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Provokation. Vor wenigen Monaten klebten in Teltow fremdenfeindliche Aufkleber an Ampeln und Laternen. Auf einer Demo von Flüchtlingen wurden sie entfernt.

© René Strammber

Brandenburg: Hetze gegen Belziger Flüchtlingsheim

Ähnlich wie in Berlin-Hellersdorf wird jetzt auch im Landkreis via Facebook gegen den Ausbau eines Heims Stimmung gemacht

Von Eva Schmid

Potsdam-Mittelmark - Nach dem Muster von Berlin-Hellersdorf wird jetzt auch in Bad Belzig Stimmung gegen ein geplantes Asylbewerberheim gemacht. Ein offenbar von Rechtsextremen gefördertes Netzwerk hetzt besonders gegen ein Flüchtlingsheim, das 2015 in Bad Belzig ausgebaut und saniert werden soll. Am Montag werde mit Protesten auf der Sozialausschusssitzung der Stadt Bad Belzig gerechnet, heißt es aus dem Landratsamt. Dort soll der Bau thematisiert werden. Im Vorfeld hatte ein polizeibekannter Belziger einen Fragenkatalog dazu an die Behörden geschickt.

„Jahrelang war es hier ruhig und jetzt werden wieder Proteste angezettelt“, sagte die Sprecherin des Landratsamtes, Andrea Metzler. Sie geht davon aus, dass die Fragen zum Bau des Flüchtlingsheims lancierte Fragen aus der rechten Szene sind. Wie berichtet will der Landkreis auf dem Gelände des Übergangswohnheims für Asylbewerber am Weitzgrunder Weg in Bad Belzig zwei neue Gebäude errichten und vier Doppelhäuser sanieren. Bis zu 120 Menschen sollen dort künftig wieder aufgenommen werden können.

Seit wenigen Tagen läuft auch im Internet eine Kampagne gegen die Pläne. Seit Montag gibt es eine Facebookseite „Nein zum Heim in Bad Belzig“. Mit Aussagen wie „Wir sagen Nein, stellen uns quer, zu Wirtschaftsflucht und Sozialbetrug, zu Asyllobbyismus und ungehemmten Zuwanderung“, ist die Zahl der Fans schnell auf 400 angestiegen. Eine weitere Facebookseite mit dem Namen „Intressengemeinschaft Weizgrunderweg 21“, auf der gegen Flüchtlinge gehetzt wird, besteht seit wenigen Monaten.

Beide Seiten werden vom Verfassungsschutz beobachtet, so der Pressesprecher des Innenministeriums, Ingo Decker. „Wir stellen fest, dass die rechtsextreme Szene versucht, die politische Debatte um die Unterkünfte zu kapern“, so Decker. Jeder neue oder auszubauende Standort werde derzeit von den Rechten benutzt, um Stimmung zu machen. Dabei gehe die Szene immer gleich vor: „Die ,Nein zum Heim’-Facebookseiten sind mit den Protesten in Berlin-Hellersdorf entstanden und kommen jetzt auch andernorts zum Einsatz“, so Decker. Nach den Erkenntnissen des Verfassungsschutzes würden bei manchen der Projekte auch Kader der NPD mitmischen. „Klar ist, dass an den Seiten Rechtsextremisten beteiligt sind, die aber als vermeintlich überparteiliche Bürgerinitiativen durchgehen wollen.“

Für den Landkreis bedeutet das, auf Proteste vorbereitet zu sein: Besonders in Bad Belzig sind jetzt auch Demonstrationen zu befürchten, sagte der Ministeriumssprecher Decker. Am heutigen Donnerstag kommt auch der Leiter des brandenburgischen Verfassungsschutzes nach Bad Belzig – er wird sich mit dem Landrat Wolfgang Blasig (SPD) unter anderem über die aktuellen fremdenfeindlichen Kampagnen von Rechtsextremisten unterhalten.

Bereits in den vergangenen Monaten seien im Landkreis Mahnwachen gegen die Unterbringung von Flüchtlingen abgehalten worden, sagte Frauke Postel vom Mobilen Beratungsteam Potsdam. Die Aktionen hätten in Beelitz, Bad Belzig und Niemegk stattgefunden und wurden von der NPD organisiert, so Postel. Sie ist als Beraterin in Potsdam, der Mittelmark und dem Havelland unterwegs, um rechtsextremen Tendenzen vorzubeugen – unter anderem auf Gemeindekonferenzen, wo sich Parteien, Vereine und Bürger kritisch mit dem Thema auseinandersetzen. Auch am Montag wird sie sich die Einwände auf der Sitzung des Sozialausschusses in Bad Belzig anhören. „Der NPD-Kreisverband Havel-Nuthe benutzt die Unterbringung von Flüchtlingen als zentrales Thema, um in der Bevölkerung Stimmung zu machen“, so die Beraterin. Die neue Bürgerinitiative aus Bad Belzig, so Postel, habe auch damit zu tun. Eine Bürgerinitiative im havelländischen Friesack protestiere ebenfalls mit der Losung „Nein zu Heim“. Das schnelle Ansteigen der Fans zeige, dass es sich um ein Netzwerk handele.

Wie berichtet wurde Anfang des Jahres das Asylbewerberheim in Beelitz-Heilstätten angezündet. Die Polizei ging von einem fremdenfeindlichen Motiv aus. Vor wenigen Monaten waren in Teltow an Straßenlaternen, Ampeln und Verkehrsschildern rassistische Aufkleber angebracht worden. Bisher sei die NPD im Landkreis wenig erfolgreich: Der Widerstand aus der Bevölkerung sei zu groß, so Postel: „Es gibt sehr viele Kommunen mit einer gut ausgebildeten Zivilgesellschaft.“ Auch Politik und Verwaltung seien für das Thema sensibilisiert.

„Der Landkreis ist für die Potsdamer Opferperspektive kein Schwerpunktgebiet“, so Judith Porath. Dennoch warnt die Mitarbeiterin vom Verein für Opfer rechter Gewalt vor den Bad Belziger Rechtsextremen. Die seien traditionell gut vernetzt.

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