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Ab dem 24. Januar 2021 können in Brandenburg wieder (einige wenige) Impftermine vereinbart werden. Bis zum 12. Februar stehen rund 7500 Impfdosen bereit.

© Guido Kirchner/dpa (Symbolbild)

Interview | Corona-Impfungen in Brandenburg: KVBB-Chef: Schnelle Herdenimmunität nur über Impfungen in Arztpraxen möglich

Wie läuft es mit den Corona-Impfungen in Brandenburg? Peter Noack, Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung, muss es wissen. Er kennt die Probleme und hat zudem eine Idee für eine schnelle Herdenimmunität.

Herr Dr. Noack, wie läuft denn das Impfen in Brandenburg im Moment?
Da müssen wir differenzieren: Wenn wir uns die Tage ansehen, bevor die Impfdosen rar wurden, haben wir im Bundesdurchschnitt enorm aufgeholt. Dafür bin ich auch persönlich allen, die an der Impfkampagne beteiligt sind, von unseren Mitarbeitern über das Ministerium bis zum Hausarzt im Impfzentrum, wirklich dankbar. Denn unser Konzept, unser Impfplan, hat dann funktioniert: Wir hatten zwar einen stotternden Start, aber zum Schluss eine richtig schöne dynamische Entwicklung. Dann kam aber der Tag, an dem die Impfdosen knapp wurden. Seitdem stehen wir vor neuen Herausforderungen, die wir bewältigen müssen. 

Eines der größten Probleme war die Terminvergabe über die 116 117. Wie sieht das jetzt aus?
In den ersten Tagen hat die überwiegende Mehrzahl der Anrufer geklagt, dass sie nicht durchgekommen ist. Zum Schluss hatte sich das aber gedreht: Der größte Teil der Menschen kommt gut durch – gut 90 Prozent der Anrufer haben das Callcenter erreicht. Von ihnen haben bis zur vorübergehenden Einstellung der Terminvergabe 90 bis 95 Prozent einen Impftermin bekommen. 

Was war denn mit Ihrem Bereitschaftsdienst? Den erreicht man ja nun auch unter der 116117...
Das war in den ersten Tagen auch ein Problem. Viele Anrufer, die einen Impftermin wollten, landeten am Ende dort. Das hat uns zu schaffen gemacht. Mittlerweile haben wir dieses Problem aber technisch gelöst. Das läuft jetzt wieder: Wer einen Bereitschaftsarzt braucht, bekommt ihn auch. 

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Wenn Sie einmal zurückblicken: War es richtig, die 116 117 für die Terminvergabe zu nehmen? Würden Sie das bei einer neuen Impfkampagne wieder so machen?
Mit der Erkenntnis von heute, und da werden wir auch mit den anderen Beteiligten reden, muss man versuchen, die Anrufwelle zu kanalisieren und besser zu managen. Da müssen wir uns etwas einfallen lassen. Rein technisch funktioniert das Callcenter. Nur das riesige Anrufaufkommen vorher, das ist das Problem. In anderen Bundesländern ist es ebenfalls an der 116 117 oder an anderen Hotlines zu Zusammenbrüchen gekommen. Und dort, wo man Terminvergabe im Internet betreibt, gab es ebenfalls einen riesigen Ansturm auf die Termine, die innerhalb weniger Minuten vergeben waren. Das muss man durch Informationen an die Bürger besser kanalisieren. 

MUDr./ČS Peter Noack, Vorsitzender des Vorstandes der Kassenärztliche Vereinigung Brandenburg (KVBB).
MUDr./ČS Peter Noack, Vorsitzender des Vorstandes der Kassenärztliche Vereinigung Brandenburg (KVBB).

© Patrick Pleul/dpa

Wäre es also nicht besser gewesen, wenn man die Impfberechtigten wie in Berlin direkt angeschrieben hätte?
Darüber haben wir am Anfang diskutiert. Wir haben uns aber mit dem Gesundheitsministerium für das Telefon mit einem großen Call-Center dahinter entschlossen. Berlin hat die Leute ja angeschrieben – aber Berlin hatte dann das Problem, dass die Menschen teilweise nicht kamen. Vielleicht muss man beide kombinieren: Anschreiben und Hotline. 

Wie ist denn der Stand bei den Impfungen in den Heimen?
In der Brandenburger Impfstrategie steht das mobile Impfen in Alten- und Pflegeheimen ganz vorn. Dafür ist das Deutsche Rote Kreuz (DRK) als Hauptverantwortlicher zuständig. Wir helfen vor allem bei der Besetzung mit Ärzten für die Impfteams, damit die Impftermine stattfinden können. Das DRK hat ja immer gesagt, dass das Impfen in den Heimen eine Vorbereitungszeit von 4 Wochen braucht, weil es vorher viel zu organisieren gibt: So müssen für die älteren Menschen alle Unterlagen vorher beisammen sein und die Menschen aufgeklärt sein. Mittlerweile läuft dieses Impfen aber sehr dynamisch. Fast alle Heime haben Impftermine und derzeit sind 33 mobile Impfteams landesweit unterwegs. Allein gestern sind über 1000 Bewohner geimpft worden. Allerdings stehen wir auch hier vor der Einschränkung: Wenn nicht genug Impfstoff da ist, wird man auch über das Tempo beim Impfen in den Heimen reden müssen. 

