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Justizminister unter Druck: Schöneburg-Affäre wird Problem für Markov

Die Affäre um Ex-Justizminister Volkmar Schöneburg (Linke) wegen Einflussnahme und Begünstigung zugunsten zweier Ex-Mandanten und Sexualverbrecher wird nun auch zum Problem für Schöneburgs Amtsnachfolger Helmuth Markov (Linke).

Potsdam - Wie aus Unterlagen des Justizministeriums hervorgeht, war Markov spätestens im Februar umfassend von seinem Haus über die Affäre in Kenntnis gesetzt worden, hielt dem Rechtsausschuss des Landtags aber die wesentlichen Erkenntnisse dazu vor. Darunter ist die in mehreren Punkten eindeutige Stellungnahme der Fachabteilung des Ministeriums, die den Aussagen von Justizstaatssekretär Ronald Pienkny vor dem Ausschuss widerspricht. Markov dagegen hatte mehrfach seinen Staatssekretär gegen den Vorwurf in Schutz genommen, dieser habe dem Ausschuss nach Schöneburgs Rücktritt nicht die volle Wahrheit gesagt. Vielmehr hatte sich Markov am 20. Februar vor dem Rechtsausschuss mit der Aussage festgelegt, Pienkny habe im Ausschuss „keine Falschaussage getätigt, nehmen Sie das zu Protokoll“.

Tatsächlich widersprach die Fachabteilung des Ministeriums in einem Vermerk für Markov in Vorbereitung auf die Rechtsausschusssitzung im Februar den Aussagen Pienknys vehement. Markov aber korrigierte vor dem Ausschuss lediglich eine zuvor im Januar und Dezember von Pienkny verschwiegene Haftraumkontrolle, bei der belastende Funde gemacht wurden – darunter auch jugendpornografisches Material. Zu den anderen, von der Fachabteilung penibel aufgelisteten Punkten, in denen die Ministerialbeamten mehrere PNN-Berichte zu der Affäre bestätigen und Pienknys Darstellung vor dem Parlament im Dezember und Januar klar widerlegen, schwieg Markov aber.

Pienkny hatte vor dem Ausschuss erklärt, bei den bei Schöneburgs Ex-Mandanten gefundenen Tabletten handle es sich ausnahmslos um Medikamente, die dem Gefangenen verschrieben worden seien. Was Pienkny und auch Markov nicht sagten, aber was Markov von der Fachabteilung aufgeschrieben wurde, ist die Feststellung des Haftanstaltsarztes, dass die Menge der Tabletten auffällig sei und die gefundene Originalverpackung nicht in der JVA Brandenburg/Havel ausgereicht werde.

Der Staatssekretär hatte zudem erklärt, dass Schöneburgs Ex-Mandanten keine Mitgefangenen bedroht hätten. Die Anstaltsleitung aber hatte die von Pienkny und Schöneburg im Dezember gestoppte Verlegung eines der beiden Sexualverbrecher mit der Bedrohungssituation von Mitgefangenen gegenüber dem Staatssekretär offiziell begründet. Die Ministerialbeamten schrieben Markov auf, dass Pienknys Aussage, es hätte keine Bedrohungssituation gegeben, „aus Sicht von Abteilung II nicht zutreffend“ sei. Zudem heißt es in dem Schreiben, Mitgefangene seien erpresst und zu Einkäufen genötigt worden.

Zudem widerspricht die Abteilung im Fall der beiden Gefangenen Pienknys Aussage, es habe keine Begünstigung oder Sonderbehandlung von Inhaftierten gegeben. Der Fall sei „im Vergleich zu anderen Gefangenen im Laufe der Jahre“ im Ministerium „durchaus in besonderer Weise präsent“ gewesen, stellten die Ministerialbeamten fest.

Die Ministeriumsmitarbeiter bezweifeln auch Pienknys Aussage vor dem Ausschuss im Januar, er habe von Telefonanrufen der Ex-Mandanten auf Schöneburgs Handy nichts gewusst und vieles erst aus der Presse erfahren. Laut Fachabteilung hat der inzwischen strafversetzte Anstaltsleiter Herrmann Wachter den Staatssekretär bereits vor der Ausschusssitzung schriftlich informiert, wann und wie er Schöneburg auf das Problem aufmerksam gemacht habe.

Wie berichtet hatte Ex-Minister Schöneburg die beiden Männer, Detlef W. und René N., die im Knast wegen ihrer langen Beine und Hochwasserhosen den Spitzennamen „Störche“ trugen. von 2001 bis 2006 als Anwalt vertreten. Sie hatten 1999 eine 13-Jährige entführt und brutal vergewaltigt. Weil er eine von der Anstaltsleitung angeordnete Sicherheitsverlegung seiner Ex-Mandanten gegen den Rat der Fachleute im Ministerium persönlich stoppte, trat Schöneburg im Dezember zurück.

Bei der Durchsuchung der Hafträume der beiden Schwerstverbrecher am 13. Dezember vergangenen Jahres stießen die Vollzugsbeamten auf – angesichts des Strafregisters – verstörendes Material. Darunter waren Nacktbilder von Minderjährigen. In dem Vermerk des Justizministeriums heißt es zu Razzia bei N.: „Weiterhin wurden in einem Ordner mehrere, mit Verteidigerpost gekennzeichnete Umschläge mit Fotos von jungen Frauen und Mädchen, teils bekleidet, teils nackt aufgefunden. Dem Augenschein nach waren einige dieser Mädchen minderjährig.“ Gegen N. war bereits in Haft wegen des Verdachts ermittelt worden, er habe sich jugendpornografisches Material verschafft. Ob das gefundene Material strafrechtlich relevant ist, bleibt unklar. Die Staatsanwaltschaft Potsdam wollte dies nicht kommentieren. Ein Behördensprecher begründete dies auf PNN-Anfrage mit den laufenden Ermittlungen gegen W. und N. wegen des Verdachts auf Nötigung von Mitgefangenen.

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