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Interview über Horrorclowns in Brandenburg: „Da hört jeder Spaß auf“

Am Wochenende machten sogenannte Horroroclowns mehrere Orte in Brandenburg unsicher. Psychologin Isabella Heuser spricht im Interview über das Phänomen der Gruselclowns und was sie beabsichtigen.

Von Sandra Dassler

Sie verstecken sich im Gebüsch, laufen drohend auf Passanten, vorzugsweise Kinder und ältere Menschen zu, haben manchmal Baseballschläger in den Händen und ergötzen sich an der Angst der Opfer – sogenannte Grusel- oder Horrorclowns sind inzwischen auch in Brandenburg unterwegs. In Wittenberge, Bernau, Königs Wusterhausen, Bad Freienwalde, Ludwigsfelde, Wandlitz und Prenzlau wurden am Wochenende Attacken angezeigt. Auch in Potsdam überfielen wie berichtet drei Männer einen Pizza-Lieferdienst, zwei von ihnen trugen eine Clownsmaske. In Berlin-Lichtenrade gab es einen Raubüberfall durch zwei als Clowns Maskierte. Der fällt aber laut Polizei unter die allgemeine Kriminalität, während es den „Gruselclowns“ nicht um Raub, sondern „nur“ darum gehe, Menschen in Angst zu versetzen. Die Polizei hat auf das Phänomen in den sozialen Medien reagiert, möchte es aber nicht „zu hoch hängen“, um Nachahmereffekte zu vermeiden. Diese Zeitung fragte die Expertin Isabella Heuser.

Frau Heuser, sollte man über Vorfälle mit „Gruselclowns“ besser gar nicht berichten?

Das wird sich nicht ganz vermeiden lassen, zumal die von den Tätern genutzten sozialen Medien nicht kontrollierbar sind. Tatsächlich besteht aber die Gefahr, dass Berichterstattung zum Nachahmen animiert. Deshalb sollte man sachlich informieren und jegliche Hysterie vermeiden, um den Hype nicht zu vergrößern.

Wie ist der überhaupt entstanden?

Meines Wissens begann das vor einigen Wochen in den USA, hat sich dann in anderen Ländern und jetzt auch in Deutschland verbreitet: Man verkleidet sich als Clown, um andere zu erschrecken oder sie sogar zu jagen.

Was sind die Täter für Menschen?

In den meisten Fällen Feiglinge und Verlierer, anders kann man das nicht nennen. Feiglinge, weil sie durch die Kostüme anonym bleiben können. Verlierer, weil ihnen offenbar nichts Besseres einfällt, als etwas nachzumachen.

Und andere zu erschrecken verschafft ihnen Befriedigung?

Es gibt ihnen zumindest ein Gefühl von Wichtigkeit und erhöht ihr Selbstwertgefühl. Plötzlich können sie etwas bewegen und das auch noch in der Öffentlichkeit verbreiten. Wenn dann sogar in den Polizeimeldungen darüber berichtet wird, haben sie ihr Ziel erreicht: Endlich stehen sie mal in der Zeitung. Sie sind plötzlich jemand. Man nimmt sie zur Kenntnis.

Gerade viele junge Leute lesen wahrscheinlich gar keine Zeitung mehr.

Das stimmt. Deshalb spielen die sozialen Medien eine so große Rolle. Manche Täter filmen ja offenbar auch ihre Opfer und publizieren die Filme dann.

Auf Facebook?

Auch, aber nicht nur, weil Facebook inzwischen ja nur noch als Plattform für alte Leute gilt. Aber egal, ob auf Twitter, Instagram oder anderen Plattformen, es ist auf jeden Fall scheußlich.

Es erhöht aber die Angst in der Öffentlichkeit. Die Polizei hat sich auch deshalb eingeschaltet, um darauf hinzuweisen, dass in den sozialen Medien verbreitete Warnungen, dass man besser nicht mehr aus dem Haus gehen soll, Falschmeldungen sind.

Für die Täter ist das Verbreiten von Angst und Schrecken fast das Wichtigste. Deshalb haben sie schon verloren, wenn ein vermeintliches Opfer sie einfach nur auslacht und eben nicht ernst nimmt. Wir reden jetzt aber nicht von jenen, die mit Baseballschlägern oder anderen Gegenständen auf Leute losgehen.

In Brandenburg hat es laut Polizei noch keine größeren Verletzungen gegeben.

Das kann man nicht so einfach sagen – es gibt ja auch psychische Wunden. Ob jemand Albträume oder gar Angstanfälle bekommt, weiß man erst später. Deshalb ist es auch richtig, dass die Täter bestraft werden – wegen Körperverletzung oder gar gefährlicher Körperverletzung. Menschen Angst zu machen ist kein Kavaliersdelikt. Da hört jeder Spaß auf.

Das Gespräch führte Sandra Dassler

ZUR PERSON: Isabella Heuser ist Direktorin der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Berliner Charité.

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