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Horrorhaus? KZ-Bilder bei einer Halloween-Party in Berlin: Die Veranstalter sprachen von einem Versehen. Die Kinobetreiber waren entsetzt über den Vorfall in ihren Räumen.

© Doris Spiekermann-Klaas

Brandenburg: Historischer Horror

Auf einer Halloween-Party in Berlin wurden KZ-Bilder ausgestellt. „Ein Versehen“, sagt der Veranstalter

Berlin - An Halloween wird traditionell erschreckt, schockiert und gegruselt. Deutlich zu weit ging dabei aber offensichtlich eine Halloween-Party, die Samstagnacht im Kino International in Berlin-Mitte stattfand. Dort wurden Gäste mit mindestens einer historischen Aufnahme einer Leiche aus einem Konzentrationslager verängstigt – zum Entsetzen der Kinobetreiber und mancher Gäste.

„Verschiedene erschreckende Ausstellungen“ und „vergessene Gestalten, die euch nicht mehr los lassen“. Mit diesem Programm lockten die Veranstalter zu einer vorgezogenen Halloween-Party mit dem Motto „Horror, Art und Club“. „Wir haben uns auf einen ausgelassenen Abend auf der Tanzfläche gefreut“, erinnert sich Nina Philipp. Zusammen mit Freunden sollte es ihr erster Besuch auf einer Halloween- Party werden. Ihre Feierlaune habe sich dann aber bereits nach wenigen Minuten aufgelöst. Grund dafür waren verstörende Diaprojektionen, die in zwei Räumen zwischen Garderobe und Tanzfläche an die Wände projiziert wurden. Mit Halloween hatten die jedoch nichts zu tun.

„Man zeigte uns Bilder aus deutschen KZs, auf denen Häftlinge, Leichen und missgebildete Menschen abgebildet waren“, sagt Philipp. Besonders schlimm seien zwei Bilder gewesen. Auf einer Aufnahme, die dieser Zeitung vorliegt, sieht man einen nackten, ausgemergelten Mann, der von zwei Männern in Häftlingskleidung mit einer großen Zange über den Boden geschliffen wird. Auf dem anderen Bild, von dem der Veranstalter allerdings nichts wissen will, soll ein ebenfalls nackter und ausgehungerter Mann mit missgebildetem Genital abgebildet sein.

Mehr noch als die grausigen Bilder befremdete Nina Philipp aber das Verhalten der anderen Gäste. Diese hätten in den Ausstellungsräumen ungerührt gefeiert, Karten gespielt und in einer Sofaecke gekuschelt. „Verkleidete Partygäste machten sogar ausgelassen Selfies mit sich vor den schrecklichen Bildern“, so Philipp.

„Ich dachte erst, das sei die Schuld eines ahnungslosen Praktikanten“, sagt die 43-Jährige, die sich nach dem Veranstalter erkundigte. Nachdem sie ihn gefunden hatte, soll der sich aber wenig einsichtig gezeigt haben. „Er sagte uns, dass unsere Einstellung zu dieser Kunst narzisstisch und nicht nachvollziehbar sei“, sagt Philipp, die mit ihren Freunden die Feier nach diesem Gespräch verlässt.

Zumindest zur Unterhaltung hat der Veranstalter Christian Goldau andere Erinnerungen: „Die Frau kam auf mich zu und schrie mich direkt an“, sagt der 30-Jährige. Trotzdem habe er das Bild nach weiteren Beschwerden entfernen lassen. Was er da gezeigt hatte, war ihm aber offenbar nicht bewusst: „Ich dachte es handelt sich um Bilder aus einem Nazifilm“, so Goldau, dessen wirtschaftliche Existenz nach dem Vorfall auf dem Spiel steht.

Hörbar zerknirscht und schuldbewusst schildert er am Telefon, dass er im Internet nach „creepy horror“-Bildern gesucht habe, die lizenzfrei verfügbar seien. Gesucht habe er eigentlich Fotos von Alien-Filmen. Dabei habe er wohl nicht die nötige Sensibilität gezeigt und es seien auch ungewollt historische Aufnahmen in die Diashow reingerutscht, sagt er entschuldigend. „Ich wollte definitiv keine Leichen von KZ-Häftlingen zeigen“, sagt er und fügt hinzu: „Ich habe was fürs Leben gelernt.“

Zumindest für seine Zusammenarbeit mit dem Kino International könnte diese Einsicht aber zu spät kommen. Dort hatte man erst aus der Presse von den Bildern erfahren. „Wir sind sprachlos und angewidert, dass so etwas in unseren Räumlichkeiten passiert ist“, sagt Daniel Sibbers von der Yorck-Kino Gruppe, zu der auch das Kino International gehört. Man überprüfe jetzt die Zusammenarbeit mit dem Veranstalter.

Nina Philipp dagegen wäre für ihre zweite Halloween-Party zu haben: „Solange das eigentliche Motto eingehalten wird, würde ich das definitiv noch mal ausprobieren.“

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