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Brandenburg: Kakerlaken, Fliegen, eklige Gerüche – „uns stinkt“s hier schon lange“

Die Anwohner des Recyclinghofs hoffen, dass der Brand ihre Probleme löst

Von Sandra Dassler

Die Anwohner des Recyclinghofs hoffen, dass der Brand ihre Probleme löst Bernau - Seit Freitagnacht brennt es in Bernau, in Berlin stinkt es entsetzlich – aber direkt neben der in Flammen stehenden Müllkippe wird gejubelt. Die Anwohner vom Ortsteil Gieses Plan sitzen vor ihren meist neuen Eigenheimen in liebevoll angelegten Gärten, trinken Kaffee oder Bier oder Sekt und freuen sich diebisch über die riesige Rauchwolke vor ihnen. „Kakerlaken, Fliegenplage und unerträgliche Gerüche – uns stinkt“s hier schon lange“, sagt Frank Scheffler. Seine Frau Heike nickt heftig und zeigt auf die Klebestreifen an Türen und Fenstern. Die sollen verhindern, dass die vom Recyclinghof anrückenden Küchenschaben den Bungalow gänzlich erobern. 1996 haben sich die Schefflers das Grundstück in Gieses Plan gekauft. Sie wohnen in Berlin-Hohenschönhausen, und wenigstens am Wochenende wollen sie raus ins Grüne: frische Landluft atmen und abends am Grill sitzen. Sie haben es genossen – bis vor ein paar Jahren der Recyclinghof den Betrieb aufnahm. „Die haben erzählt, dass sie nur Bauschutt lagern, aber es stank bestialisch nach verfaultem Bioabfall“ erzählt Heike Scheffler: „Wie Mülltonnen im Sommer.“ Dabei mussten die Schefflers den Gestank nur am Wochenende ertragen, ihre Nachbarn Tag für Tag. Dirk Heinze und seine Frau Astrid haben sich 1996 ein Eigenheim in Gieses Plan gebaut, mit ihren Kindern lebten sie hier glücklich, bis der Gestank begann. „Wir haben das Ordnungsamt informiert, die Gesundheitsbehörden – es hat sich nichts getan“, sagt Heinze. Immer sei behauptet worden, das alles mit rechten Dingen zugehe. Erst als Mai dieses Jahres nach einer Fliegenplage die Kakerlakeninvasion im Gieses Plan begann und alle Zeitungen darüber berichteten, habe es Reaktionen gegeben. „Dann musste die Betreiberin des Recyclinghofs zugeben, dass sie keineswegs nur Bauschutt einlagert.“ Die Stadt habe Wälle gebaut mit Rohrfallen, um die Schaben aufzuhalten. Genutzt hat es nichts, sagt Heinze und zeigt das Glas mit den jüngst gefangenen Kakerlaken. Landkreis-Sprecher Christian Trill relativiert die Vorwürfe der Anwohner: Die Betreiberin habe auch eine Genehmigung für Gewerbemischabfälle. Das sind beispielsweise Kartons aus Wochenmärkten, in denen Obst oder andere Lebensmittel transportiert werden. Lediglich die Mengen seien zu groß gewesen, deshalb gäbe es inzwischen Auflagen. „Ich kann die Anwohner verstehen, doch hier geht es auch um 70 Arbeitsplätze“, sagt Trill. Die Leute im Gieses Plan interessiert momentan eher die Brandursache. Und die Frage, wie die Kakerlaken auf das Feuer reagieren. Sie hoffen, dass der Brand alle ihre Probleme löst. Und sind ansonsten ziemlich glücklich. Denn nur 20 Tage im Jahr, erzählen sie, stinke es in Gieses Plan nicht. Immer dann, wenn der Wind aus Norden kommt. Und das ist ausgerechnet jetzt der Fall, seit Ausbruch des Feuers. Und so genießen die Anwohner endlich auch einmal gute Luft. Jedenfalls so lange, bis der Wind sich wieder dreht. Sandra Dassler

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