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Brandenburg: Hennigsdorf: Unbehelligte NPD-Aktion

Wie Rechte marschierten und niemand protestierte

Hennigsdorf/Potsdam - Proteste gegen Neonazi-Aufmärsche sind in Brandenburg inzwischen üblich, sie gehören zum guten Ton. Der Kampf gegen Rechts ist Konsens, auch in den Rathäusern – aber anscheinend nicht überall, wie ein Fall aus Hennigsdorf (Oberhavel) zeigt. Es war ein Samstag, der 27. April. Ein Dutzend Neonazis und Mitglieder der NPD konnten am Vormittag auf den Postplatz direkt am Bahnhof der Industriestadt ungestört demonstrieren. Von Protest aber war nichts zu sehen. Dabei stand Bürgermeister Andreas Schulz (SPD) an diesem Tag sogar in Sichtweite der braunen Truppe auf dem Postplatz. Er zeigte Mitgliedern des Rotary Clubs bei einem Rundgang die schönen Seiten Hennigsdorfs. Doch anstatt selbst Initiative zu ergreifen, schlenderte das Stadtoberhaupt einfach weiter.

Schulz musste sich seither eine Menge Kritik gefallen lassen. Tatsächlich lief im Vorfeld des rechten Aufmarsches einiges schief. Die NPD meldete den Aufzug am Donnerstag an, die Polizei prüfte, führte Gespräche. Am Freitag stand fest, die Aktion darf stattfinden. Am Freitagnachmittag versuchten Beamte, Bürgermeister Schulz auf dem Handy zu erreichen, obwohl es für solche Fälle eine feste Telefonnummer des Ordnungsamtes gibt. Erst am Samstagmorgen nahm Schulz ab, da waren noch eineinhalb Stunden Zeit bis zum Start des braunen Aufmarsches. Schulz aber tat nichts.

Eine Stadtsprecherin wollte dies nicht kommentieren und wies auf zahlreichen Aktivitäten der Stadt und das örtliche Bündnis gegen Rechts hin – aber auch darauf, dass die Polizei sich nicht auf dem dafür vorgesehenen Apparat im Ordnungsamt gemeldet hat, wozu die Polizei nicht verpflichtet ist. Von der Polizei hieß es, wenn man für die Polizei erreichbar sein wolle, rufe man zurück. Die Verantwortlichen in Hennigsdorf, auch der Polizei, sagen aber auch, es sei besser, den Neonazis nicht so viel Aufmerksamkeit und Öffentlichkeit mit Gegenprotesten zu bieten.

Immerhin: Vertreter örtlicher Initiativen gegen Rechts, von Linken und Grünen finden das Verhalten des Bürgermeisters reichlich peinlich. Wera Quoß, Stadtverordnete der Linken, sagt: „Es kann nicht sein, dass die Rechten eine Versammlung machen und kein Mensch weiß was davon.“ Quoß hatte an diesem Samstag ein Parteitreffen. „Ein Anruf hätte genügt, wie hätten wenigstens ein paar Leute zusammenbekommen.“ Die Grünen sprechen von einem Skandal, Schulze habe keine Courage.

Jonas Frykman vom landesweiten Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit wird noch deutlicher: „In den Kommunen wurde im Wesentlichen erkannt, dass Proteste gegen NPD-Aufzüge wichtig sind. Es ist nicht hilfreich, das zu ignorieren, wie es früher gehandhabt wurde“, sagt Frykman. „Wegschauen ist von gestern, das gilt nicht. Für die NPD ist es immer ein Erfolg, wenn sie unwidersprochen auftreten kann. Deshalb macht sie kleine Aktionen wie in Hennigsdorf, um Protest zu umgehen.“ Alexander Fröhlich

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