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Musste Brandenburg schon an die Reserven für die Zweitimpfung herangehen?
Die Logistik ist ein erster Linie ein Thema des Landes. Es wurde von Anfang an eine Schwankungsreserve zurückgelegt, genau für den Fall, dass sich Lieferungen verspäten. Die hat uns nun ein paar Tage Zeit gegeben, unser Konzept anzupassen. Um den zweiten Termin muss niemand fürchten: Denn die Zweitimpfung muss gemacht werden, sonst wird die erste Impfung sinnlos. Und dafür ist der nötige Impfstoff da. 

Es gibt im Land Unverständnis darüber, dass Samstag und Sonntag in den Impfzentren nicht geimpft wird. Wieso ist das so? Müsste man nicht von Anfang an volle Kraft fahren?
Wir haben ja mit den Ministerien und Landkreisen ein bestimmtes Aufbauszenario für die Impfzentren vereinbart. Wir fangen nicht unter Volllast an, wir starten jedes Impfzentrum zunächst mit der Hälfte der Kapazität, damit sich die Abläufe einspielen. Und weil zu Anfang nur sehr wenig Impfstoff da ist, haben wir vereinbart, vorerst nur Montags bis Freitags zu impfen. Wir werden keine Bremser sein: Wenn genügend Impfstoff da ist, hätten wir viele Ärzte, die auch Samstag und Sonntags impfen wollen. Aber das ist im Moment noch nicht der Fall. 

Was ist mit den Hausärzten? Sollten die nicht auch geimpft werden?
Ich halte das für richtig und wichtig. In der Priorisierungsliste nach der Impfverordnung aus dem Hause Spahn stehen die niedergelassenen Ärzte aber nicht an erster Stelle. In Brandenburg läuft es so: Ärzte, die in Heime gehen, und dort impfen oder die in Impfzentren helfen, werden auch selbst geimpft. Und wir wollten die Ärzte, die in ihren Praxen viele Covid-Patienten behandeln, etwas vorziehen – denn sie sind in unseren Augen gleichgestellt mit den Medizinern in den Kliniken, die viele Covid-Patienten behandeln. Da wir im Moment aber eine Impfstoffknappheit haben, ist auch das zur Zeit nicht vollständig umsetzbar. 

Mit AstraZeneca steht der nächste Impfstoff vor der EU-Zulassung. Kann der nicht auch in Hauarztpraxen verimpft werden?
Die Meinung der KVBB ist da ganz klar: Sobald es einen händelbaren Impfstoff gibt, muss er in die Breite und in den Praxen verimpft werden. Bei dem BiontechPfizer-Impfstoff geht das nicht, auch wenn es Ärzte gibt, die das anders sehen. Beim Moderna-Impfstoff haben wir schon darüber diskutiert, aber wegen der Knappheit des Impfstoffs allgemein brauchen wir auch den vorerst für die Impfzentren, zumal es nichts bringt, alle 14 Tage 2.400 Impfdosen an Brandenburgs Praxen zu verteilen. Bei AstraZeneca wird es anders sein: Wenn wir den Impfstoff in die Fläche bringen wollen, um eine Herdenimmunität zu erreichen und auch Wartezeit auf die Impfung zu verkürzen, geht das nur über die Arztpraxen. Also so schnell, wie möglich, und am besten in allen Praxen. 

Müssen die Arztpraxen dann auch eine Priorisierung einhalten?
Das ist ganz klar, dass sie das müssen. Wenn die Ärzte anfangen zu impfen, können sie nicht jeden impfen, der einfach mal vorbeikommt. Da wird man die Priorisierung einhalten müssen. Aber es gibt zum Beispiel den Vorteil, dass die Ärzte in den Praxen wissen, wer an welcher Erkrankung leidet. Diejenigen, die wegen einer Krankheit höher priorisiert sind, können deswegen unkomplizierter geimpft werden. 

Zum Abschluss noch eine persönliche Frage: Haben Sie selbst auch schon geimpft?
Ja, ich habe gleich zu Anfang als einer der ersten in einem Pflegeheim in Cottbus Patienten geimpft. Ich wollte das unbedingt machen, um zu sehen, wie es funktioniert – auch wenn das Impfen sonst nicht zu meinen üblichen Tätigkeiten gehört, ich bin ja kein Allgemeinmediziner, sondern Chirurg. Ich habe deshalb mittlerweile auch schon einen Tag im Impfzentrum in Cottbus mitgearbeitet. 

Wir danken für das Gespräch.

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