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Jüdische Gemeinde fordert Haltung von Muslimen: Klartext gegen Judenhass

Berlins Jüdische Gemeinde erwartet von den muslimischen Verbänden deutliche Worte gegen den wachsenden Antisemitismus in der Stadt – auch gegen den von islamischer Seite.

Berlin - Berlins Jüdische Gemeinde erwartet von den muslimischen Verbänden deutliche Worte gegen den wachsenden Antisemitismus in der Stadt – auch gegen den von islamischer Seite. Der Anlass sind Berichte über Juden in Berlin, die Opfer von antisemitischen Beleidigungen und Angriffen wurden.

Zuletzt habe es im Jahr 2012 beim Protest gegen das Beschneidungsverbot eine gemeinsame Initiative gegeben. „Doch auch schon damals gab es auf muslimischer Seite fast keine Reaktionen auf den Demonstrationsaufruf“, sagte der Antisemitismus-Beauftragte der Jüdischen Gemeinde, Sigmount Königsberg. „Das zieht sich bis heute durch, solche Erfahrungen ernüchtern“, sagte er.

„Ich bin zu Gesprächen mit muslimischen Verbänden bereit, allerdings kann dies keine Einbahnstraße sein“, sagte Königsberg, der am 1. September sein Amt übernommen hat. Königsbergs Aufgabe ist die Auseinandersetzung mit jeden Formen von Antisemitismus. Er soll den Kontakt zu gesellschaftlichen Institutionen halten, um auf solche Probleme aufmerksam zu machen. Er zweifle aber an einer Gesprächsbereitschaft und einer möglichen Zusammenarbeit, „solange Leute wie der Islamismus-Experte Ahmad Mansour, der sich gegen Radikalisierung und Antisemitismus engagiert, immer wieder mit Shitstorms traktiert werden“.

Der Fall des jüdischen Jungen, der an einer Friedenauer Schule von Kindern aus türkischen und arabischen Elternhäusern gemobbt worden war, sei ein erschreckendes Beispiel. „Es heißt immer wieder, der Nahost-Konflikt spiele sich auch in Berlin ab: Das ist nicht mal eine faule Ausrede.“ Juden würden angegriffen, nur weil sie Juden seien.

Ein Elternbrief der Schule habe nicht nur den judenfeindlichen Charakter der Angriffe geleugnet, sondern auch das Täter-Opfer-Verhältnis umgekehrt und als „tragischen Vorfall“ bagatellisiert. Lehrer und Schulen müssten in die Lage versetzt werden, die Schwächeren zu schützen. Das gelte bei Rassismus genauso wie bei Antisemitismus, sagte Königsberg.

Ein unbefangenes Auftreten von Juden sei aber in Berlin nicht mehr möglich. „Ich weiß von vielen Juden, die in der U-Bahn etwa eine Kette mit Davidstern verbergen. Es gibt mittlerweile solche automatischen Handlungen.“ Die nicht-staatliche Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Berlin (RIAS) hatte im vergangenen Jahr 470 Fälle von Antisemitismus gezählt, 65 mehr als 2015.

Der Antisemitismus-Beauftragte sprach sich dafür aus, die alljährliche antiisraelische Al-Kuds-Demonstration auf dem Kurfürstendamm in eine andere Stadt zu verlegen. „Eine solche Demonstration in unmittelbarer Nähe von mehreren Synagogen nahe dem Kurfürstendamm ist nicht akzeptabel. Beter der Synagoge können an dem Tag der Demo weder ungestört in die Synagoge noch nach Hause gehen“, sagte er. (dpa)

Esteban Engel

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