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Interview mit Thomas Burchardt: „An einem Plan B für die Lausitz führt nichts vorbei“

Der Sprecher der Klinger Runde will einen demokratischen und fairen Dialog über die Zukunft der Braunkohle in der Lausitz. Egal, wie es ausgeht: Gewinner und Verlierer sollten sich nicht unversöhnlich gegenüberstehen, meint er.

Man gewinnt den Eindruck, dass mit der Debatte um neue Braunkohletagebaue die Spaltung in der Lausitz zwischen Befürwortern und Gegnern wächst. Wie ist die Stimmung dort?

Die Energiewende verunsichert weite Teile der Lausitz. Die einen erleben, dass die Braunkohle kritisiert wird, und die anderen haben die Hoffnung, dass die Braunkohle die Arbeitsplätze sichert. Und diese Polarisierung wird von vielen vorangetrieben. Die Bergbau-Gewerkschaft IG BCE zum Beispiel behauptet, der Widerstand gegen die Braunkohle in der Lausitz wird von Greenpeace bezahlt. Das ist genauso, als würden wir sagen, alle Politiker sind von Vattenfall bezahlt. Das tut dem demokratischen Konsens nicht gut.

Thomas Burchardt, (51) ist Wirtschaftsinformatiker, Sprecher der Klinger Runde und Vertreter der Domowina für die sorbische Minderheit im Braunkohleausschuss.

Wie kann man das auflösen?

Dass wir einander fair gegenüberstehen und jedem das Recht auf eine eigene Meinung zubilligen, egal, wie schwer es ist, sich das anzuhören.

Wie kann man in dieser angespannten Situation überhaupt einen Dialog über die Zukunft der Lausitz nach der Kohle, über einen Strukturwandel, ob er nun in 20, 30 oder 40 Jahren kommt, zustande bringen?

Das hängt davon ob, inwieweit man die Energiewende durchführen oder blockieren will. In dem Moment, wo man sich für die Energiewende entscheidet, führt an einem Plan B für die Lausitz nichts vorbei. Und selbst manche Kommunalvertreter, die Tagebaubefürworter sind, merken als pragmatische Finanzpolitiker, dass vom Prinzip her egal ist, woher die Arbeitsplätze und die Steuern kommen.

Die Braunkohlebefürworter, der Energiekonzern Vattenfall, die Beschäftigten, aber auch die Landesregierung sagen, die Braunkohleverstromung werde gerade für die Energiewende benötigt, nämlich als Brückentechnologie.

Eine Tagebaugenehmigung ist eine energiepolitische Entscheidung. Es geht dabei nicht um Arbeitsplätze, Steuern oder Wertschöpfungn, sondern um die Energiesicherheit und die Einhaltung der Klimaziele Deutschlands. Und wenn man die Klimaziele der Europäischen Union sieht, dass der Strom im Jahr 2050 ohne Ausstoß von CO2 produziert werden soll, dann wird das an der Lausitz nicht vorübergehen. Die Länge der Brücke ist damit schon vorgegeben.

Und wie wollen Sie jetzt Frieden schaffen in der Lausitz?

Ich bin ja nicht Nicole, um ein bisschen Frieden zu schaffen. Aber wir wollen, egal, wie die Entscheidungen in der Lausitz ausgehen, dort wohnen bleiben. Und wollen nicht, dass sich Gewinner und Verlierer dann unversöhnlich gegenüberstehen und sich eine Spannung aufbaut, die sich über Generationen hält.

Der frühere Ministerpräsident Manfred Stolpe versprach in den 1990er-Jahren, nach Horno werde in Brandenburg kein weiteres Dorf für die Braunkohle abgebaggert. Welche Bedeutung hat dieses Versprechen noch?

Die Menschen nehmen es sehr ernst. Nicht umsonst wurde deshalb eine Mahnglocke in Taubendorf am Rande des Tagebaus Jänschwalde errichtet, die jeden Tag um fünf vor sechs geläutet wird und an dieses Versprechen erinnert.

Das Interview führte Alexander Fröhlich

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