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Umstritten auch wegen des CO2-Ausstoßes: Das Vattenfall-Braunkohlekraftwerk Jänschwalde im Landkreis Spree-Neiße hat einer Studie zufolge 2012 etwa 505 Kilogramm Quecksilber emittiert. Das Schwermetall kann sogar geistige Behinderungen verursachen.

© dpa

Brandenburg: Jänschwalde ist spitze – beim Quecksilberausstoß

Studie bescheinigt Vattenfall-Meiler die bundesweit höchste Emission des giftigen Schwermetalls

Von Matthias Matern

Berlin/Potsdam - Kein anderes deutsches Kraftwerk scheidet so viel gesundheitsschädliches Quecksilber aus wie der brandenburgische Vattenfall-Braunkohlemeiler Jänschwalde. Würden in Deutschland ebenso strenge Grenzwerte für das Schwermetall gelten wie in den USA, müssten Jänschwalde und weitere 49 Kraftwerke bundesweit umgehend vom Netz genommen werden. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie der renommierten Umweltwissenschaftlerin Barbara Zeschmar-Lahl im Auftrag der grünen Bundestagsfraktion. Am Freitag wurde die Arbeit in Berlin veröffentlicht. Demnach sind allein acht Braunkohlekraftwerke für mehr als 40 Prozent der gesamten Quecksilberemission in Deutschland verantwortlich.

Angesichts der Gesundheitsgefahr durch Quecksilber vor allem für Schwangere, Säuglinge und Kleinkinder fordern die Grünen von der Bundesregierung schärfere Auflagen. Schließlich sei Quecksilber in Deutschland und Brandenburg nicht weniger toxisch als in den USA, erklärte die brandenburgische Grünen-Bundestagsabgeordnete Annalena Baerbock am Freitag in Berlin. „Die Bundesregierung muss endlich handeln, seine Bürger schützen und strengere Grenzwerte einführen.“

In ihrer Studie warnt Barbara Zeschmar-Lahl davor, dass Quecksilber bereits „in geringen Konzentrationen zu physischen Schädigungen“ führen könne. Vor allem die Methylquecksilberverbindung MeHg wirke „beim Menschen auf das Nervensystem und schädigt insbesondere das sich entwickelnde menschliche Hirn“, heißt es in der Analyse. In der frühkindlichen Entwicklungsphase könne dies zu geistiger Behinderung, Krampfanfällen, Seh- und Hörverlust sowie Sprachstörungen und Gedächtnisverlust führen.

Zwar wird in den Vereinigten Staaten bei der Berechnung der Quecksilberemission eine andere Einheit verwendet, doch zeigt laut der Studie eine Umrechnung der US-Grenzwerte in das deutsche System den erheblichen Unterschied. Während etwa Braunkohlekraftwerke in den USA innerhalb von 30 Tagen einen Mittelwert von 4,1 Mikrogramm Quecksilber pro Kubikmeter Abgas nicht überschreiten dürfen, können Braunkohlemeiler in Deutschland im Tagesmittel bis zu 30 Mikrogramm Quecksilber ausstoßen.

Als größte Quecksilberschleuder in Deutschland gilt der Studie zufolge das Braunkohlekraftwerk Jänschwalde (Spree-Neiße). 2012 soll die Anlage des Energiekonzerns Vattenfall 505 Kilogramm Quecksilber ausgestossen haben. Am zweitmeisten haben die beiden RWE-Braunkohlekraftwerke Niederaußem und Neurath in Nordrhein-Westfalen mit je 497 Kilogramm emittiert. Auf dem dritten Platz liegt mit 482 Kilogramm erneut ein Vattenfall-Meiler – das Braunkohlekraftwerk Lippendorf in Sachsen.

Wie berichtet steht der Konzern in Brandenburg wegen seiner Pläne, die Braunkohleförderung auszudehnen, massiv in der Kritik. Der rot-roten Landesregierung wirft Baerbock vor, die Vorhaben der Schweden trotz erheblicher Bedenken beim Umweltschutz zu unterstützen. So haben die Kraftwerke Vattenfalls in Brandenburg nach Angaben des Landeswirtschaftsministeriums mit 62,4 Prozent den größten Anteil am Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxid. „Die Quecksilberemission in Jänschwalde ist ein weiterer Beleg dafür, warum es fatal ist, dass Rot-Rot Vattenfall bei der Abbaggerung von Ortschaften zugunsten der Tagebaue und der Braunkohleverstromung freie Hand lässt“, sagte die Grünen-Bundestagsabgeordnete. Matthias Matern

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