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Brandenburg hat in der Impfkampagne aufgeholt, heißt es aus dem Impflogistik-Stab des Landes. 

© Oliver Berg/dpa

Impfkampagne in der Mark: Brandenburgs Impfwunder

Das Land war Schlusslicht, hat bei den Impfungen aber aufgeholt – und ist laut Innenministerium nun fast am Ziel.

Potsdam - Erst fehlte in Brandenburg Impfstoff, nun werden bald die „Impflinge“ für die Corona-Schutzimpfungen knapp. Nachdem nun auf Hochtouren geimpft wird, mit dem Rekord von 182.000 Impfungen letzte Woche, steuert das Land auf eine Impfflaute zu. Das erklärte Innenstaatssekretär Markus Grünewald, der den im Innenministerium angesiedelten Impflogistik-Stab leitet, am Montag in einer Sondersitzung des Innenausschusses. „Wir sind in einer Situation, wo wir das Ende der Impfkampagne absehen können“, sagte Grünewald. „Wir sind in einem Bereich, wo zügig Herdenimmunität erreicht werden kann.“ Schon „in naher Zukunft“ sei mit einem „abflauenden Infektionsgeschehen“ zu rechnen. Brandenburg sei mit den „wesentlichen Impfungen“ durch, so Grünewald.

64 Prozent der Erwachsenen Erstimpfung oder immun

Als Beleg machte Grünewald folgende Rechnung auf: 1,1 Millionen Brandenburger haben inzwischen ihre Erstimpfung – und damit den Termin der Zweitimpfung – erhalten, weitere 622.000 Menschen seien vollständig geimpft. Hinzu kämen laut Grünewald 150.000 Brandenburger, die in Berlin geimpft worden seien sowie auch die nach einer Covid-19-Erkrankung genesenen Märker. Von den erwachsenen Brandenburgern – das sind rund 2,1 Millionen – hätten laut Grünewald damit inzwischen 64 Prozent ihre Erstimpfung oder eine Immunität.

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Seine Botschaft war, dass gar nicht mehr so viele erwachsene Brandenburger übrig bleiben, die noch geimpft werden können und die dies überhaupt wollen. Grünewald verwies darauf, dass auch wegen der stark gesunkenen Inzidenzen die Impfbereitschaft deutlich abnehme. Für eine Herdenimmunität „von 60 Prozent“ der Bevölkerung, so Grünewalds Rechnung, würden jetzt nur noch 179.000 Impfungen fehlen.

640.000 Impfungen fehlen zur Herdenimmunität

Zwar konterten etwa die Abgeordneten Andrea Johlige (Linke) oder auch Günter Baaske (SPD), dass nach allen bisherigen offiziellen Aussagen für die Herdenimmunität eine Durchimpfung von 75 Prozent erreicht werden müsse. Das bestätigte Andreas Schwark, Vizechef der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburgs (KVBB), der von „75 bis 80 Prozent“ geimpfter Bürger sprach. Aber selbst dann, so rechnete Grünewald weiter vor, würden noch 390.000 Impfungen für eine Herdenimmunität von 70 Prozent und 640.000 Impfungen für eine von 80 Prozent fehlen. Auf kritische Nachfragen von Parlamentariern, ob die Regierung das Impfziel nach unten korrigiere, versicherte Grünewald: „Vom Ziel, dass jeder bis Ende des Sommers geimpft werden kann, werden wir nicht ablassen.“ Egal was man ansetze, bedeute es ein „abflauendes Impfgeschehen“.

Herdenimmunität zu erreichen ist schwierig

Allerdings gibt es, was Grünewald nicht so klar formulierte, ein objektives Problem: Die Ständige Impfkommission (Stiko) hat keine klare Empfehlung für die Impfung von 12- bis 18-Jährigen ausgesprochen, sondern das ins Ermessen von Eltern und Ärzten gestellt. Die Folge: Um für eine Herdenimmunität 75 Prozent der Gesamtbevölkerung zu impfen, müssten sich fast alle Erwachsenen impfen lassen – was illusorisch ist.

Mehr freie Termine in Impfzentren

Inzwischen gibt es Hinweise, dass der Ansturm auf Impfzentren nachlässt, etwa häufiger grün gestellte, freie Termine. KVBB-Vize Schwark sagte, letzten Donnerstag habe es in Impfzentren freie Termine für Donnerstag, Freitag und Samstag gegeben, eine Premiere. Er versicherte, dass auch über die Urlaubszeit im Sommer das Impfen in den Haus- und Facharztpraxen gewährleistet werde. Man gehe davon aus, dass 1000 der 1600 Praxen über den ganzen Sommer impfen werden, so Schwark. Auf der anderen Seite werde auch die Nachfrage sinken, „da nicht nur die Ärzte im Urlaub sind“. Wie berichtet, steigt die KVBB Ende Juli aus den bisher von ihr betriebenen elf Impfzentren im Land aus.

Neun der elf Impfzentren bleiben vorerst

Wie PNN berichteten, sollen neun der elf Impfzentren – Ausnahme sind Elsterwerda und Oranienburg – von Kommunen weiter betrieben werden. Das sei verbindlich erklärt worden, bestätigte Grünewald. Damit habe der Impflogistikstab seit Freitagnachmittag die Grundlage für die weitere Lastplanung und Impfstoffverteilung. Wie berichtet, hatte Innenminister Michael Stübgen (CDU) in einem Brandbrief an Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) bis Freitag ultimativ diese Angaben gefordert.

Unter Verweis auf die Impf-Fortschritte will das von Stübgen geführte Innenministerium die Impfzuständigkeit, die es auf Druck Woidkes im März übernommen hatte, nun an das Gesundheitsministerium zurückgeben. Er wolle der „Entscheidung der Großkopferten nicht vorgreifen“, sagte Grünewald. Aber der Stab im Innenministerium werde für andere Aufgaben gebraucht, „wir bereiten die Waldbrandsaison vor“.

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