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Hohe Zahl von Extremisten: Abstrakte Gefahr für Amtsträger in Brandenburg

Brandenburgs Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) hat die Stärkung des Geheimdienstes im Hinblick auf den neuen Verfassungsschutzbericht erneut verteidigt.

Potsdam - Angesichts einer deutlich gestiegenen Anzahl von Extremisten in Brandenburg hat Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) die lange umstrittene, nun beschlossene Aufstockung des Verfassungsschutzes erneut verteidigt. Die Stärkung des Nachrichtendienstes sei „das Gebot der Stunde“, sagte er am Mittwoch bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes 2018 in Potsdam.

Besonders erschreckend sei der ungebrochene Zulauf in die rechtsextremistische Szene. Mit 1675 Personen sei diese so stark wie noch nie in der Geschichte des Landes. Besonders in Südbrandenburg verfestige sich die rechtsextreme Szene, wie der Verfassungsschutzbericht belegt. Aber auch das Personenpotenzial der Islamisten erreicht mit 180 einen neuen Höchststand. Die Zahl der Linksextremisten, die besonders in Potsdam aktiv sind, ist fünfmal in Folge angestiegen und liegt jetzt bei 620 Personen.

"Zum Wohle unserer Demokratie"

Vergangene Woche beschloss der Landtag mit der Mehrheit von Rot-Rot neue Regeln für den Verfassungsschutz – nachdem es in der Linken teils Widerstand dagegen geben hatte. Besonders der weitere Einsatz von V-Leuten wurde von mehreren Abgeordneten der Linken kritisch gesehen. „Manche wichtigen Hinweise erhalten wir nur auf diesem Weg – zum Wohle unserer Demokratie“, betonte hingegen am Mittwoch die Sprecherin der SPD-Fraktion für die Bekämpfung des Rechtsextremismus, Inka Gossmann-Reetz. Personell wird der Verfassungsschutz um 37 auf 130 Mitarbeiter verstärkt. Die Einstellung dauere vermutlich bis zum Jahresende, so Schröter.

"Dringende Warnung"

Die Aufstockung des Verfassungsschutzes sei notwendig gewesen, betonte CDU-Oppositionschef Ingo Senftleben, der auch Spitzenkandidat für die Landtagswahl am 1. September ist. Wie schnell aus Gewalt- und Mordandrohungen bittere Realität werden kann, habe der Fall des ermordeten CDU-Politikers Walter Lübcke in Kassel gezeigt, der mutmaßlich von einem Rechtsextremisten getötet wurde. „Der Extremistensumpf muss jetzt trockengelegt werden“, so Senftleben.

Die bisherigen Erkenntnisse im Mordfall Lübcke „müssen unserer Gesellschaft dringende Warnung sein“, betonte auch der Innenpolitiker der Linksfraktion, Hans-Jürgen Scharfenberg. „Verbale Entgleisungen und rassistische Hetze in der politischen Auseinandersetzung eskalieren und enden inzwischen sogar bei gewaltsamen Angriffen auf Ehrenamtliche und Verwaltungsbedienstete.“ Die Brandenburger Zahlen seien vor dem Hintergrund des hessischen Falls Walter Lübcke zu sehen, sagte auch die Fraktionsvorsitzende und Spitzenkandidatin der Grünen, Ursula Nonnemacher. „Das alles verdeutlicht, dass wir uns im Kampf gegen den Rechtsextremismus keine Halbherzigkeiten mehr leisten können.“ Wütend machten sie deshalb Informationen, wonach der Fußballverein Energie Cottbus noch immer keine Sicherheitsüberprüfung seines Wachschutzes durch den Verfassungsschutz ermöglicht habe. Und das, obwohl der Verein Besserung in Bezug auf die Kontrolle rechtsextremistischer Stadiongäste gelobt habe.

Abstrakte Gefahr für Amtsträger

Innenminister Schröter erklärte am Mittwoch, dass es in Brandenburg eine abstrakte Gefahr für Amtsträger gebe, die durch den Mordfall Lübcke aber nicht höher geworden sei. Natürlich hätten die Brandenburger Sicherheitsbehörden überprüft, ob es Verbindungen nach Brandenburg gebe. „Dafür gibt es bislang keine Hinweise“, sagte Schröter. Auch konkrete Morddrohungen in Brandenburg habe es bislang nicht gegeben. Aber: „Extremisten sind wie Atomkraftwerke mit Schwachstromsicherung“, sagte Schröter. „Da kann jederzeit eine Sicherung durchbrennen, die dann zu solchen Taten führt.“

Verfassungsschutzchef Frank Nürnberger sagte: „Wer nach NSU geglaubt hat, es könne keine rechtsextremistischen Morde mehr geben, ist schlecht beraten.“ Die Gruppierung „Combat 18“, zu der der mutmaßliche Täter im Fall Lübcke Kontakte gehabt haben soll, habe in Brandenburg aber keine eigenen Strukturen.

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