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Interview mit Linda Teuteberg: „Fraktionen sind doch keine Freundeskreise“

Brandenburgs FDP-Chef Greogor Beyer will die Potsdamerin nicht mehr als Stellvertreterin, trotzdem tritt sie erneut an: Die Potsdamer Landtagsabgeordnete Linda Teuteberg spricht im PNN-Interview über ihr Verhältnis zur FDP-Spitze, liberale Inhalte und Auftritte bei Stefan Raab.

Frau Teuteberg, es steht wieder ein FDP-Landesparteitag an, mit Vorstandswahlen, und wieder sind Sie Thema. Das war vor einem Jahr ähnlich, als es auch um Ihre Person ging. Nun will der Landesvorsitzende Gregor Beyer Sie nicht mehr  als eine seiner Stellvertreterinnen haben.

Ich bin jetzt stellvertretende Vorsitzende meines Landesverbandes und viele Mitglieder haben mich gebeten, erneut anzutreten. Und es spricht nach reiflicher Überlegung für mich nichts dagegen, dass ich mich dem Votum der Delegierten, die mich ja zur stellvertretenden Landesvorsitzenden gewählt hatten, wieder stelle und sie um das Vertrauen für weitere zwei Jahre bitte.

Aber innerhalb kürzester Zeit sind Sie bei Wahlen in der Partei Thema. Beim Bundesparteitag hat der Fraktionschef im Landtag, Andreas Büttner, auf Vorschlag der Landespartei für den Bundesvorstand kandidiert. Er hat es nicht geschafft. Sie waren bereits im Bundesvorstand und traten nun mit Unterstützung von Wolfgang Kubicki von der schleswig-holsteinischen FDP wieder an. Das gab in Brandenburg Unmut.

Zunächst ist es ganz normal, dass auf einem demokratischen Parteitag Mitglieder kandidieren können und ich war auch vorher schon auf der freien Liste und habe keinen Grund gesehen, das nicht wieder zu tun – ich war ja im Bundesvorstand. Ich habe den Delegierten des Bundesparteitages ein Angebot gemacht, wir hatten mehr Bewerber als Plätze, und ich freue mich sehr, dass ich das Vertrauen mit einem sehr guten Ergebnis ausgesprochen bekommen habe. Ich kann daran nichts Schlechtes, sondern nur den Erfolg in einem Wettbewerb erkennen.
 
Wie sind denn die Parteikollegen mit Ihnen umgegangen? Gab es auch intern Kritik oder nur in den Zeitungen?

Die durfte ich in den Zeitungen lesen.

Zur Person: Linda Teuteberg, 32 Jahre, aus Potsdam trat 1998 den Jungen Liberalen bei, 2000 der FDP. Seit 2009 ist sie Landtagsabgeordnete und rechtspolitische Sprecherin der Fraktion.

In direkten Gesprächen gab es nichts?

Nein.

Das Verhältnis von Parteichef Beyer und Fraktionschef Büttner zu Ihnen wirkt von außen wahrgenommen zerrüttet.

Ich möchte mich gern mit unserer Aufgabe als liberale Opposition in Brandenburg beschäftigen und würde mich freuen, nicht immer auf die von anderen eröffneten Nebenschauplätze angesprochen zu werden.

Wenn Herr Beyer und Herr Büttner Sie in den Führungsteams nicht mehr haben wollen, sind Sie doch automatisch in diesen Diskussionen und in der Öffentlichkeit. Also: Ist es noch ein Verhältnis oder schon ein Nichtverhältnis?

Parteien oder Fraktionen sind doch keine Freundeskreise oder Liebesheiraten, sondern Gemeinschaften, in denen man für ein gemeinsames politisches Ziel arbeitet. Ich möchte das weiter wie bisher in Brandenburg tun und möchte mit der Arbeit und den Inhalten wahrgenommen werden - und nicht über das, was andere kolportieren.

Was auffällt ist, dass Sie für Sachen kritisiert werden, die ja eigentlich für die Partei Erfolge sein könnten. Sie sind mit einem der besten Ergebnisse in den Bundesvorstand gewählt worden, Sie haben bei Stefan Raabs „Absolute Mehrheit“ für die FDP gewonnen – und werden in Brandenburg dafür kritisiert. Haben Sie da noch Verständnis?

Ein Politiker muss doch möglichst viele Menschen erreichen wollen, und da frage ich mich manchmal, was die Alternative wäre. Zum Beispiel, wenn man zu Stefan Raab eingeladen wird, da nicht hinzugehen? Das fände ich geradezu sträflich, denn es geht ja auch um die Chance und die Herausforderung, an Hunderttausende Menschen liberale Inhalte zu bringen. Ich bin stolz, dass wir mit dem Gesetzentwurf zum kommunalen Wahlrecht ab 16 Jahren in Brandenburg etwas erreicht haben, auch rechtspolitisch als Oppositionsfraktion, und da habe ich auch immer betont, wie wichtig es ist, Politik überhaupt interessanter zu machen.

Welche Inhalte kommen denn zu kurz durch den Streit, den die Partei mit sich selbst führt?

Es steht viel an im Land Brandenburg. Wir hatten im letzten Plenum unsere große Anfrage zum Jugendstrafvollzug, gerade in dem Bereich ist ja in Brandenburg ein Gesetzentwurf in Arbeit, mit dem wir uns beschäftigen. Ich würde mich freuen, wenn diese inhaltlichen Themen – auch gerade, was wir in der Enquete-Kommission zum Umgang mit dem DDR-Erbe machen – nicht verdrängt werden durch völlig unnötige Selbstbeschäftigung.

