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Brandenburg: Höchster Richter gegen Stasi-Check

Poppe: Vertrauen in Justiz nur mit Überprüfung

Potsdam - In den Streit um eine neue Stasi-Überprüfung in Brandenburgs Justiz hat sich jetzt erstmals der höchste Richter im Land eingeschaltet: Verfassungsgerichtspräsident Rüdiger Postier hat sich öffentlich gegen eine flächendeckende Überprüfung der rund 800 Richter im Land ausgesprochen. Diese wird von der Diktaturbeauftragten Ulrike Poppe im Einklang mit SED-Opfern, der Opposition im Landtag und dem Bundesbeauftragten Roland Jahn gefordert, von Justizminister Volkmar Schöneburg (Linke) aber weiter abgelehnt. Auf einer Podiumsdiskussion am Mittwochabend in Potsdam vor rund 200 Teilnehmern gab es keine Annäherung.

Sie sei sicher, dass die meisten Richter im Ergebnis unbelastet sein würden, sagte Poppe in der Debatte. „Ein Generalverdacht ist unbegründet. Aber nur so kann man Transparenz schaffen, Vertrauen in die Justiz wiederherstellen.“ Sie widersprach Schöneburgs Linie, lediglich bei Hinweisen auf neue Erkenntnisse im Einzelfall einen solchen Check zu veranlassen. „Neue Fakten kann es nur geben, wenn man die Akten aufschlägt.“

Dagegen bekam Schöneburg nun Rückendeckung vom Verfassungsgerichtspräsidenten. Für Postier ist eine flächendeckende Überprüfung durch das Stasi-Unterlagengesetz nicht gedeckt, was der Bundesbeauftragte anders sieht. Auf scharfe Kritik von SED-Opfern stieß der Vorsitzende des Richterbundes in Brandenburg, Matthias Deller, der vor allem auf die Rechtskraft der Überprüfungsverfahren der 1990er Jahre verwies. „Mit diesem Thema sind wir durch.“ Es gebe keine neuen Fakten. Dellers Aussage, ein neuer Stasi-Check helfe den Opfern nicht, widersprach etwa Frieder Weiße, Landeschef der Vereinigung der Stalinismus-Opfer (VOS): „Wir haben den Rechtsstaat gewollt und den Bestandsschutz bekommen.“

Und bei den damaligen Überprüfungen gab es Lücken. So verwies die Juristin Dorothea Schiefer, als Aufbauhelferin aus Nordrhein–Westfalen beteiligt, auf den enormen Zeitdruck damals. Und der pensionierte Staatsanwalt Manfred Berthold schilderte, wie ihm persönlich zunächst DDR-Unrechtsurteile eines Namensvetters vorgehalten wurden, der dann aber eingestellt worden sei. Andererseits sagte etwa Egbert Simonis, Präsident des Landgerichtes Neuruppin, dass er zunächst für eine neue Stasi-Überprüfung der Richter war, jetzt aber nicht mehr. Grund sei der Umgang mit konkreten Fällen durch Politik und Medien. „Das ist keine Aufarbeitung, das ist Kirmesbude.“ An dieser Stelle pflichtete ihm Poppe bei. Eine Überprüfung sei dennoch Voraussetzung für einen differenzierteren Umgang. Thorsten Metzner

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