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Justizressort spart sich zentrale Diagnosestelle: Schöneburgs Erbe bleibt links liegen

Potsdam - Brandenburgs früherem Justizminister Volkmar Schöneburg (Linke) war es sichtbar peinlich. Da hatte die CDU-Fraktion eine große Anfrage zum Zustand des Justizvollzugs gestellt.

Potsdam - Brandenburgs früherem Justizminister Volkmar Schöneburg (Linke) war es sichtbar peinlich. Da hatte die CDU-Fraktion eine große Anfrage zum Zustand des Justizvollzugs gestellt. Und bei der Debatte dazu in der jüngsten Plenarsitzung des Landtags konnte CDU-Rechtsexperte Danny Eichelbaum der rot-roten Koalition genüsslich vorhalten, dass sie ihre eigenen Gesetze nicht einhält – wegen Personalmangel. Konkret geht es um das Strafvollzugsgesetz. Es ist Schöneburgs politisches Erbe. Sein Ziel war der liberalste und modernste Strafvollzug. Das 2013 beschlossene Gesetz sieht längere Besuchszeiten, eine intensivere Betreuung, sozialtherapeutische Angebote und eine bessere Unterstützung bei der Wiedereingliederung nach der Haftentlassung vor. Für die Linke war es ein Prestigeprojekt. Es sollte zeigen: So geht linke Justizpolitik. Doch der seit dem Frühjahr amtierende Justizminister, Schöneburgs Genosse Stefan Ludwig, verteidigte in seiner Rede die Zustände damit, dass die Bürger in Brandenburg vor zu Haft verurteilten Straftätern sicher seien. Da verließ Schöneburg den Plenarsaal.

Faktisch bleibt nichts mehr vom hehren Anspruch an einen modernen Strafvollzug übrig. Ludwig scheiterte beim Versuch, im Haushalt mehr Stellen durchzudrücken. Denn der Bedarf an Personal steigt durch die höheren Anforderungen des Gesetzes. Doch stattdessen wird in Brandenburg genau daran gespart. Statt der ohnehin knapp bemessenen Bedarfsrechnung von 1010 Beamten für den Vollzug sieht der Haushaltsentwurf bisher einen Abbau auf 922 Stellen bis Ende 2018 vor. In der Praxis macht sich die Misere bei der Umsetzung des auf Behandlung und Sozialisierung ausgerichteten Strafvollzugsgesetz an einer Stelle besonders deutlich. Die bereits 2011 unter Schöneburg geschaffene Zentrale Abteilung für Diagnostik in der Justizvollzugsanstalt Brandenburg/Havel steht vor dem Aus. Das Justizministerium bestätigte am Wochenende einen entsprechenden Bericht der „Märkische Allgemeine“.

Die Zentrale Abteilung für Diagnostik betreut landesweit zu langen Strafen Verurteilte bei Antritt der Haft. Dort werden individuelle Vollzugspläne erstellt, die Häftlinge erst dann je nach Betreuungsbedarf auf die einzelnen Haftanstalten verteilt. Damit sollte die Behandlung der Straftäter professioneller aufgestellt werden, um Rückfälle zu vermeiden und die Integration in die Gesellschaft nach Verbüßung der Haft zu verbessern.

Zwar steht im Gesetz auch, dass das Diagnoseverfahren wissenschaftlichen Erkenntnissen genügen müsse. Doch davon kann nun keine Rede mehr sein. Das mehrfach verlängerte Projekt sei Ende September beendet worden, sagte Maria Strauß, Sprecherin des Justizministeriums. Jetzt werden die Häftlinge beim Strafantritt gleich auf die Haftanstalten verteilt. Laut Ministeriumssprecherin werde die Abteilung nicht geschlossen, es werde nur das Projekt ausgewertet. Wohl zum Jahreswechsel werde entschieden, ob und wie es weiterlaufe. Angesichts der vereinbarten Evaluierung der Personalbedarfe müssten alle Bereiche geprüft werden. Dabei ist die Evaluation längst beendet, der Bedarf berechnet. Im Vollzug glaubt niemand mehr, dass die Einrichtung wieder öffnet.

Für CDU-Rechtsexperte ist die Sache klar: Rot-Rot spart den Strafvollzug kaputt, Justizminister Ludwig lässt die Justiz mit ihren Problemen im Stich. axf

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