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Brandenburg: Justizminister korrigiert Zahl stasi-belasteter Mitarbeiter nach oben

Im März gab das Justizministerium 82 Fälle bekannt. Nach "intensiven Recherchen" hat sich die Zahl der Fälle fast verdoppelt. Justizminister Schöneburg lehnt dennoch neue Überprüfung ab

Potsdam. In der Brandenburger Justiz sind mehr Mitarbeiter mit Stasi-Vergangenheit beschäftigt als bisher bekannt. Bei intensiven Recherchen seien jetzt insgesamt 152 Fälle ermittelt worden, sagte Justizminister Volkmar Schöneburg (Linke) am Mittwoch in Potsdam. Der Minister korrigierte damit Angaben von Anfang März erheblich nach oben. Damals hatte er von 82 stasi-belasteten Mitarbeitern gesprochen.

Die Diskrepanz erklärte Schöneburg damit, dass ihm bei der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage Anfang März nur veraltete und offenbar nicht korrekt geführte Listen aus der Zeit der rot-schwarzen Landesregierung vorgelegen hätten. Nachdem in der Enquetekommission zur Aufarbeitung der Nachwendezeit in Brandenburg von 315 stasi-belasteten Mitarbeitern in der Justiz die Rede gewesen sei, habe er eine Überprüfung aller vorhandenen Akten angeordnet, sagte Schöneburg.

Zu den Mitarbeitern mit Stasi-Hintergrund gehören laut Schöneburg 13 Richter und ein Staatsanwalt. Im März war lediglich von drei Richtern die Rede gewesen. Bei allen Betroffenen seien die Hinweise auf eine Stasi-Tätigkeit bei der Übernahme in den Landesdienst bekanntgewesen, betonte der Minister. Die Wahlausschüsse hätten die Richter und Staatsanwälte berufen, weil ihre Belastung als gering eingeschätzt worden sei. Neun der Richter hätten lediglich ihren Wehrdienst in einem Wachregeriment des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR geleistet, darüber hinaus gebe es keine Hinweise auf eine informelle Stasi-Tätigkeit. Insgesamt sind laut Schöneburg 64 ehemalige Stasi-Mitarbeiter an Gerichten tätig und zwölf bei Staatsanwaltschaften. Hinzu kommen 74 Personen, die in Justizvollzugsanstalten beschäftigt sind und zwei, die in anderen Bereichen des Justizministeriums arbeiten.

Der Minister lehnt weiterhin eine flächendeckende Stasi-Überprüfung in der Justiz ab. Zwar gebe es neue statistische Daten, jedoch keine neuen Erkenntnisse über die Art der Stasi-Mitarbeit. Nicht einmal die CDU-Justizminister der rot-schwarzen Landesregierung der Jahre 1999 bis 2009 hätten eine Notwendigkeit gesehen, mögliche Stasi-Verstrickungen von Beschäftigten transparent aufzuarbeiten. Die nachlässig geführte Statistik sei im Jahr 2006 geschlossen worden, betonte der Linke-Politiker. Deshalb verwundere es umso mehr, dass gerade die CDU jetzt Aufklärung verlange.

Eine Regelanfrage sei nach dem im Jahr 2006 novellierten Stasi-Unterlagengesetz ohnehin nur noch für Richter und Behördenleiter möglich, ergänzte der Minister. Bei Behördenleitern gebe es keine Hinweise auf Stasi-Tätigkeiten. Die Richter seien Anfang der 90er Jahre in einem rechtlich einwandfreien Verfahren überprüft und gewählt worden. Vor der Übernahme seien auch Tausende ihrer DDR-Urteile untersucht worden, um herauszufinden, ob sie beispielsweise an der Verurteilung von Ausreisewilligen beteiligt waren. Nach heutigem Stand sei den Richtern keine arglistige Täuschung vorzuwerfen. So genössen sie Vertrauensschutz. Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg äußerte sich ähnlich. Richter und Staatsanwälte seien geprüft und gewählt worden. Diese Entscheidungen seien zu respektieren, solange es keine neuen wesentlichen Erkenntnisse gebe, die darauf hindeuteten, dass die Bewerber damals gelogen haben könnten. Susann Fischer/dapd

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