deutlichen politischen Verschiebung gekommen. „Diese Auseinandersetzungen werden sich zuspitzen“, sagte Christoffers. Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Jan Redmann, sprach von einer Tendenz, dass die AfD bei der Auswahl ihres Personals wenig wählerisch sei und Tätigkeiten für rechtsextremistische Organisationen kein Ausschlussgrund seien. Es gebe keine Abgrenzung, die AfD sei „nach rechts nicht ganz dicht“, das habe sich erneut bestätigt. Wenn jemand wie Laubach an Aktionen der Identitären teilgenommen habe, spreche das für gewisse Sympathien für diese Bewegung. Dass Kalbitz damit kein Problem habe, sei merkwürdig, spreche gegen ihn und die AfD. 

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