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Ronny Kretschmer.

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Interview | Ronny Kretschmer (Die Linke): "Es hat alle kalt erwischt"

Der Linken-Abgeordnete und Krankenpfleger Ronny Kretschmer über das Krisenmanagement der Brandenburger Landesregierung während der Coronakrise.

Herr Kretschmer, wie bewerten Sie das Krisenmanagement der Landesregierung? 

Am Anfang war die Landesregierung sehr zögerlich. Brandenburg war das letzte Land, das die Schulen und Kitas geschlossen hat. Das halte ich für fahrlässig. Die Not an persönlicher Schutzausrüstung war schon vor zwei oder drei Wochen absehbar. Ich finde es unverständlich, dass man sich da auf die Bundesregierung verlassen hat, die versprach, dass Mundschutz und Beatmungsgeräte in großer Zahl geliefert werden – und man es gleichzeitig zugelassen hat, dass Baumärkte FFP 2 und FFP3-Masken in den freien Verkauf gegeben haben.  

Was müsste jetzt passieren? 

Man müsste sich umgucken, wer solche Masken noch anbietet. Real zum Beispiel. Oder Amazon. Man sollte als Staat die Kraft und Stärke zeigen, solche Masken zu beschlagnahmen. Was man im Moment erlebt, ist, dass alle Krankenhäuser im Land versuchen, durch Spendenaufrufe an solche Masken zu kommen. Oder dass sie die Bevölkerung aufrufen, Mundschutz zu nähen, um wenigstens ein wenig Schutz für das Personal zu haben. Das ist doch ein Armutszeugnis. 

Hätte das Land besser vorbereitet sein müssen, zum Beispiel auch beim Katastrophenschutz? 

Scheinbar hat es alle kalt erwischt. Dabei gab es Krisenszenarien, die vor einigen Jahren sehr eindrücklich geschildert haben, was passiert, wenn so ein Virus um sich greift. Die Reserven wurden aber nicht angelegt. Jetzt rächt sich der rigide Sparkurs, der im Gesundheitsbereich durchgeführt wurde. Die Marschrichtung, dass die Gesundheit Gewinne erwirtschaften muss und die Krankenhäuser ansonsten vom Netz gehen müssen, fällt uns auf die Füße. 

In Brandenburg hat aber die Linke zehn Jahre lang das Gesundheitsressort geleitet. 

Auch die Linke hat hier Fehler gemacht. Auch unter linker Regierungsbeteiligung sind die notwendigen Investitionskosten, die die Krankenhäuser haben, nicht mal zur Hälfte vom Land zur Verfügung gestellt worden. Gelder, die woanders gebraucht worden sind, sind umgeleitet worden. Die Krankenhäuser waren gezwungen, gewinnorientiert zu arbeiten. 

Wie nehmen Sie derzeit die Beteiligung der Opposition in Brandenburg wahr? 

Es ist notwendig, dass man über Parteigrenzen hinweggehen und über das Rollenverständnis von Koalition und Opposition hinausgehen muss. Als Linke haben wir frühzeitig Vorschläge für Soforthilfen gemacht. Wir haben auch im Haushaltsausschuss wieder Vorschläge gemacht. Aber sie sind abgelehnt worden. Und gleichzeitig wurde uns – relativ überraschend – mitgeteilt, dass das Geld nicht ausreicht. Nun bin ich gespannt, ob die zwei Milliarden Euro Bestand haben bis zur Landtagssitzung am 1. April. 

Wenn der Landtag am Mittwoch über die Neuverschuldung berät: Was ist Ihnen am Wichtigsten? 

Uns fehlt bisher die Unterstützung der Sozialwirtschaft und von Vereinen und Verbänden, etwa den Tafeln. Wir wollen einen steuerfreien Lohnzuschlag für die Beschäftigten, die in der Krise Tag für Tag unter großen Anstrengungen arbeiten.

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