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Das Wasser geht aus. Die Oder führt so wenig Wasser wie selten. Grund sind fehlende Niederschläge in Polen und Tschechien.

© Patrick Pleul/dpa

Hitze und Trockenheit: Oder führt extremes Niedrigwasser

Grenzfluss kann schon durchwatet werden, Schiffe fahren lange nicht mehr – und die Pegel fallen weiter.

Eberwalde/Frankfurt (Oder) - An der Oder werden die Sandbänke immer größer. Schiffe können hier schon seit Juni nicht mehr fahren, wie Sebastian Dosch vom zuständigen Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Eberswalde bestätigt. „Aufgrund der fehlenden Niederschläge in den tschechischen und polnischen Einzugsgebieten herrscht im Fluss extremes Niedrigwasser.“ Bei aktuellen Pegelständen wie 1,60 Metern an der Messstelle Eisenhüttenstadt (Oder-Spree) oder 1,41 Meter in Frankfurt (Oder) kann der Fluss derzeit quasi durchwatet werden. Tendenz laut Dosch weiter fallend, da ein Ende der extremen Trockenheit derzeit nicht in Sicht sei. Mit Angaben zu Fahrrinnen- und Tauchtiefen kann seine Behörde derzeit nicht dienen.

„Wir haben uns mit der polnischen Seite darauf geeinigt, darauf zu verzichten, weil ja auch unsere Schiffe zum Messen dieser Werte Gefahr laufen würden, auf einer Sandbank aufzusitzen“, erläutert Dosch, der den Klimawandel als Ursache für diese neuen Extremwerte sieht. Diese liegen fast unter den Niedrigwasser-Rekorden aus dem Sommer 2015, der bislang als extremster an der Oder galt. „Es ist absehbar, dass wir in diesem Sommer einen neuen Negativ-Rekord aufstellen.“ Doch nicht nur die Güter-Schifffahrt ist auf der Oder zum Erliegen gekommen. Es könne seit Wochen auch kein Ausflugsdampfer mehr ablegen, sagt Mario Quast, oberster Wirtschaftsförderer in der Stadtverwaltung Frankfurt (Oder). „Das hat natürlich großen, negativen Einfluss auf unseren Tourismus. Für viele Gäste, die in die Stadt kommen, gehört eine Fahrt auf der Oder dazu.“ Der Fluss ist einer der wenigen in Europa, der noch weitgehend naturbelassen in seinem Bett fließt. Es gibt keine Wehre oder andere Regulierungsmöglichkeiten.

Das Wasser möglichst in der Flussmitte zu konzentrieren, dafür sorgen lediglich Buhnen an den Ufern, dammartige Bauwerke, senkrecht zum Ufer aufgeschüttet. „Die extreme aktuelle Situation verdeutlicht uns, dass wir mit der Instandsetzung vorankommen müssen, um die Fahrrinne zu stabilisieren und höhere Wasserstände zu erreichen“, sagt WSA-Sprecher Dosch. Ein deutsch-polnisches Stromregulierungskonzept liegt seinen Angaben nach seit Jahren vor, einen entsprechenden binationalen Vertrag gibt es seit 2015. Doch die Umsetzung dauere, erst im Oktober dieses Jahres seien neuerliche Abstimmungen anberaumt, berichtet der WSA-Sprecher.

Auf Flora und Fauna in und an der Oder habe das extreme Niedrigwasser absehbar noch keine Auswirkungen. Ein Fischsterben sei nicht zu erwarten, sagt Dosch. Mit insgesamt 866 Kilometern Länge biete der Fluss genügend Plätze, an denen sich die Tiere zurückziehen könnten.

Um diese aufgrund hoher Wassertemperaturen und geringer Strömungsgeschwindigkeit nicht zusätzlich zu stressen, hätten die Oderfischer bereits vor geraumer Zeit ihre Arbeit eingestellt, erklärt Fischer André Schneider aus Küstrin-Kietz (Märkisch-Oderland). Über längere Zeit hingegen werde sich sowohl die Vegetation, als auch das Vorkommen von Tierarten an und in der Oder verändern, ist Dosch überzeugt: „Flora und Fauna werden sich anpassen.“ Zu befürchten sei nunmehr aber, dass das Wasser auch in den Seitenarmen des noch gut gefüllten Oder-Havel-Kanals knapp werden könnte, sagt er. Vor allem Landwirte ziehen seinen Angaben nach aktuell viel Wasser, um Felder zu beregnen.

Der Oder-Havel-Kanal sei Hauptverkehrsader der Güterschifffahrt zwischen Berlin und dem polnischen Stettin. „Um die zu gewährleisten, müssen wir mehr Wasser aus den Seitenarmen dieser Wasserstraße nehmen“, erläutert Dosch. Die Konsequenz sei, dass die 40 WSA-Schleusen in diesem Bereich möglicherweise nicht jederzeit betriebsbereit sein könnten. (dpa)

Jeanette Bederke

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