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Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) spricht über weitere Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus.

© Paul Zinken/dpa

Interview | Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD): "Ich beteilige mich nicht an Lockerungsübungen"

Seit März gelten scharfe Regeln für das öffentliche Leben, um die Ausbreitung des Coronavirus abzubremsen. Brandenburgs Ministerpräsident Woidke (SPD) sagt, wie er die Krise erlebt und was er zur Frage einer Lockerung sagt. 

Potsdam - Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sieht Deutschland angesichts der Debatte über die Lockerung von Corona-Regeln noch mitten in der Pandemie. „Wir werden lange noch mit Einschränkungen zu tun haben, was nicht heißt, dass es nicht vorher in bestimmten Bereichen eine Rückkehr zum relativ normalen Leben geben kann“, sagt der amtierende Bundesratspräsident im Interview. Er sieht dafür mehrere Voraussetzungen.

Die Brandenburger leben in der dritten Woche mit drastischen Ausgangsbeschränkungen. Wie ist es Ihnen bisher ergangen?

Es wäre die Zeit, Tagebuch zu schreiben, denn es ist unglaublich, was derzeit in unserem Land, in Deutschland, Europa, auf der ganzen Welt geschieht. Wir erleben noch nie Erlebtes. Umso mehr bewundere ich die Menschen, dass die allermeisten mit Besonnenheit und Vernunft damit umgehen. Dafür auch mein Dank. Mein Dank auch für die Solidarität im Land. Das freut mich. Wir halten zusammen und halten Distanz. Jeden Tag geschieht Neues, Ungeplantes. Die Zeit rast. Eine Telefonschaltkonferenz folgt auf die nächste. Wir müssen teilweise „auf Sicht“ fahren. Und zugleich lernen wir alle dabei sehr viel. Wir erfahren, wer jetzt gut mitzieht, auf wen Verlass ist.

Wann wäre nach Ihrer Ansicht eine Lockerung verantwortbar? Was sollte dann zuerst öffnen?

Ich beteilige mich nicht an Lockerungsübungen. Wir sind jetzt mittendrin in der Pandemie. Wir werden lange noch mit Einschränkungen zu tun haben, was nicht heißt, dass es nicht vorher in bestimmten Bereichen eine Rückkehr zum relativ normalen Leben geben kann. Es gibt wichtige Voraussetzungen, die wir erfüllen müssen: beispielsweise weiterer Ausbau der Testkapazitäten, eine gute Grundversorgung mit Schutzausrüstung und bedarfsgerechte Ausstattung mit Intensivbetten. Weil die Bürger mitmachen, gelingt es immer besser, die Ausbreitung einzudämmen. Erst wenn sich die Situation deutlich und nachhaltig verbessert, werden wir die Schublade mit den sukzessiven Ausstiegsplänen ziehen. Sicher ist: Wir werden nicht von null auf hundert schalten. Und wann das sein wird, ist völlig offen. Wir werden uns am nächsten Mittwoch eng mit der Bundesregierung und den anderen Ländern abstimmen. Wir sind in einem Marathonlauf und jetzt müssen alle durchhalten.

Eine Frage an Sie als Bundesratspräsident: Wie beurteilen Sie die Zusammenarbeit von Bund und Ländern? Schweißt die Corona-Krise zusammen oder fordert sie Alleingänge heraus?

Die Abstimmung zwischen den Ländern und dem Kanzleramt funktioniert - inzwischen - wirklich gut. Das war mir als Bundesratspräsident auch immer wichtig. Es ist klar, dass in unserer Medienwelt mancher zuerst den Finger hebt, aber insgesamt ist Ihre Formulierung richtig: Ja, es schweißt zusammen. Und was jetzt richtig gut ist: Parteipolitik interessiert nicht. Es geht wirklich darum, Menschen zu schützen, den Virus einzudämmen und das Land auf Kurs zu halten.

Dietmar Woidke ist gelernter Agraringenieur. Seit 1994 gehört der Lausitzer dem Landtag Brandenburg an. Von 2004 bis 2009 war er Umwelt- und Agrarminister, von 2010 bis 2013 Innenminister. Nach dem Rücktritt von Matthias Platzeck aus Gesundheitsgründen wurde Woidke Ministerpräsident. Bei den Landtagswahlen 2014 und 2019 war die SPD unter ihm stärkste Partei - im vergangenen Jahr mit Einbußen. Seit November 2019 leitet Woidke eine rot-schwarz-grüne Koalition.

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Oliver von Riegen dpa

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