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Jüterbogs Bürgermeister Arne Raue (parteilos).

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Jüterbog: Jüterbogs Bürgermeister bringt das Land in Verruf

Die Informationsblockade des Bürgermeisters gegenüber der "Märkischen Allgemeinen" ist nun als Verstoß gegen die Pressefreiheit registriert. Aus einem Grund erhalten die Journalisten zurzeit aber doch Informationen aus dem Rathaus.

Jüterbog/Potsdam - Der Umgang des umstrittenen Jüterboger Bürgermeisters Arne Raue (parteilos) mit der örtlichen Presse bringt nun die gesamte Bundesrepublik und das Land Brandenburg in Sachen Pressefreiheit in Verruf. Der Informations-Boykott für die größte Tageszeitung im Land, die „Märkische Allgemeine“, durch den Bürgermeister ist jetzt offiziell als Fall von Einschüchterung und blockiertem Zugang zu Informationen registriert. Und zwar auf dem Internetportal „Mapping Media Freedom“ der Organisation „Index on Censorship“. 

Kofinanziert wird das Portal von der Europäischen Kommission in Brüssel, Partner sind die „Europäische Journalisten Föderation“ sowie die „Reporter ohne Grenzen“. Die Plattform vermerkt „Bedrohungen, Verstöße und Einschränkungen“, mit denen sich Pressevertreter und Journalisten in den EU- und Anrainerstaaten konfrontiert sehen. Die schwersten Verstöße gegen die Pressefreiheit werden an den Europarat herangetragen, der dann Stellungnahmen der Mitgliedsstaaten anfordert. Zugleich könnte der Fall in das internationale Staaten-Ranking zur Pressefreiheit einfließen. Und das ausgerechnet zu den Feierlichkeiten zum Reformationsjahr, für das Jüterbog im Land Brandenburg zentraler Veranstaltungs- und Erinnerungsort ist. 

Das Projekt „Mapping Media Freedom“ nimmt nun ausdrücklich Bezug auf die Berichte von MAZ und PNN zu dem Fall. Wie berichtet hatte Raue im Februar in einer Erklärung die Zusammenarbeit mit der MAZ aufgekündigt. In seiner später gelöschten Erklärung hatte Raue der Jüterboger Lokalausgabe der MAZ reißerische Berichterstattung und „Fake News“, also Falschmeldungen vorgeworfen. Statt Anfragen der Lokalreporter zu beantworten, wolle er seiner Informationspflicht über kostenlose Anzeigeblätter, in der Stadtverordnetenversammlung, über Facebook, das Amtsblatt und die Internetseite des Rathauses nachkommen. Danach hatte Raue sogar eingeräumt, die MAZ über mehrere Monate schon nicht mehr informiert zu haben, weil das Blatt für ihn „keine freie, nicht von der öffentlichen Gewalt gelenkte, keiner Zensur unterworfene Presse“, sondern eine SPD-gesteuerte Zeitung sei. Tatsächlich gehört die MAZ der Verlagsgesellschaft Madsack, an der die SPD-Tochter Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft aber nur 23,1 Prozent hält. 

Warum die MAZ zurzeit trotzdem Infos aus dem Rathaus erhält

Bei dem Internetregister zur Pressefreiheit heißt es nun: Raue verstoße mit seiner Ankündigung gegen das Brandenburgische Pressegesetz. Er habe Kritik vom Deutschen Journalisten-Verband (DJV) und der Landespressekonferenz Brandenburg auf sich gezogen. Das Pressegesetz regelt den „Informationsanspruch der Presse“. Demnach sind Behörden – und damit auch Raue als Chef der Stadtverwaltung und hauptamtlicher Wahlbeamter – verpflichtet, der Presse Auskunft zu erteilen. Anordnungen, die Auskünfte an die Presse verbieten, sind unzulässig. Raue selbst drohen wegen seiner Presseblockade Konsequenzen. Das Landratsamt des Landkreises Teltow-Fläming prüft, ob ein Disziplinarverfahren gegen Raue eingeleitet wird. 

Der Bürgermeister Arne Raue war mehrfach mit Äußerungen gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung aufgefallen. Die machte er etwa Anfang Oktober 2016 für einen rechtsextremistischen Anschlag auf ein Asylheim für minderjährige Flüchtlinge – für „sogenannte unbegleitete minderjährige Neuankömmlinge“ – verantwortlich. Im Herbst 2015 löste Raue Empörung aus, als er Panik vor ansteckenden Krankheiten von Flüchtlingen schürte. Später kam heraus: Es war alles nur ausgedacht. Raue hatte den PNN damals gesagt, er könne gut damit leben, als Rassist beschimpft zu werden. Im Oktober 2016 brach er ein Interview mit dem ZDF zum Reformationsjahr ab, als die Reporterin auf Nächstenliebe, Flüchtlinge, den Brandanschlag auf einen kirchlichen Flüchtlingstreff und Raues Verbalausfälle zu sprechen kam. Er sagte seinerzeit, dass er sich „beschallt“ fühle vom Flüchtlingsthema. Aktuell hat die MAZ-Lokalredaktion übrigens keine Probleme damit, Informationen aus dem Jüterboger Rathaus zu bekommen. Der Grund: Jüterbogs Bürgermeister ist gerade in Elternzeit.

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