Wie soll nach den ganzen Konflikten denn ein geschlossenes Team entstehen, wenn Sie wieder stellvertretende Landesvorsitzende werden?

Ich möchte wie bisher meinen Beitrag leisten und mit einem möglichst klaren Profil wahrgenommen werden, durchaus als klare Alternative zu Rot-Rot. Von mir gehen keine Vorwürfe oder Diffamierungen aus, von daher bin ich zu einer Zusammenarbeit bereit und hoffe, dass dies auch andere sind.

Mit diesem Kurs gegen Rot-Rot stehen Sie doch schon in Opposition zu Herrn Büttner und Herrn Beyer, die doch eine deutliche Annäherung suchen, zum Beispiel in Sachen Flughafen.

Ich stehe für einen klaren Liberalismus ohne irgendwelche Vorsilben oder Relativierungen, und das wirkt sich in der Rechtspolitik genauso aus wie in Wirtschaftspolitik. Und da entscheide ich mich immer nach der Sache: Was ist wirklich liberal? Was dient der Freiheit? Und da gibt es immer unterschiedliche Schnittmengen mit anderen Parteien, und das muss immer an der Sache gemessen werden. Für mich ist ein Schulterklopfen aus der Regierung nicht wichtig, wenn das der Nebeneffekt einer in der Sache richtigen Position ist, dann ist das schön, aber das ist nicht die Aufgabe der Opposition.

Mit wem gibt es denn momentan die größeren Schnittmengen? Mit den Grünen, mit der CDU oder mit der SPD?

In der Rechtspolitik und in der Enquete sind diese mit den Grünen sehr stark, und in der Wirtschaftspolitik eher mit der CDU, rechtspolitisch auch durchaus mit der SPD. Aber das ist doch eine sekundäre Frage, da wir ein unverwechselbares Profil als Liberale brauchen. Mit wem man dann Schnittmengen für eine weitere Option hat, ist doch erst die zweite Frage. Die erste Frage ist doch: Finden die liberal gesinnten Wähler bei der FDP ein unverwechselbares Angebot, das nicht mit anderen verbunden ist?

Sehen Sie das momentan?

Ich glaube, dass es da noch Verbesserungsmöglichkeiten gibt.

Zum Beispiel?

Es ist immer gut, den Mut zu haben, Dinge auszusprechen. Das Agieren des Ministerpräsidenten können wir sicherlich noch kritischer begleiten.

Können Sie da konkreter werden?

Ich glaube, dass es für liberale Wähler sinnvoll ist infrage zu stellen, dass der Staat meint, es besser zu können, einen Flughafen zu bauen und alle Bedenken von Fachleuten und Privatwirtschaft, die sich auch versucht und Angebote gemacht haben, in den Wind schlägt, und dass ein Ministerpräsident mit diesem schwierigen Amt auch noch den Aufsichtsrat führen kann, da habe ich Bedenken.

Können Sie die Volte des Ministerpräsidenten in Sachen Nachtflugverbot hin zu mehr Schutzzeiten nachvollziehen?

Taktisch bestimmt, aber ich glaube, dass das weder für die Verlässlichkeit Brandenburgs als Partner in der Bundesrepublik sinnvoll ist, noch dem eigentlichen Sinn direkter Demokratie entspricht. Letztendlich sollten alle Brandenburger entscheiden, wenn ein solcher Erfolg wie beim Volksbegehren da ist, dass es zur Abstimmung kommen kann.

Die Wunschmannschaft von Herrn Beyer ist er selbst sowie Herr Büttner und der Bundestagsabgeordnete Martin Neumann. Hat die FDP keine Frauen? Ist das ein Männerzirkel?

Ich möchte Frauen ermutigen, sich in der FDP zu engagieren. Jeder sollte seinen Teil dazu beitragen, dass das für Frauen auch attraktiv ist.

Interessant ist das ja bei dem ganzen Streit, aber ist es auch attraktiv?

Liberale Politik ist attraktiv, sonst hätte ich mich nicht im Herbst 1998 den Liberalen angeschlossen. Ich werde mich trotz aller Schwierigkeiten immer für liberale Politik einsetzen.

In manchen Debatten über Sie taucht auch das Wort Karrierismus auf – was entgegnen Sie diesen Menschen?

Ich weiß nicht, was daran schlecht sein soll, mit liberalen Botschaften in der Öffentlichkeit zu sein. Und das mache ich mit vollem Einsatz und gutem Gewissen für die Liberalen. Ich bin in einer für die FDP schwierigen Situation nicht eingetreten, um Karriere zu machen, sondern aus Überzeugung – die FDP war damals überhaupt nicht im Landtag.

Es gab ja nun die Vorwürfe, dass Sie viel in der Öffentlichkeit sind, aber zu wenig Arbeit leisten für den Landtag, auch noch verbunden mit Ihrem Staatsexamen.

Es war immer in der Fraktion bekannt, dass ich mein zweites Examen auch abschließen möchte. Das wurde besprochen und auch eine Vertretung vereinbart. Ich habe jetzt die schriftlichen Prüfungen hinter mir und kann nichts Negatives erkennen. Die FDP steht ja auch für berufliche Unabhängigkeit.
 

Das Gespräch führten Alexander Fröhlich und Peter Tiede

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